Im Internet findet man Verschwörungstheoretiker und christlich-konservative Seiten, die folgende These aufstellen: Eine Gruppe von Eugenikern hat in Grossbritannien den Atheismus, Sozialismus, Empfängnisverhütung und Abtreibungen gesellschaftsfähig gemacht. Diese Eugeniker wollten eine Weltregierung, die weltweit die Überbevölkerung bekämpfen sollte. Zu diesem Zweck haben sie die Vereinten Nationen (UN) gegründet. Die Fabian Society, eine sozialistische Gesellschaft in Grossbritannien, soll eine wichtige Rolle bei diesen Entwicklungen gespielt haben.
Ich habe mir diese Verschwörungstheorie etwas genauer unter die Lupe genommen und festgestellt, dass da was Wahres dran ist. Ausserdem waren einige dieser Eugeniker begeistert vom kommunistischen Experiment in der Sowjetunion. Sie besuchten Russland, um die sowjetischen Führer kennenzulernen.
Der neue Premierminister Keir Starmer von der Labour Party gehörte zur Führung der Fabian Society. Die Labour-Partei steht seit ihrer Gründung unter starkem Einfluss der Fabians.
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Kapitel I
Die Ursprünge
Im ersten Kapitel werden die Ursprünge dieser Bewegungen beleuchtet. Die Eugenik und die organisierte Bewegung für Bevölkerungskontrolle entstanden in England. Der Sozialismus war in erster Linie eine französische Erfindung, aber die Briten hatten mit Robert Owen auch einen wichtigen Frühsozialisten.
Die Ursprünge des Sozialismus
Die Industrialisierung begann im 18. Jahrhundert in England. In den Fabriken wurden die Arbeiter ausgebeutet. Sie mussten für einen Hungerlohn täglich über zwölf Stunden arbeiten. Kinderarbeit war keine Seltenheit und selbst Fünfjährige schufteten in den Fabriken. Der wohlhabende Fabrikbesitzer Robert Owen (1771–1858) setzte sich für bessere Arbeitsbedingungen und für die Abschaffung der Kinderarbeit ein. Er forderte, dass Schulbildung und Gesundheitsversorgung kostenlos sein sollten. Dadurch wurde er einer der wichtigsten Frühsozialisten und gilt als der Vater des britischen Sozialismus. Ausserdem gilt er als der Begründer der Genossenschaftsbewegung. Er half bei der Gründung und Finanzierung der ersten modernen Gewerkschaften, die in Grossbritannien entstanden. Owen war einer der Ersten oder vielleicht sogar der Erste, der den Begriff „Sozialismus“ benutzte, den er in den 1820er-Jahren verwendete, also noch vor dem Franzosen Pierre Leroux, der ihn ein paar Jahre später gebrauchte. (1, 2, 3, 4, 5)
Robert Owens Anhänger John Goodwyn Barmby (1820–1881) wird zugeschrieben, der Erste gewesen zu sein, der das Wort „Kommunismus“ im Englischen verwendet hatte. Er gründete eine kommunistische Kirche. 1840 ging er mit Owens Unterstützung einige Monate nach Frankreich, um sich mit der dortigen sozialistischen Bewegung auszutauschen. (1, 2, 3)
Owens Ideen erweckten Interesse bei sehr einflussreichen Personen. Im Jahr 1816 besuchte der spätere russische Kaiser Nikolaus I. Schottland und war dort ein Gast von Owen. (1, 2, 3) Owen traf sich in London mit der russischen Grossfürstin von Oldenburg , der späteren Königin von Württemberg, die ihn eingeladen hatte. Sie war die Schwester des russischen Kaisers. Owen traf sich mit Prinzen aus dem österreichischen Königshaus, Bischöfen und vielen britischen Adligen, darunter mit Mitgliedern der Königsfamilie. (S. 202, 203, 209, 266, 310, 114, 168)
Der Herzog von Kent aus der britischen Königsfamilie (damals die Hannover-Dynastie) war der vielleicht wichtigste Unterstützer Owens. Owen bezeichnete den Herzog als „mein bewährter Freund und bester Schüler“. (S. 315) Der 1820 verstorbene Herzog war Freimaurer und letzter Grossmeister der Antient-Freimaurer. Er war der Vater von Queen Victoria. (1, 2) Robert Owen kannte auch den Herzog von Sussex aus der britischen Königsfamilie, der damals Grossmeister der Freimaurer in England war. Die Freimaurer hatten Owen angeboten, Mitglied zu werden, aber er lehnte ab. (S. 309)
Robert Owen besuchte in Frankreich den Herzog von Orléans, den späteren französischen König Louis-Philippe. Das Treffen wurde vom Herzog von Kent arrangiert, der mit dem Herzog von Orléans befreundet war. (S. 230) Orléans’ gleichnamiger Vater war 1773 Mitgründer und erster Grossmeister des Grand Orient de France (französische Grossloge) gewesen. Er war bis in die 1790er-Jahre Grossmeister und leitete damit die Freimaurerei zu Beginn der Französischen Revolution. (1, 2, 3)
Robert Owen war ein Freund des Bankiers Nathan Rothschild. (S. 252, 291) Der deutsche Einwanderer gründete 1811 die britische Rothschild Bank. Ein paar Jahre vor der Bankengründung wurde er bei den Freimaurern in England aufgenommen. (1, 2, 3) Owen traf in Frankfurt einen Bankier aus der Bethmann Familie. (S. 252) Die Bethmanns waren damals wie die Rothschilds eine der führenden Bankiersfamilien der deutschen Stadt Frankfurt.
Robert Owen war mit Fabrikbesitzern befreundet, darunter mit Samuel Oldknow, Richard Arkwright Jr. und vor allem mit Sir Robert Peel (Vater des gleichnamigen Premierministers). (S. 292, 151) Samuel Oldknow war Freimaurer. (1, 2, 3) Richard Arkwright Jr. und Robert Peel gehörten Ende des 18. Jahrhunderts zu den zehn reichsten Männern in Grossbritannien. (1) Ihre Väter waren wichtige Vorreiter der Industrialisierung gewesen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Sozialisten hielt Robert Owen nichts vom Klassenkampf und Revolutionen. Sein Weg bestand darin, die Klasse der Herrschenden von sozialen Reformen zu überzeugen. Weitere Personen aus der britischen Elite, die Owen kannten und Interesse an ihm zeigten, wären folgende:
- John Smith aus der Bankiersfamilie Smith, die 1658 ihre Bank gegründet hatte.
- Ein Mitglied der Bankiersfamilie Hoare, die 1672 ihre Bank gegründet hatte.
- Isaac Lyon Goldsmid. Der Geschäftsmann war der erste Jude, der einen erblichen Titel des britischen Adels erhielt. Seine Firma Mocatta & Goldsmid war, soviel ich weiss, mit dem Gründungsjahr 1684 das erste besonders erfolgreiche jüdische Unternehmen in London.
- Henry Hase von der Bank of England (Zentralbank).
- Charles Grant aus dem schottischen Grant Clan. Er war Vorsitzender der East India Company, die das mächtigste Unternehmen der Welt war. Sein gleichnamiger Sohn wurde Minister für die britischen Kolonien.
- Zachary Macaulay aus dem schottischen Macaulay Clan. Er war Mitgründer der University of London, Fellow der Royal Society und Gouverneur der britischen Kolonie Sierra Leone.
- Lord Lauderdale aus dem schottischen Maitland Clan.
- Sir Charles Grey. Er war Gouverneur der britischen Kolonien Jamaika und Barbados.
- Die Markgräfin von Hastings.
- Der Graf von Harrowby.
- Der Vizegraf Torrington.
(S. 291, 196)
Robert Owen kannte die bedeutenden Ökonomen David Ricardo und James Mill. (S. 143) Letzterer war Schotte. Sein Sohn war der berühmte Denker John Stuart Mill.
Robert Owen reiste 1824 in die USA, wo er viele Quadratkilometer Land kaufte, auf dem er eine sozialistische Kommune gründete. Das Experiment war nicht besonders erfolgreich. Owen verlor dabei 80 Prozent seines Vermögens. (1, 2, 3) Partner und Geldgeber des Vorhabens war William Maclure, ein wohlhabender Schotte. Owen und Maclure waren Anhänger des Schulsystems des Schweizers Johann Heinrich Pestalozzi. Ein Lehrer in ihrer Kommune war Francis Joseph Neef, der Pestalozzi kannte und als Lehrer an seiner Schule gearbeitet hatte. (1, 2, 3) Pestalozzi war Mitglied des Illuminatenordens. (1, 2)
Der deutsche Herzog Karl Bernhard von Sachsen-Weimar-Eisenach besuchte Owens Kommune, wo er Owen und Maclure traf. (S. 147) Der Herzog war Freimaurer. Er wurde von seinem Vater Carl August in eine Loge aufgenommen. (1, 2) Der Vater war ausserdem Illuminat. (1, 2)
Nachdem Robert Owen in die USA gekommen war, traf er die US-Präsidenten John Adams, Thomas Jefferson, James Madison, James Monroe, John Quincy Adams, Andrew Jackson und Martin Van Buren. Owen bezeichnete Thomas Jefferson als seinen Freund und Schüler. (S. 275, 278) Übrigens waren Monroe, Jackson sowie vielleicht auch Jefferson und Madison Freimaurer. (1, 2) Monroe stammte aus der Familie Monroe von Fowlis, also aus dem schottischen Munro Clan. (1, 2, 3)
Die Kinder von Robert Owen wurden in den USA sesshaft. Sein Sohn Richard war der erste Präsident der dortigen Purdue-Universität. Der gleichnamige Sohn, Robert Owen Jr., wurde Kongressabgeordneter und US-Botschafter im Königreich Sizilien. Er gehörte zur Führung der Working Men’s Party in New York. Diese war eine der ersten Arbeiterparteien der USA. Sie bestand nur für zwei Jahre.
Robert Owen Jr. war ein Freund von Josiah Warren. (1) Dieser gilt als der erste Anarchist der USA.
Robert Owen heiratete eine Tochter des Fabrikbesitzers David Dale, der ein führender Geschäftsmann in Schottland war. David Dale war ein Agent der bis heute bestehenden Royal Bank of Scotland, eine der ältesten Grossbanken der Welt. Dales Schwiegervater John Campbell hatte seit der Gründung für die Bank gearbeitet. John Campbell war der Enkel eines Grafen aus dem schottischen Campbell Clan und verwaltet die Konten seines Onkels, ebenfalls ein Graf. (1, 2, 3) Die Campbells sind eine der wichtigsten Familien des schottischen Adels und brachten hohe Freimaurer hervor.
Robert Owen kannte über seine Frau Mitglieder der Campbell Familie und schrieb, dass sie mit „hohen Familien“ vernetzt sind. Owens Frau war eine Schwägerin von James Haldane Stewart. (S. 113, 114, 139) Dieser kam aus dem schottischen Stewart Clan. Sein Vater war der Clan-Chef der Stewarts von Appin. (1, 2) Die Stewarts sind eine der wichtigsten Familien des schottischen Adels und brachten hohe Freimaurer hervor.
Der Schotte Alexander Campbell (1796–1870) wurde einer der wichtigsten Missionare von Owens Sozialismus. (1, 2)
Übrigens kam der Schotte Adam Smith (1723–1790), der als der Urvater des Kapitalismus gilt, mütterlicherseits aus der Familie Douglas von Strathendry, die von den Grafen von Morton aus dem schottischen Douglas Clan abstammt. (1, 2, 3) Der Douglas Clan ist eine der wichtigsten Familien des schottischen Adels und brachte hohe Freimaurer hervor. Adam Smith war Fellow der Royal Society von England und einer der ersten Fellows der Royal Society von Schottland. (1, 2)
Karl Marx (1818–1883), der bedeutendste Theoretiker des Sozialismus, heiratete 1843 Jenny von Westphalen, mit der er bis zu ihrem Tod 1881 zusammen war. Zufälligerweise war sie wie Owens Frau eine Verwandte der Herzöge von Argyll (die Oberhäupter des Campbell Clans). Jenny war die Tochter des deutschen Adligen Ludwig von Westphalen, dessen Grossmutter mütterlicherseits aus dem Campbell Clan kam. (1, 2, 3, 4, 5, 6) Marx und Jenny lebten ab 1849 in England. Vielleicht hatten sie Kontakt zu ihren schottischen Verwandten. Karl Marx lernte den schottischen Politiker und Diplomaten David Urquhart kennen. (1, 2) Dieser kam aus der Familie Urquhart von Braelangwell, stammte somit aus dem schottischen Urquhart Clan. (1) Marx war mit dem deutschen Sozialisten Peter Imandt befreundet, der seit den 1850er-Jahren in Schottland lebte. (1, 2) Jennys Bruder Ferdinand von Westphalen war Innenminister von Preussen. Der Grossvater Philipp von Westphalen wurde geadelt und genoss das unbeschränkte Vertrauen des deutschen Herzogs Ferdinand von Braunschweig. (1, 2) Der Herzog war hochrangiger Freimaurer und Illuminat. (1, 2, 3)
In der deutschen Wikipedia steht momentan, dass Karl Marx’ Vater Heinrich einer Freimaurerloge in Deutschland beitrat.
Karl Marx war väterlicherseits sowie auch mütterlicherseits jüdisch, aber er äusserte sich mehrmals abfällig über die reichen Juden und ihren Schacher. Er schrieb: „Diese jüdische Organisation von Kredithändlern ist für das Volk ebenso gefährlich wie die aristokratische Organisation der Landbesitzer.“ (1, 2) Mit letzterer ist der Adel gemeint. Ich bin kein Fan von Marx, aber das Zitat passt gut zu meinem Blog, in dem es ja oft um Aristokraten und jüdische Geschäftsleute geht. Es gab ein paar wohlhabende Juden in Marx’ Verwandtschaft. Er war ein Cousin des niederländischen Bankiers Frederik Philips, der mit seinen Söhnen den bis heute bestehenden Grosskonzern Philips gründete. (1, 2, 3) Der Verwandte Hermann Marx emigrierte nach England, wo er Partner der Bank Cull & Company wurde, wodurch er den Partner Gilbert Russell kennenlernte, ein Verwandter der Herzöge von Bedford. (S. 60) Nach Angaben von Wikipedia und Genealogieseiten, wie WikiTree, war Marx mütterlicherseits ein Enkel von Nanette Barent-Cohen, die eine Nichte von Levi Barent-Cohen (1747–1808) war. (1, 2) Levi war der Schwiegervater des bereits erwähnten Barons Nathan Rothschild (Freimaurer und Stammvater der britischen Rothschilds). Ein weiterer Schwiegersohn von Levi war Moses Montefiore. (1, 2) Dieser übernahm eine führende Rolle in der britisch-jüdischen Gemeinde und war ein Vordenker des Zionismus. Montefiore wurde von Queen Victoria zum Ritter und zum Baronet geadelt. Er lebte über 100 Jahre. (1, 2, 3) Er war Fellow der Royal Society. (1, 2) Zudem trat er den Freimaurern bei. Er gründete 1864 eine jüdische Freimaurerloge in London, die den Namen Montefiore trägt. 1886 folgte in Schottland (der Ursprungsort der Freimaurerei) die Gründung einer jüdischen Loge mit dem Namen Montefiore. 1996 wurde in Israel eine Loge gegründet, die nach Montefiore benannt ist. (1, 2, 3)
Karl Marx wurde vom deutschen Sozialisten Moses Hess (1812–1875) beeinflusst. Dieser war ein Vordenker des Zionismus mit seinem Buch Rom und Jerusalem, das 1862 veröffentlicht wurde, also noch 30 Jahre bevor Theodor Herzl sein Buch schrieb. In der deutschen Wikipedia steht momentan, dass Moses Hess in Paris einer Freimaurerloge des Grande Orient de France beitrat. (1, 2)
Der 1818 geborene Karl Marx lebte seit 1849 in London, das bis zu seinem Tod 1883 sein Zuhause war. Er wurde ein wichtiges Mitglied der Ersten Internationale. Diese internationale sozialistische Organisation wurde 1864 in London gegründet und bestand bis 1876.
Ein wichtiges Mitglied der Ersten Internationale war der russische Adlige Michail Bakunin (1814–1876), ein Revolutionär und Anarchist. Er soll dem Grande Orient in Frankreich beigetreten sein und arbeitete mit sozialistischen Freimaurern zusammen. Die Erste Internationale stand unter dem Einfluss der „Loge des Philadelphes“, einer irregulären Freimaurerloge in London, die 1850 von französischen Exilanten gegründet wurde. (1) Diese Loge ging aus dem irregulären freimaurerischen Memphis-Ritus hervor. Die Logenmitglieder hatten Kontakt zum italienischen Revolutionär Giuseppe Garibaldi. (1, 2, 3) Garibaldi war Grossmeister des italienischen Grossorients und leitete den obersten Rat der italienischen Freimaurer. Ausserdem war er der erste Grosshierophant (Oberhaupt) des Memphis-Misraïm-Ritus. (1) Es ist aber umstritten, wie gross der freimaurerische Einfluss auf die Erste Internationale war und welche ihrer Mitglieder wirklich Freimaurer waren. Während Gegner der Freimaurer den Einfluss hochspielen, versuchen Freimaurerseiten, den Einfluss herunterzuspielen.
1871 gab es in Frankreich für zwei Monate die Pariser Kommune. Bei dem Experiment wurde die Stadt Paris sozialistisch verwaltet, gegen den Willen der Regierung, die die Kommune gewaltsam auflösen liess. Die Führung der Kommune bestand etwa zu einem Drittel aus Freimaurern. Jedoch standen viele der Freimaurer in Frankreich dem Vorhaben kritisch gegenüber und die Freimaurerführung distanzierte sich von den Freimaurern der Kommune. (1, 2, 3) Ein gewähltes Mitglied der Kommune war Charles Longuet. Nach der Auflösung der Kommune ging er nach England ins Exil, wo er eine Tochter von Karl Marx heiratete. Longuet gehörte zur Ersten Internationale und trat in England den Freimaurern bei. (1, 2, 3) Auch Marx’ Schwiegersohn Paul Lafargue war Mitglied der Ersten Internationale und soll Freimaurer gewesen sein. (1, 2) Marx’ Tochter Eleanor gehörte zu den Mitgliedern der 1881 gegründeten Social Democratic Federation, der ersten sozialistischen Partei Grossbritanniens. (1, 2)
Die Pariser Kommune wurde von Anhängern des Sozialisten Auguste Blanqui (1805–1881) gegründet, die ihn zum Präsidenten der Kommune wählten. Da Blanqui im Gefängnis sass, konnte er das Amt nicht übernehmen. Seine Anhänger spielten auch nach seinem Tod eine wichtige Rolle in der Arbeiterbewegung. (1) Er war Freimaurer. (1, 2) Er begründete den Blanquismus, eine Lehre, nach der eine sozialistische Revolution von einer kleinen Gruppe gut organisierter und geheimer Verschwörer durchgeführt werden sollte. Es gibt in Paris einen Boulevard, der nach Blanqui benannt ist. ChatGPT sagte mir, dass Blanqui mehrmals England besuchte und sich dort mit anderen Revolutionären und sozialistischen Aktivisten austauschte. Bisher ist ChatGPT aber keine verlässliche Quelle und hat mir viele Dinge gesagt, die nicht korrekt sind.
Die meisten Frühsozialisten waren Franzosen. Wichtige wären:
- Louis Blanc (1811–1882): Er soll Mitglied der oben erwähnten Philadelphes-Loge gewesen sein. Laut dem Freimaurer und Historiker Jean Bossu gehörte Louis Blanc zum obersten Rat des Memphis-Ritus. (1, 2, 3) Er floh nach England ins Exil. (1, 2)
- Pierre Leroux (1797–1871): Er trat einer Freimaurerloge in Frankreich bei. Als er auf der britischen Insel Jersey im Exil lebte, wurde er dort Mitglied einer Loge. Er schloss sich auch der Philadelphes-Loge in London an. (1, 2) Nach Robert Owen war Leroux der Erste, der den Begriff Sozialismus prägte.
- Étienne Cabet (1788–1856): Er tauschte sich mit Robert Owen aus und liess sich von ihm inspirieren. (S. 137) Er beteiligte sich in Frankreich an der Julirevolution von 1830. Er lebte einige Jahre in England im Exil. (1, 2)
- Pierre-Joseph Proudhon (1809–1865): Er war Freimaurer. (1, 2, 3) Proudhons Anhänger beteiligten sich an der Gründung der Ersten Internationale. Er wird oft als der Vater des Anarchismus bezeichnet, aber der Engländer William Godwin hatte bereits vor Proudhons Geburt ein Buch geschrieben, durch das er als Vordenker des Anarchismus angesehen werden kann.
- Henri de Saint-Simon (1760–1825): Der Graf war mit hohen französischen Adligen verwandt. Zusammen mit dem Markgrafen von Lafayette unterstützte er die Amerikanische Revolution. (1, 2) Lafayette, ein reicher Adliger aus Frankreich, unterstützte die Französische Revolution, aber war dem König wohlgesonnen. Lafayette spielte eine entscheidende Rolle bei der Amerikanischen Revolution. Er war in Frankreich und in den USA als Freimaurer aktiv. Er erreichte den 33. Freimaurergrad, wurde Royal Arch-Freimaurer, gehörte zu einem hohen Freimaurerrat in New York und trat den amerikanischen Templern bei. Er hatte ein gutes Verhältnis zu den Gründervätern der USA, auch zum ersten US-Präsidenten George Washington. (1, 2) Washington gehörte den Freimaurern an, so wie viele weitere US-Präsidenten. (1, 2, 3) Henri de Saint-Simon hatte London besucht. (S. 97)
- François „Gracchus“ Noël Babeuf (1760–1797): Er gründete während der Französischen Revolution die „Verschwörung der Gleichen“, einen Geheimbund, der eine Verschwörung zur Machtergreifung plante, mit dem Ziel, Frankreich in eine sozialistische Gesellschaft zu verwandeln. (1) In dieser sollte das Privateigentum, Meinungsfreiheit sowie die Religion abgeschafft werden. Laut dem Manifest der Verschwörer muss es im neuen System zu einer grossen Zunahme von Regierungsbeamten und Bürokraten kommen, was notwendig sei, wenn „das Vaterland die Kontrolle über einen Einzelnen von seiner Geburt bis zu seinem Tod übernimmt“. Die Verschwörer sahen vor, Leute, die „der Gesellschaft ein schlechtes Beispiel geben“ durch ihren „luxuriösen Lebensstiel“, mit Gefängnis und Zwangsarbeit zu bestrafen. (1) In sozialistischen Kreisen gab es somit von Anfang an die Ansicht, dass zur Verwirklichung der sozialistischen Utopie eine Diktatur notwendig ist, da in einem freiheitlichen System die antisozialistischen Kräfte stets die Umsetzung des Sozialismus verhindern werden. Einer der Hauptverschwörer des Bundes war der Frühsozialist Sylvain Maréchal (1750–1803), ein Freimaurer und Anhänger der Französischen Revolution. (1, 2, 3) Ein weiterer wichtiger Verschwörer des Bundes war der Freimaurer Filippo Buonarroti (1761–1837). Er kam aus einer italienischen Adelsfamilie, zu der auch der berühmte Künstler Michelangelo gehörte. Filippo Buonarroti war Teil des innersten Zirkels um Maximilien Robespierre, der die Jakobiner anführte, eine der wichtigsten Gruppen bei der Französischen Revolution. Buonarroti hatte Napoleon Bonaparte, der nach der Revolution Kaiser von Frankreich wurde, bereits vor der Revolution kennengelernt. Napoleon war ebenfalls Italiener. Buonarroti wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu einem Knotenpunkt eines weitverzweigten Netzwerkes von Geheimbünden, die sich teilweise gegen Napoleon richteten. Der oben erwähnte Anarchist Bakunin bezeichnete Buonarroti als „den grössten Verschwörer seiner Zeit“, was er offenbar im positiven Sinne meinte. Auch der oben erwähnte Verschwörer Blanqui liess sich von Buonarroti inspirieren. Buonarroti war ein Vorreiter der Revolution, die in den 1860er-Jahren zur Einigung Italiens führte. (1, 2, 3) Die Revolution in Italien wurde von Freimaurern angeführt, darunter vom oben erwähnten Giuseppe Garibaldi. (Mehr dazu im Beitrag zur Garibaldi Familie)
Der Ursprung der Eugenik
Der britische Universalgelehrte Francis Galton (1822–1911) war der Begründer der Eugenik und erfand den Begriff Eugenik. Er war Freimaurer und Fellow der Royal Society. (1, 2, 3) Die Royal Society ist eine seit 1660 bestehende Gelehrtengesellschaft in England. Sie gilt bis heute als eine der angesehensten wissenschaftlichen Gesellschaften der Welt. Ihre Mitglieder sind die sogenannten Fellows. Bis 2020 haben ihre Fellows mehr als 280 Nobelpreise erhalten. (1) Sie machen damit fast ein Drittel aller Nobelpreisträger aus. Der britische Monarch stellt den Patron der Royal Society. König Charles und Prinz Edward von Kent (Grossmeister der Freimaurer in England) sind königliche Fellows der Gesellschaft. Ein berühmter Fellow ist der Multimilliardär Elon Musk.
Anmerkung: Mehrere Präsidenten der Royal Society kamen aus dem Adel und einige waren Freimaurer, zum Beispiel Graf George Parker von Macclesfield, Graf James Douglas von Morton (Grossmeister der Freimaurer in England und Schottland) und der britische Prinz Augustus Frederick (Grossmeister der Freimaurer in England). Hier die Liste der Präsidenten. Der berühmteste Präsident war Isaac Newton, einer der bedeutendsten Wissenschaftler seiner Zeit. Newton kannte John Theophilus Desaguliers und weitere Oberhäupter der britischen Freimaurerei. Im 18. Jahrhundert war die Royal Society ein sehr freimaurerischer Verein. Etwa ein Drittel der in London ansässigen Fellows waren Freimaurer. (1)
Francis Galton wurde vom König zum Ritter geadelt. (1)
Francis Galton kam aus einer Quäkerfamilie, die Geschäftsleute hervorbrachte. Sein Grossvater Samuel Galton war auch ein Fellow der Royal Society und gehörte zu den frühen Industriellen. Samuel heiratete in die Quäkerfamilie Barclay. Francis Galton war dadurch ein Nachkomme von Robert Barclay, der im 17. Jahrhundert eine wichtige Persönlichkeit des frühen Quäkertums war. (1, 2, 3, 4, 5) Die Barclays gründeten zusammen mit anderen Quäkerfamilien die bis heute bestehende Grossbank Barclays. Die Familie stammt aus dem schottischen Barclay Clan.
Francis Galton war ein Halbcousin des berühmten Charles Darwin (1809–1882). (1, 2) Dieser etablierte die Evolutionstheorie. Die Theorie führte dazu, dass der Atheismus in der Gesellschaft erstarken konnte.
Charles Darwin war, noch bevor er berühmt wurde, zum Fellow der Royal Society ernannt worden. (1) Sein Grossvater Erasmus und sein Onkel Sir Francis Darwin sowie der Cousin Reginald Darwin waren Freimaurer. Erasmus Darwin war ebenfalls Wissenschaftler und Fellow der Royal Society. Er wurde in der Loge Canongate Kilwinning zum Freimaurer gemacht. (1, 2, 3) Diese Freimaurerloge in Schottland besteht seit 1677 und gilt als eine der ältesten der Welt. (1) Die Royal Society war seit ihrer Gründung mit Freimaurerfamilien verbunden.
Charles’ Sohn Leonard Darwin und der Enkel Charles Galton Darwin waren Präsidenten der 1907 gegründeten Eugenics Education Society, eine britische Gesellschaft, die sich für die Eugenik starkmachte. (1, 2, 3) Später nannte sie sich erst Eugenics Society und dann Galton Institute. Heute trägt sie den Namen „Adelphi Genetics Forum“. In diesem Beitrag werde ich sie Eugenics Society nennen. Francis Galton war in den ersten Jahren Ehrenpräsident der Gesellschaft. Viele Präsidenten der Gesellschaft erhielten Ritterorden. Einige davon wurden zu Baronen geadelt und waren Fellows der Royal Society.
Charles Galton Darwin wurde zum Ritter erhoben und zum Fellow der Royal Society ernannt. Ausserdem war er auch Fellow der Royal Society von Schottland und gehörte zur Führung der Gesellschaft. (1) Leonard Darwin und seine Kollegen fürchteten, dass sich die Ärmsten der Gesellschaft schneller vermehrten als die Mittelschicht. Leonard Darwin versuchte die Regierung davon zu überzeugen, dass man die Untauglichen sterilisieren oder in Sonderkolonien absondern sollte. Die Reichen hingegen müssten mehr Kinder bekommen. (1) Leonard Darwin war Präsident der ersten internationalen Eugenik-Konferenz, die im Jahr 1912 in London stattfand. Der ehemalige Premierminister Arthur Balfour und der spätere Premierminister Winston Churchill nahmen an der Konferenz teil. (1, 2) Winston Churchill war Mitglied der Eugenics Society. (1) Er befürwortete die Sterilisierung von „Geistesschwachen“ und „Verrückten“, damit sie sich nicht in der britischen Gesellschaft vermehren können. 1899 schrieb er: „Die Verbesserung der britischen Rasse ist mein Lebensziel.“ (1, 2) Er war Fellow der Royal Society. (1) Zudem war er Freimaurer. (1, 2)
Malthusianismus – Der Ursprung der Bevölkerungskontrolle
Einer der frühsten Vordenker der Bevölkerungskontrolle war der britische Ökonom Thomas Robert Malthus (1766–1834) mit seinem 1798 anonym veröffentlichtem Essay on the Principle of Population. Darin warnte er davor, dass es bei einer zu stark wachsenden Bevölkerung zu Problemen mit der Lebensmittelversorgung kommt, was in Hungersnöten, Armut und Kriegen enden würde. Er schlug vor, mit der Erhöhung des Heiratsalters und einer Geburtenbeschränkung das Bevölkerungswachstum zu verlangsamen. Er war auch der Meinung, dass man den Armen nicht helfen sollte, da diese sonst nur noch mehr Kinder bekommen würden. Es gibt Historiker, die vermuten, dass bei der grossen Hungersnot in Irland im 19. Jahrhundert die britische Regierung keine Hilfe leistete, weil sie sich von Malthus’ Theorie beeinflussen liess. (1, 2)
Malthus verurteilte Heilmittel gegen Krankheiten, da das Heilen von tödlichen Krankheiten das Bevölkerungswachstum erhöht. Malthus wünschte sich die Pest zurück. Er schlug vor, die Strassen in den Städten enger zu machen und in Häusern mehr Menschen auf einmal unterzubringen, um die Verbreitung von Krankheiten zu begünstigen. (1)
Malthus wurde 1819 zum Fellow der Royal Society ernannt. (1, 2)
Malthus kannte den oben erwähnten Frühsozialisten Robert Owen und unterhielt sich häufig mit ihm. (S. 143) Owen hatte sich bereits als junger Mann mit dem Malthusianismus beschäftigt. (1) Sein Sohn, der US-Politiker Robert Dale Owen, war der Pionier des Malthusianismus in den USA. (1) Robert schrieb das Buch Moral Physiology: A Brief and Plain Treatise on the Population Question. Es war eines der ersten Bücher in den USA, das sich mit dem Thema der Überbevölkerung befasste.
Charles Darwin wurde durch das Essay von Malthus beeinflusst. (1, 2) Leonard Darwin, der wie gesagt Präsident der Eugenics Society war, interessierte sich sehr für die Theorie von Malthus. (1)
Im Jahr 1877 wurde in England die Malthusian League gegründet, die bis 1927 bestand. So viel ich weiss, war sie die erste Organisation, die ausschliesslich zum Zweck gegründet wurde, sich für die Bevölkerungskontrolle, insbesondere Verhütung, zu engagieren. Einer ihrer Hauptgründer war Charles Bradlaugh. (1, 2) Der Politiker war Atheist und gründete 1866 die National Secular Society, die sich bis heute für die Säkularisierung einsetzt. Bradlaugh gehörte britischen und französischen Freimaurerlogen an, unter anderem der Philadelphes-Loge, die wie bereits erwähnt Sozialisten als Mitglieder hatte. Ausserdem war Bradlaugh Gouverneur des Royal Masonic Institute for Boys. (1, 2) Diese Schule in England wurde für Kinder von Freimaurern gegründet. (1) Bradlaugh kannte den Frühsozialisten Robert Owen, den Philosophen John Stuart Mill und den italienischen Freimaurer Giuseppe Mazzini. (1) Als Bradlaugh wegen „Obszönität“ angeklagt wurde, weil er Schriften zur Empfängnisverhütung herausgab, schrieb er Charles Darwin einen Brief, in dem er ihn bat, als Zeuge vor Gericht auszusagen, aber Darwin lehnte ab. (1, 2)
Ein Mitgründer der Malthusian League war der Verleger Edward Truelove. In den USA besuchte er New Harmony, wo Robert Owen seine Kommune gegründet hatte. Truelove wurde wegen Obszönität verurteilt, weil er das Buch von Owens Sohn Moral Physiology, in dem es um Überbevölkerung geht, veröffentlicht hatte. Truelove half den Kommunisten der Ersten Internationale Schriften herauszugeben. (1, 2)
Der erste Präsident der Malthusian League war Charles Drysdale. (1, 2) Auch sein gleichnamiger Sohn wurde Präsident der Organisation und fungierte 1921 und 1925 als Präsident der internationalen Neomalthusianischen Konferenz in London und New York, wie der Name schon sagt eine internationale Konferenz zum Thema Bevölkerungskontrolle. Charles Drysdale Jr. wurde zum Fellow der schottischen Royal Society ernannt, sass im Vorstand der Royal Institution und erhielt zwei Ritterorden. (1, 2) Er und seine Frau gehörten zu den frühen Mitgliedern der Eugenics Society. Mehrere Mitglieder der Malthusian League waren auch Mitglied der Eugenics Society. (1) Charles Drysdale Jr. sagte, die Malthusian League verfüge über ein Netzwerk, das auch in anderen europäischen Ländern sowie in den USA, Brasilien und Algerien aktiv war. (1) Die niederländische Regierung hatte 1895 die Malthusian League per königlichem Dekret anerkannt. (S. 111)
Im Jahr 1930, drei Jahre nach der Auflösung der Malthusian League, gründete Charles Drysdale Jr. die Family Planning Association (FPA). Es erscheint naheliegend, dass sie das Erbe der Malthusian League fortführen sollte. Die FPA war und ist die wohl wichtigste britische Organisation für Bevölkerungskontrolle. Sie machte sich bei konservativen Christen unbeliebt, weil sie Abtreibungen förderte. Die Baronin Gertrude Denman war Mitgründerin und erste Präsidentin der Organisation. Gertrudes Mann Thomas war Generalgouverneur der britischen Kolonie Australien. Gertrude kam aus der einflussreichen Unternehmerfamilie Pearson (Gründer des Pearson-Verlags). (1, 2) Diese wurde in den Adel aufgenommen und ist über Heiraten mit britischen Adelsfamilien verwandt.
Kapitel II
Der Wunsch nach einer Weltregierung
Bertrand Russell
Der Graf Bertrand Russell (1872–1970) war einer der bedeutendsten Philosophen Grossbritanniens. Er erhielt den Nobelpreis für Literatur. Er sympathisierte mit sozialistischen Ideen. Sein Grossvater John Russell war Premierminister gewesen. Er kam aus der Russell Familie, die zu den hohen Familien des britischen Adels gehört.
Bertrand Russell wurde 1908 zum Fellow der Royal Society ernannt. (1)
Bertrand Russell war bei konservativen Christen verhasst, da er ein religionskritischer Atheist und ein Befürworter der Bevölkerungskontrolle war. Im Jahr 1957 schrieb er: „Von allen langfristigen Problemen, mit denen die Welt konfrontiert ist, ist dieses Bevölkerungsproblem das wichtigste und grundlegendste.“ (1) Damals gab es knapp drei Milliarden Menschen. Heute sind es über acht Milliarden. Bertrand Russell schrieb in einem 1952 veröffentlichtem Buch: „Wenn es keine Weltregierung gibt, die eine allgemeine Geburtenkontrolle sicherstellt, muss es von Zeit zu Zeit grosse Kriege geben, in denen die Strafe für eine Niederlage der weit verbreitete Tod durch Verhungern ist.“ Er machte darauf aufmerksam, dass Seuchen für die Bevölkerungskontrolle effektiver sind als Kriege. (S. 165, 166) Russell glaubte, eine Weltregierung sei zum Wohl der Menschheit notwendig. Er zog es auch in Betracht, die Weltregierung notfalls mit militärischen Mitteln durchzusetzen. 1951 schrieb er: „Ich denke, wir sollten zugeben, dass eine Weltregierung mit Gewalt durchgesetzt werden muss.“ (1, 2) Er meinte, die Vereinten Nationen (UN) sollten die Rolle der Weltregierung übernehmen. 1958 wies er darauf hin, dass man für eine Weltregierung die Volksrepublik China in die UN aufnehmen muss, da China in einigen Jahrzehnten der mächtigste Staat sein wird. (1, 2) China wurde 1971 in die UN aufgenommen.
Bertrand Russell hatte 1920 China besucht. Dort hatte er den späteren kommunistischen Führer Mao Zedong kennengelernt, der damals noch ein junger Mann war. (1, 2)
Laut Wikipedia sagte Russell 1922: „Ich sehe nicht, wie wir hoffen können, auf Dauer stark genug zu sein, um die farbigen Rassen fernzuhalten; früher oder später werden sie unweigerlich überschwemmen, also können wir nur hoffen, dass diese Nationen die Weisheit der Geburtenkontrolle erkennen. (…) Wir brauchen eine starke internationale Autorität.“ (1) Russell war Vice President der oben erwähnten Family Planning Association. (1) Seine Eltern hatten sich bereits im 19. Jahrhundert für die Geburtenkontrolle starkgemacht und wurden deshalb angefeindet, da zu dieser Zeit die Geburtenkontrolle von den meisten als empörend oder sogar als Verbrechen empfunden wurde. Der Vater musste deswegen seine politische Karriere aufgeben. Bertrands Eltern lernten von ihrem Freund John Stuart Mill (berühmter Philosoph), dass die Geburtenkontrolle eine gute Sache ist. (1, 2, 3)
Bertrand Russell gehörte 1961 zu den Unterzeichnern einer Aufforderung zur Ausarbeitung einer Weltverfassung, also eine Verfassung, die weltweit gelten soll. Die Unterzeichner kamen aus Europa, Nord- und Südamerika, Asien und Afrika. Zu ihnen zählten hohe Politiker und die belgische Königin. (1, 2)
Bertrand Russell sass von 1931 bis 1970 im House of Lords, dem Oberhaus des britischen Parlaments, dem bis heute viele Adlige angehören (die erblichen Peers). Russell vertrat dort die Labour Party. (1, 2) Übrigens möchte die derzeitige Labour-Regierung, dass die Adelsfamilien ihr Privileg verlieren, einen Sitz im House of Lords zu haben. Die linke Labour-Partei hat lediglich vier erbliche Peers im House of Lords, während 45 zur Konservativen Partei gehören. (1, 2) Die Labour-Partei möchte die Reform vermutlich, weil sie sich ärgert, dass sie so wenig adlige Unterstützer im Parlament hat. In den 50er-Jahren fanden im House of Lords mehrere Debatten zum Thema Weltregierung statt. Bei einer davon sprach sich Vizegraf William Astor, der aus einer sehr einflussreichen Familie kam, für eine Weltregierung aus und meinte, es bräuchte eine Weltpolizei, die das Weltrecht durchsetzen könnte. Astor sagte, die Weltregierung soll aus der UN hervorgehen. Er wies darauf hin, dass die britische Queen Elizabeth der Gründung einer Weltregierung offen gegenübersteht und es auch im Ausland viele Leute gibt, die das Vorhaben unterstützen würden. Nach Astor hielt der Graf von Home* seine Rede, in der er ebenso eine Weltregierung befürwortete und die UN als ihren Grundstein sah. Er sagte: „Der beste Beitrag und das überzeugendste Beispiel für die Möglichkeit einer zukünftigen Weltregierung ist vielleicht das Beispiel des Commonwealth.“ Der Commonwealth ist gewissermassen der Nachfolger des britischen Weltreiches. Bei der Debatte im House of Lords hielt auch William Beveridge eine Rede, in der er erklärte, dass Grossbritannien am besten geeignet sei, die Weltregierung anzuführen. Er sagte: „In der Vergangenheit hat Grossbritannien die Welt in vielen Dingen angeführt, und obwohl es nicht die Macht hat, die Welt physisch anzuführen oder sie physisch zu beherrschen, wie es in der Vergangenheit der Fall war, könnte Grossbritannien führend sein. (…) Wenn die Regierung meinen Appell in Betracht ziehen würde, könnte Grossbritannien die Welt wieder anführen und uns schneller aus dieser grauenhaften Gefahr eines nuklearen dritten Weltkriegs befreien.“ Er wollte also eine britische Weltdominanz zum Wohle der Menschheit. In seiner Rede bezeichnete er das House of Lords als das „intelligenteste und wichtigste Publikum“, das man haben kann. (1) Diese Art von Grössenwahn gab es in der britischen Elite schon seit dem 19. Jahrhundert.
* Der Graf von Home wurde später Premierminister und Vorsitzender der berüchtigten Bilderberg-Treffen. (1) Er war der Clan-Chef des schottischen Home Clans.
Bertrand Russell war, zumindest eine Zeit lang, Eugeniker und glaubte, dass die Elite ihren überlegenen Genpool schützen muss. (1) Der Intelligenzquotient von Bertrand Russell soll bei 180 gelegen haben. Er war demnach hochintelligent. (1)
In diesem Beitrag wird Bertrand Russell noch oft vorkommen, daher sollte der Leser sich seinen Namen merken.
John Maynard Keynes
Bertrand Russells zweite Ehefrau, Dora Black, versuchte in den 20er-Jahren, die britische Regierung von der Idee der Geburtenkontrolle zu überzeugen. (1) Im Jahr 1923 wurde der Anarchokommunist Guy Aldred und seine Frau angeklagt, weil sie in ihrem Verlag Margaret Sangers Family Limitation veröffentlichten, eine Broschüre über Empfängnisverhütung. (1) Darauf übernahmen Bertrand und Dora Russell gemeinsam mit John Maynard Keynes die Gerichtskosten. (1, 2, 3) John Maynard Keynes (1883–1946) war ein sehr bedeutender britischer Ökonom. Er erhielt den Adelstitel eines Barons. Der Keynesianismus geht auf ihn zurück. Diese Lehre könnte man als eine Form der linken Ökonomie betrachten. Libertäre lehnen den Keynesianismus für gewöhnlich ab und sehen ihn oft als eine Vorstufe des Sozialismus.
Der hochintelligente Bertrand Russell nannte Keynes den Mann mit dem „schärfsten und klarsten Verstand“, den er je gekannt hat. (1)
Keynes war während des Zweiten Weltkrieges Director der Bank of England, also Vorstandsmitglied der britischen Zentralbank. (1, 2) Zu dieser Zeit leitete Montagu Norman die Zentralbank.
Keynes befürwortete die Bevölkerungskontrolle. Er war Eugeniker und gehörte zur Führung der Eugenics Society. 1946 bezeichnete Keynes die Eugenik als „den wichtigsten und bedeutendsten Zweig der Soziologie“. (1, 2) Er meinte, dass sich die Arbeiterklasse zu stark vermehrt. (1) Er war ein führendes Mitglied der Malthusian League und war eine Zeit lang ihr Vorsitzender. (1, 2) Er war wie Bertrand Russell Vice President der Family Planning Association. (1) Ausserdem nahm Keynes 1927 an der Weltbevölkerungskonferenz teil, einer internationalen Konferenz zum Thema Bevölkerungskontrolle, die in Genf, Schweiz, stattfand. (1)
Keynes’ Bruder Sir Geoffrey Keynes heiratete in die Darwin Familie, zu der Charles Darwin gehörte. (1, 2) Geoffreys Sohn Richard, ein Fellow der Royal Society, heiratete die Tochter von Edgar Adrian, der den Nobelpreis für Physiologie erhielt und zum Baron geadelt wurde. Adrian war Präsident der Royal Society. (1, 2)
Keynes wird in diesem Beitrag noch oft erwähnt werden.
H. G. Wells
Bertrand Russells Frau Dora arbeitete bei ihrem Einsatz für die Geburtenkontrolle mit H. G. Wells zusammen. (1, 2) H. G. Wells (1866–1946) war ein berühmter britischer Schriftsteller und Pionier der Science-Fiction-Literatur. Er war Eugeniker und Mitglied der Eugenics Society. (1) Er malte sich eine Zukunft aus, in der die Elite die Minderwertigen töten und sich dabei gut fühlen wird, denn „sie werden ein Ideal haben, das das Töten lohnenswert macht“. (1) Er beklagte sich über die Horden „schlecht erzogener, schlecht ausgebildeter minderwertiger Bürger“. (1)
H. G. Wells tauschte sich oft mit Keynes zum Thema Eugenik und Bevölkerungskontrolle aus. 1922 waren die beiden Mitorganisatoren der Neomalthusianischen Konferenz in London. (1, 2) Die beiden beteiligten sich 1925 auch an der ersten Neomalthusianischen Konferenz der USA. (S. 275) Wells gehörte wie Keynes zur Führung der Malthusian League und wurde 1915 Vice President der Organisation. (1) Desweiteren war Wells wie Keynes ein Vice President der Family Planning Association. (1)
H. G. Wells war mit Bertrand Russell befreundet. (1, 2) Er war wie Russell der Meinung, dass es eine Weltregierung braucht, um den Weltfrieden sicherzustellen und die grossen Probleme der Menschheit zu lösen. 1928 veröffentlichte Wells das Manifest The Open Conspiracy: Blue Prints for a World Revolution, auf Deutsch Die offene Verschwörung: Blaupausen für eine Weltrevolution. Das Manifest hatte Bertrand Russell gefallen. Darin schreibt Wells, dass für die Gründung eines Weltstaats die Abschaffung des Nationalismus sowie die Kontrolle über alle Industrien der Welt notwendig sind. Die Weltregierung sollte über eine geregelte Geburtenrate die Weltbevölkerung steuern. (1) Wells nannte es offene Verschwörung, weil es nicht geheim sein soll: „Jeder Schritt zur Welteinheit muss am helllichten Tag mit der verständnisvollen Sympathie möglichst vieler Menschen unternommen werden, sonst wird sich die Art der Einheit, die erreicht wird, als kaum erstrebenswert erweisen.“ (S. 22) Diejenigen, die die offene Verschwörung durchführen werden, bezeichnet Wells als Conspirators, also Verschwörer. Er benutzt das Wort Verschwörer mehrfach im Buch. Er erläutert auch, wer die Verschwörer sein sollten:
„Die Offene Verschwörung, die Weltbewegung für die Ersetzung, Erweiterung oder Verschmelzung bestehender politischer, wirtschaftlicher und sozialer Institutionen, muss sich in dem Masse, wie sie wächst, zwangsläufig immer mehr Fragen der praktischen Kontrolle nähern. Es ist wahrscheinlich, dass sie in ihrem Wachstum viele aktive Staatsbedienstete und viele industrielle und finanzielle Führer und Direktoren einbezieht.“ (S. 20)
„Und wenn wir zu den allgemeinen Funktionsklassen kommen, den Grundbesitzern, den Industrieorganisatoren, den Bankiers usw., die das gegenwärtige System, so wie es ist, kontrollieren, sollte es noch deutlicher sein, dass die richtungsweisenden Kräfte der neuen Ordnung sehr weitgehend aus den Reihen dieser Klassen und aus ihren Erfahrungsschätzen und Traditionen an Methoden hervorgehen müssen. Die Offene Verschwörung kann nichts mit der Irrlehre zu tun haben, dass der Weg des menschlichen Fortschritts über einen umfassenden Klassenkampf führt.“ (S. 30, 31) Die offene Verschwörung soll also von Aristokraten, Bankiers und Konzernchefs angeführt werden, was ja auch Sinn macht, da sie als einzige in der Lage sind, eine Weltverschwörung durchzuführen.
Die Offene Verschwörung ist nicht als eine einzelne Organisation zu betrachten; sie ist eine Lebensauffassung, aus der Bestrebungen, Organisationen und neue Orientierungen hervorgehen werden. (S. 29)
H. G. Wells erklärt im Buch, dass es Widerstand gegen die Weltverschwörung geben wird. Ein Kapitel handelt von dem Problem, dass sich die weniger industrialisierten Völker dem Druck der offenen Verschwörung widersetzen könnten. (S. 40) Wells schreibt, die Verschwörer dürfen es nicht tolerieren, wenn Länder gegen die Verschwörung rebellieren. Man müsse die „Feinde definieren und sie angreifen“. Die Verschwörer müssen dabei „ihre eigenen Organisationen“ oder „die Polizei- und Militärmacht von Regierungen“, die zur Verschwörung gehören, einsetzen. Er schreibt: „Die Offene Verschwörung beruht auf der Missachtung der Nationalität und es gibt keinen Grund, warum sie schädliche oder hinderliche Regierungen tolerieren sollte (…). Es liegt in der Macht der atlantischen Gemeinschaften, der Welt den Frieden aufzuerlegen und die Bewegungsfreiheit und Redefreiheit von einem Ende der Erde zum anderen zu sichern. Das ist eine Tatsache, auf der die Offene Verschwörung beharren muss.“ (S. 65)
An einer anderen Stelle schreibt Wells:
„Solange die Offene Verschwörung nicht mehr als eine Diskussion ist, kann sie sich unwidersprochen ausbreiten, weil sie nicht beachtet wird. (…) Aber wenn ihr Wissen und ihre Erfahrung zunehmen und ihre Organisation effektiver und aggressiver wird, wenn sie beginnt, die Erziehung, die sozialen Gewohnheiten und die geschäftlichen Entwicklungen zu beeinflussen, wenn sie beginnt, die Organisation des Gemeinwesens zu übernehmen, wird sie nicht nur ihre eigenen Kräfte, sondern auch ihre Feinde mobilisieren. Ein Komplex von Interessen wird sich von ihr bedrängt und bedroht fühlen, und sie kann leicht das gefährlichste aller menschlichen Gefühle der Massen hervorrufen, die Angst. Auf ganz unvorhersehbare Weise kann sie einen Sturm gegen sich selbst entfachen, der alle unsere derzeitigen Vorstellungen übersteigt. Unsere Vorstellung von einer fast unblutigen Beherrschung der atlantischen Gemeinschaften könnte nur der zuversichtliche Traum eines Denkers sein, dessen Gedanken noch nicht infrage gestellt wurden. (…) Die Errichtung der Weltgemeinschaft wird sicherlich einen Preis fordern – und wer kann schon sagen, wie hoch dieser Preis sein wird? – in Form von Mühsal, Leid und Blut.“ (S. 66) Damit möchte Wells sagen: Umso weiter die Weltverschwörung voranschreitet, umso grösser wird der Widerstand gegen die Verschwörung werden.
H. G. Wells sagt im Buch nicht, ob die Weltregierung einigermassen demokratisch sein soll (zum Beispiel als Weltparlament mit gewählten Vertretern aller Nationen). Er schreibt auf Seite 39: „Unsere Hoffnung für die Zukunft der Menschheit liegt nicht in der Psychologie der Massen und der wahllosen Herrschaft der universellen Demokratie.“ Also keine demokratische Weltregierung. Wells bewunderte den Diktator und Massenmörder Josef Stalin. Er traf ihn persönlich, was in Kapitel 4 erläutert wird. Demnach sah Wells die Demokratie nicht als hohes Gut der Menschheit an.
Wells veröffentlichte 1940 im britischen Verlag Secker & Warburg das Buch The New World Order, zu Deutsch: Die neue Weltordnung. Damit prägte er einen Begriff, der heute vor allem von Verschwörungstheoretikern verwendet wird. In dem Buch plädiert er ebenfalls für die Errichtung einer Weltregierung. Wells, der Sozialist war, fordert in dem Buch einen „Weltsozialismus“, der aber die Freiheitsrechte respektieren soll. (S. 119, 122) Er befürwortet in dem Buch die Gründung einer Weltpolizei. (S. 184)
In Wells’ Roman The Shape of Things to Come von 1933 kommt eine Weltregierung vor. In seinem Roman The World Set Free von 1914 sagte er die Entwicklung der Atombombe voraus. In der Geschichte leitet der fiktive britische König Egbert die Gründung einer Weltregierung, an der sich Könige, Kaiser, Fürsten, Staatsmänner und Finanzführer beteiligen. Sie tun dies, um die Auslöschung der Menschheit durch einen Atomkrieg zu verhindern. Also genau wie es Bertrand Russell später angesichts der nuklearen Bedrohung forderte. In dem Roman sagt König Egbert: „Wir müssen uns nicht auf Förmlichkeiten beschränken, wir müssen die Welt regieren. Wir haben immer so getan, als würden wir die Welt regieren, und hier ist unsere Gelegenheit.“ (S. 171, 172, 180) Wells veröffentlichte 1905 den Roman A Modern Utopia, in dem die Weltregierung von einem Orden angeführt wird. In seinem 1899 veröffentlichten Roman The Sleeper Awakes verfügt eine kleine Elite über enormen Einfluss und über ein riesiges Vermögen. Wells war offenbar regelrecht besessen von der Idee einer kommenden Weltregierung.
Wells beschrieb in seinen Romanen viele Dinge, die später auch eintrafen, unter anderem die globale Erwärmung und die Massenüberwachung sowie die Erfindung von Radio, Fernsehen, Video, Internet, Gentechnik, Biowaffen, Chemiewaffen, Atombomben und Panzern. (1, 2, 3)
Übrigens: So viel ich weiss, war der Adlige Anacharsis Cloots (1755–1794), ein Revolutionär der Französischen Revolution, der erste gewesen, der die Gründung einer Weltrepublik und eines Weltparlaments forderte. (1, 2)
H. G. Wells hatte eine Affäre mit der Amerikanerin Margaret Sanger, die in den USA eine sehr wichtige Rolle beim Aufbau der Lobby für Bevölkerungskontrolle spielte. Wells sagte in den 30er-Jahren über Sanger: „Sie ist die grossartigste Frau der Welt. Die Bewegung, die sie ins Leben gerufen hat, wird in hundert Jahren die einflussreichste aller Zeiten sein, wenn es darum geht, die Geschicke der Menschen auf der Erde zu lenken.“ (1, 2) Aus Sangers Bewegung ging die International Planned Parenthood Federation hervor, eine der wichtigsten internationalen Organisationen für Bevölkerungskontrolle. Wenn Wells recht behalten hat, dann wäre die Organisation heute ein wichtiger Bestandteil der Weltverschwörung.
Wells stand jeder gesellschaftliche Kreis des Königreichs offen. (1) Er verfügte über einen internationalen Bekanntenkreis, der Aristokraten, Mitglieder königlicher Familien und hohe Politiker umfasste (also Leute, die für seine Weltverschwörung geeignet wären). Er war mit Maurice Baring befreundet. (S. 246, 369) Dieser war der Sohn eines Barons aus der mächtigen Bankiersfamilie Baring.
Zu Wells’ Geliebten zählte Elizabeth von Arnim, die erst in die alte deutsche Adelsfamilie Arnim und danach den Bruder von Bertrand Russell heiratete. (1) Wells hatte eine Affäre mit der Amerikanerin Constance Coolidge. (1) Diese heiratete erst Ray Atherton, der US-Botschafter in mehreren Ländern war, und danach einen französischen Grafen. Constance kam mütterlicherseits aus der Crowninshield Familie, die im 19. Jahrhundert eine einflussreiche Familie in den USA war und im Jahr 1900 in die mächtige Du Pont Familie heiratete. Wells hatte eine Liebesbeziehung mit Moura Budberg. Die russische Aristokratin war eine waschechte Verschwörerin und war ihr Leben lang von Verschwörern umgeben, was in Kapitel 4 erläutert wird.
Die Huxley-Brüder und J. B. S. Haldane
H. G. Wells war ein Student des Biologen Thomas Huxley (1825–1895). (1, 2) Huxley war als Präsident der Royal Society eines der Oberhäupter der wissenschaftlichen Elite Grossbritanniens. Zudem wurde er in den Privy Council (Geheimrat der britischen Königsfamilie) berufen. Er war mit Charles Darwin befreundet und wurde ein Anhänger der Evolutionstheorie. Er wünschte sich eine Wissenschaft, die nicht von religiösen Dogmen eingeschränkt wird. Der Begriff „Agnostizismus“ wurde massgeblich von Huxley geprägt. (1, 2, 3)
Thomas Huxley war der Grossvater des berühmten Schriftstellers Aldous Huxley (1894–1963). Dieser kam vor allem für sein Buch Schöne neue Welt zu Berühmtheit. Der Roman handelt von einer Zukunft, in der eine Weltregierung die Menschheit und ihre Fortpflanzung kontrolliert. Dabei setzt die Weltelite Klontechnologie, Psychopharmaka und Gehirnwäsche ein. Im Weltstaat gibt es einen Personenkult um den Unternehmer und Freimaurer Henry Ford. In der Geschichte ist die Mehrheit der Frauen sterilisiert. Die restlichen Frauen tragen einen Gürtel, in dem Verhütungsmittel aufbewahrt werden und der malthusianischer Gürtel genannt wird, eine Anspielung auf Malthus und die Bevölkerungskontrolle.
Aldous Huxley war am Elite-College Eton ein Lehrer von George Orwell, der ebenfalls für seine dystopischen Romane berühmt wurde. (1, 2)
Aldous Huxley kannte Bertrand Russell und Keynes. (1, 2) Er hatte Kontakt zu Lord Rothschild. (1)
Aldous’ Bruder Julian Huxley (1887–1975), ein Biologe, war Eugeniker und langjähriges Mitglied der Eugenics Society. Von 1959 bis 1962 war er Präsident der Gesellschaft. Er forderte die Sterilisation geistig behinderter und geistig kranker Menschen. (1, 2) Wie bereits erwähnt wurde, gehörten auch Keynes und H. G. Wells zur Eugenics Society.
Julian Huxley und H. G. Wells schrieben gemeinsam ein Buch. (1)
Die Huxley-Brüder waren mit J. B. S. Haldane (1892–1964) befreundet. Haldane war ein Fellow der Royal Society und zählt zu den Begründern der Populationsgenetik. Er prägte den Begriff Klon und ging davon aus, dass in Zukunft Menschen geklont werden. Aldous Huxley liess sich bei den Klonen in seinem Buch Schöne neue Welt von Haldane inspirieren. (1, 2, 3) Haldane und Huxley beschrieben die In-Vitro-Fertilisation (IVF), bereits vor 1978 in England der erste Mensch erfolgreich in einem Reagenzglas gezeugt wurde. Sir Robert Edwards, ebenfalls Fellow der Royal Society, erhielt dafür den Nobelpreis.
Das zweite künstlich gezeugte Kind kam 1979 in Schottland zur Welt. Auch hier spielte Robert Edwards eine wichtige Rolle. Das Kind bekam den schottischen Namen Alastair MacDonald. Seine Mutter war eine Schottin mit dem Familiennamen Montgomery. (1, 2) MacDonald und Montgomery sind Namen schottischer Clans.
J. B. S. Haldane stammte aus dem schottischen Haldane Clan. (1, 2, 3) Sein Onkel Richard Haldane wurde zum Vizegrafen geadelt und war Kriegsminister, Lordkanzler, Vorsitzender des House of Lords, Mitglied des Privy Council sowie Fellow der Royal Society.
J. B. S. Haldane war Sozialist und trat der Kommunistischen Partei Grossbritanniens bei. (1, 2) Er war Eugeniker und warnte: „Die Zivilisation ist durch die Überproduktion von Untermenschen in echter Gefahr.“ (1) Sein eugenisches Denken floss in seine Vorstellungen des Klonens ein, denn er glaubte, dass man mit dem Klonen von besonders begabten Menschen die Möglichkeiten menschlicher Errungenschaften stark erhöhen könnte. (1) So wäre es möglich, eine ganze Armee an hochintelligenten und hochtalentierten Menschen zu produzieren.
Haldanes erste Frau Charlotte war auch Mitglied der Kommunistischen Partei. Sie schrieb den Roman Man’s World. Die Geschichte spielt in einer Zukunft, in der eine wissenschaftliche Elite die Fortpflanzung der Menschen kontrolliert und dabei viele Frauen sterilisieren lässt. Das Buch wurde 1926 veröffentlicht, also ein paar Jahre bevor Huxleys Schöne neue Welt erschien. (1, 2) Man kann davon ausgehen, dass Huxley Charlottes Buch gelesen hat.
Haldanes Schwester Naomi Mitchison war Sozialistin und Mitglied der Eugenics Society. Sie befürwortete die Geburtenkontrolle und Abtreibungen. (1, 2)
Haldane wurde als Kind von seinem Vater bei wissenschaftlichen Experimenten als Versuchskaninchen benutzt, ohne Rücksicht auf seine Gesundheit zu nehmen. Als Erwachsener führte er an sich selbst gesundheitsgefährdende Experimente durch. Er entdeckte während seines Dienstes im Ersten Weltkrieg, dass er das Töten liebt. Ein ranghoher Offizier beschrieb ihn als „verrückt“ und „durchgeknallt“. (1, 2) Man könnte ihn somit durchaus als einen verrückten Wissenschaftler betrachten.
Haldane wurde als der erste Transhumanist bezeichnet. (1) Auch die Transhumanismus-Organisation Humanity Plus (früher World Transhumanist Association) nennt Haldane einen Vordenker des Transhumanismus mit seinem 1924 erschienenen Buch Daedalus, in dem er eine Welt prophezeite, in der die Menschheit die Evolution zu ihrem eigenen Vorteil steuern wird. (1) Haldanes Freund Julian Huxley erfand 1957 den Begriff Transhumanismus. (1, 2, 3)
Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen hielt Haldane die Angst vor der Überbevölkerung für unbegründet, da er glaubte, dass in Zukunft mithilfe von synthetischen Lebensmitteln auch in einer überbevölkerten Welt alle Menschen ernährt werden können. Er schrieb, dass die traditionelle Landwirtschaft verschwinden und durch nahrungsproduzierende Fabriken ersetzt werden wird. (1) Er war somit nicht nur ein Vordenker des Transhumanismus, sondern auch ein Vordenker der Revolution, die derzeit im Bereich der Lebensmittelproduktion stattfindet, mit Laborfleisch und Vertical Farming.
Haldane stand mit der Rockefeller Foundation in Kontakt. (1) Der Genforscher Dronamraju Krishna schrieb einen Artikel über Haldane. An dessen Ende steht: „Wir möchten dem Wellcome Trust in London und der Rockefeller Foundation in New York für die finanzielle Unterstützung danken, die einige der in diesem Artikel beschriebenen Forschungsarbeiten ermöglicht haben.“ (1) Übrigens war die Rockefeller Foundation massgeblich am Beginn der Grünen Revolution beteiligt. Norman Borlaug, der für seinen Beitrag zur Revolution den Friedensnobelpreis erhielt, arbeitete viele Jahre für die Rockefeller Foundation. (1, 2, 3) Er war Fellow der Royal Society. (1) Die Grüne Revolution sorgte dafür, dass trotz des hohen Wachstums der Weltbevölkerung nicht so viele Menschen verhungerten, wie eigentlich zu erwarten war.
Julian Huxley war ein begeisterter Malthusianer. (1) Er besuchte Treffen der Malthusian League. (S. 9) Er gehörte zu den Vice Presidents der ersten Neomalthusianischen Konferenz der USA, genau wie H. G. Wells und Keynes. (S. 275) Die drei Männer sowie auch Bertrand Russell waren Vice President der Family Planning Association. (1) Julian Huxley war in der Population Society aktiv, einer weiteren britischen Gruppe, die sich mit der Überbevölkerung befasste. Huxley und Keynes nahmen 1927 an der Weltbevölkerungskonferenz teil. 1959 war Huxley Redner auf der sechsten Konferenz von Planned Parenthood International in Indien. (1, 2) Sein Bruder Aldous Huxley hielt die Überbevölkerung auch für ein grosses Problem. (1)
Julian Huxley gehörte zusammen mit Godfrey Rockefeller, Luc Hoffmann und Königsfamilien zum Gründerkreis der internationalen Tierschutzorganisation WWF. (1, 2, 3)
Julian Huxley war 1945 Mitgründer und erster Chef der UNESCO, einer Organisation der Vereinten Nationen (UN). Er wollte, dass die UN und ihre Organisationen, insbesondere die WHO, die UNESCO und die FAO, eine Strategie der weltweiten Bevölkerungskontrolle verfolgen. Julian Huxley stand der Rockefeller Foundation nahe. (1) Die Rockefeller Familie beteiligte sich am Aufbau der Lobby für Bevölkerungskontrolle, unter anderem mit der Gründung des Population Council*. (1) Organisationen der UN setzen sich bis heute für Bevölkerungskontrolle ein, was in einem anderen Beitrag erläutert wird.
* Sechs der zehn Gründungsmitglieder des Population Council waren Eugeniker. (1) Ein Mitgründer war der US-Amerikaner Frederick Osborn. Er gehörte zur Führung der American Eugenics Society. Diese war die vielleicht wichtigste eugenische Gesellschaft in den USA. Sie änderte 1973 ihren Namen, um sich von der Eugenik zu distanzieren, und konzentrierte sich ab da auf die Sozialbiologie. Die Gesellschaft bestand bis 2019. Frederick Osborn bezeichnete das Eugenikprogramm der Nazis als „das wichtigste Experiment, das jemals versucht wurde“. Er engagierte sich bei der UN. Laut Wikipedia erhielt er einen Orden vom britischen Königshaus. (1, 2, 3, 4) Er war Präsident der bis heute bestehenden Population Association of America, die Bevölkerungsforschung betreibt. (1) Einer seiner Onkel war der Naturwissenschaftler Henry Fairfield Osborn, ein Mitgründer der American Eugenics Society. (1, 2, 3) Henry Fairfield Osborn wurde zum Fellow der Royal Society von England ernannt. (1) Er war Ehrenmitglied der Royal Society von Schottland. (1) Er war mit einflussreichen Familien der US-amerikanischen Elite verschwägert, unter anderem mit der Vanderbilt Familie und der Familie von J. P. Morgan. (Mehr dazu) Ein Präsident der American Eugenics Society war Henry Pratt Fairchild. Dieser sagte, die Eugenik und die Geburtenkontrolle seien „zwei grosse Bewegungen“, die „sich so nahe gekommen sind, dass sie fast nicht zu unterscheiden sind“. (1, 2) Fairchild war massgeblich an der Gründung der „Planned Parenthood Federation of America“ beteiligt und gehörte zu ihrer Führung. (1, 2) Sie ist bis heute die wichtigste Organisation für Geburtenkontrolle in den USA.
Julian Huxley schrieb im Jahr nach der Gründung der UNESCO in einem Dokument, dass die UNESCO, die für Bildung und Wissenschaft zuständig ist, sich mit der Eugenik befassen muss. Die Eugenik war damals komplett in Verruf geraten wegen des Eugenikprogramms des Naziregimes. Das Image der Eugenik leidet bis heute darunter. Huxley schreibt in dem Dokument: „Auch wenn es stimmt, dass eine radikale eugenische Politik für viele Jahre politisch und psychologisch unmöglich sein wird, ist es wichtig, dass die UNESCO das eugenische Problem mit grösster Sorgfalt untersucht und die Öffentlichkeit über die Probleme informiert, damit vieles, was heute undenkbar ist, zumindest denkbar wird.“ In dem Dokument schreibt er auch, dass die Errichtung einer Weltregierung zur Aufgabe der UNESCO gehören sollte, da man damit Kriege vermeiden könnte. (1) Wie bereits erwähnt wurde, hätte auch Bertrand Russell die UN gern als Weltregierung gesehen. Die UN sowie auch die UNESCO wurden 1945 nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Der Hauptgrund für die Gründung war, dass man nach den verheerenden Erfahrungen des Krieges eine globale Organisation wollte, die in Zukunft grosse Kriege verhindern kann. Verschwörungstheoretiker weisen darauf hin, dass Julians Bruder Aldous Huxley 1932 in seinem Buch Schöne neue Welt schrieb, die Weltregierung werde nach einem grossen Krieg errichtet, wodurch Kriege unterbunden werden. Auch in H. G. Wells’ Buch The World Set Free von 1914 wird nach einem verheerenden Krieg die Weltregierung gegründet. Bisher ist die Umsetzung einer Weltregierung jedoch nicht möglich, da die Völker und viele Regierungen nicht bereit sind, eine Weltregierung zu akzeptieren. Es bräuchte wohl noch mehr Kriege und globale Krisen, um die Akzeptanz zu erhöhen.
Die erste Generalversammlung der UN und das erste Treffen des UN-Sicherheitsrats fanden 1946 in London statt. (1) Der britische Adlige Gladwyn Jebb war damals provisorischer Chef der UN, bis der norwegische Sozialist Trygve Lie der erste Generalsekretär der UN wurde. (1) Als die UN nach einem geeigneten Platz für ihr Hauptquartier suchte, kaufte John Rockefeller Jr. ein Grundstück in New York und schenkte es der UN, wo diese ihr Hauptquartier errichtete. (1, 2)
Übrigens spielte Keynes eine wichtige Rolle bei der Bretton Woods-Konferenz im Jahr 1944 und vertrat dort Grossbritannien. Keynes war dadurch einer der Gründerväter der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds. (1, 2) Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds sind Organisationen der UN. Auch der Internationale Gerichtshof ist ein Organ der UN.
Julian Huxley erfand den Aluhut. Er schrieb 1927 eine Kurzgeschichte, in der ein König mit telepathischer Strahlung sein Volk kontrolliert. In der Geschichte lässt sich die Gedankenmanipulation mittels eines Aluhuts verhindern. (1) Heute glauben einzelne Verschwörungstheoretiker tatsächlich, dass man sich mit einem Aluhut vor der Strahlung, die angeblich von der Elite eingesetzt wird, schützen kann. Ironischerweise stammt dieser Gedanke ursprünglich also nicht von einem Verschwörungstheoretiker, sondern von einem Verschwörer.
Julian Huxley wurde 1958 zum Ritter geschlagen. (1) Er war Fellow der Royal Society. (1) Sein Halbbruder Andrew Huxley (1917–2012) wurde ebenfalls zum Ritter geadelt und war Präsident der Royal Society (sein Grossvater war auch Präsident der Gesellschaft). Andrew erhielt den Nobelpreis für Medizin. (1) Seine Frau Jocelyn Pease war eine Verwandte der Bankiersfamilie Pease. Diese ist eine der mächtigsten Familien der britischen Finanzelite.
Jocelyn Pease war die Schwester von Rendel „Bas“ Pease (1922–2004). (1) Rendel war einer der führenden Physiker der britischen Nuklearforschung. Er wurde zum Fellow der Royal Society ernannt und war später Vizepräsident der Gesellschaft. Mütterlicherseits war er mit Keynes und der Darwin Familie verwandt. Er war sein Leben lang Mitglied der Fabian Society, die von seinem Grossvater Edward Pease (1857–1955) mitgegründet wurde. (1, 2) Edward Pease war von 1891 bis 1913 Generalsekretär der Fabian Society. (1)
Kapitel III
Die Fabian Society
Die Fabian Society ist eine seit 1884 bestehende Gesellschaft in Grossbritannien. Sie ist die einflussreichste sozialistische Bewegung des Landes und gilt als eine der ältesten Denkfabrik der Welt. Sie strebte nie eine Revolution an, sondern steht für einen evolutionären Sozialismus, bei dem die Umsetzung des Sozialismus in kleinen Schritten und über einen langen Zeitraum erfolgt. So umgeht man die Risiken, die bei einem abrupten Systemwechsel bestehen. Da die Einführung des Sozialismus auf schleichendem Weg geschieht, ist zudem der Widerstand der antisozialistischen Kräfte geringer. Das ursprüngliche Logo der Fabians war ein Wolf im Schafspelz. Die Redewendung Wolf im Schafspelz gibt es auch im Englischen.
Die Fabian Society wirkte zu Beginn des 20. Jahrhunderts an der Gründung der Labour Party mit, einer gemässigt sozialistischen Partei, die schnell zu Einfluss kam. In den ersten dreizehn Jahren der Labour-Partei gehörte Edward Pease zur Parteiführung. Im 20. Jahrhundert stellte sie mehrere Premierminister und ist derzeit die stärkste Partei im Vereinigten Königreich. Die Fabian Society hatte 1895 die London School of Economics (LSE) gegründet, eine der elitärsten Universitäten der Welt. Edward Pease gehörte von 1901 bis 1945 zur Führung der Universität. Er wird Baron Lionel Walter Rothschild gekannt haben, da dieser zur gleichen Zeit im Führungsgremium der LSE war. In den ersten Jahren sass auch Bertrand Russell im Führungsgremium. (1, 2, 3) Russell war einer der ersten Lehrer der LSE und hatte ihre Gründung finanziell unterstützt. (1, 2) H. G. Wells zählte ebenfalls zu den Gründern der LSE. (1)
Bertrand Russell und H. G. Wells waren kurze Zeit Mitglied der Fabian Society. Bei einem Buch des Fabian-Mitgründers Edward Pease steht auf der Rückseite, dass auch Keynes der Fabian Society beitrat, aber dafür fand ich ansonsten keine gute Quelle. (1, 2, 3, 4, 5) Wie bereits erwähnt wurde, vertrat Bertrand Russell die Labour-Partei für fast vierzig Jahre im House of Lords.
Berühmte Verschwörer, die an der LSE studierten, wären David Rockefeller und George Soros. Rockefeller freundete sich an der Universität mit dem späteren US-Präsidenten John F. Kennedy an und datete dessen Schwester Kathleen. (1, 2, 3) Auch Soros kannte David Rockefeller. (1) Soros und Davids gleichnamiger Sohn nahmen 2009 mit weiteren Milliardären an einem geheimen Treffen in New York teil. Beim Treffen diskutierten sie unter anderem darüber, wie sie ihr Vermögen verwenden könnten, um das Wachstum der Weltbevölkerung zu verlangsamen. Das Treffen fand auf Initiative der Milliardäre David Rockefeller Jr., Bill Gates und Warren Buffett statt. Die Milliardäre Ted Turner und Michael Bloomberg waren ebenfalls anwesend. Sie trafen sich in einer Residenz des britischen Genetikers und Nobelpreisträgers Paul Nurse, der damals Präsident der Rockefeller University war. (1, 2) Paul Nurse war von 2010 bis 2015 Präsident der Royal Society. Er wurde zum Ritter geschlagen. (1) Er ist seit fast 40 Jahren Mitglied der Labour-Partei. Zudem ist er Schirmherr der Scientists for Labour, einer Gruppe von Wissenschaftlern, die Anhänger der Labour-Partei sind. (1) David Rockefeller schrieb in seinen Memoiren bezüglich der Verschwörungstheorien zur Rockefeller Familie: „Einige glauben sogar, dass wir Teil einer geheimen Kabale sind, die gegen die Interessen der Vereinigten Staaten arbeitet, und bezeichnen meine Familie und mich als ‚Internationalisten‘, die sich mit anderen auf der ganzen Welt verschwören, um eine stärker integrierte globale politische und wirtschaftliche Struktur aufzubauen – eine Welt, wenn Sie so wollen. Wenn das der Vorwurf ist, bekenne ich mich schuldig und ich bin stolz darauf.“ (1) David Rockefeller hatte in Harvard eine Abschlussarbeit geschrieben, die sich teilweise mit der Fabian Society befasste. (1) Als er 2010 in einem Interview gefragt wurde, was die wichtigste Errungenschaft in seinem Leben ist, antwortete er: „Meine Fähigkeit, die Dinge objektiv zu analysieren und nicht vorgefasste politische Meinungen zu übernehmen. Ich würde mich weder einen Kapitalisten noch einen Sozialisten nennen, ich habe meine unabhängige Meinung.“ (1) Diese Einstellung habe ich mir zum Vorbild genommen.
1924 stellte die Labour-Partei erstmals die britische Regierung. Ihr erster Premierminister Ramsay MacDonald (1866–1937), ein Schotte, gehörte mehrere Jahre zur Führung der Fabian Society. (1) Er wurde 1930 zum Fellow der Royal Society ernannt. (1)
1963 wurde Brian Abel-Smith (1926–1996) Vorsitzender der Fabians. (1) Er diente der Fabian Society auch als Schatzmeister. Er beriet Labour-Regierungen und war Professor an der LSE. (1) Er war ein Urenkel von Abel Smith (1788–1859) aus der Bankiersfamilie Smith. (1) Die Smith Familie ist eine der ältesten und wichtigsten Familien der britischen Finanzelite.
1946 wurde Harold Laski (1893–1950) Vorsitzender der Fabian Society. (1) Er war auch Vorsitzender der Labour-Partei und Professor an der LSE. Er und seine Frau waren Eugeniker. (1, 2) Seine Frau Frida gehörte 1924 zusammen mit Dora Russell (Frau von Bertrand Russell) zu den Gründern der „Workers Birth Control Group“, eine britische Organisation, die Frauen aus der Arbeiterklasse kostenlosen Zugang zu Informationen zur Empfängnisverhütung ermöglichen wollte. Dora Russell war Sekretärin der Organisation, während Frida Laski Sekretärin für Propaganda war. (1) 1967 wurde unter einer Labour-Regierung ein Gesetz verabschiedet, das Abtreibungen in einigen Fällen legalisierte. (1) Harold Laski war ein säkularer Jude. Sein Bruder Neville Laski spielte eine führende Rolle in der britisch-jüdischen Gemeinde, denn er war Vizepräsident der Anglo-Jewish Association sowie Präsident des seit 1760 bestehenden „Board of Deputies of British Jews“. Er gehörte auch zur Führung der Jewish Agency for Palestine, einer zionistischen Organisation. Der Vater der Laski-Brüder, Nathan Laski, wurde als das Oberhaupt der jüdischen Gemeinde von Manchester anerkannt. Er war Ehrenpräsident des örtlichen Zionist Central Council und Schatzmeister des Board of Deputies. (1, 2, 3)
Arthur Greenwood (1880–1954) war stellvertretender Vorsitzender der Labour-Partei und Lord Privy Seal. Er engagierte sich eine Zeit lang in der Fabian Society. (1) Er trat der New Welcome Lodge bei. Diese Freimaurerloge bestand ursprünglich aus Mitgliedern der Labour-Partei. Sie wurde 1929 mit der Unterstützung des Prinzen von Wales (der spätere König Edward VIII.) gegründet. Der Prinz, selbst ein Freimaurer, zeigte sich besorgt, dass es bei der Labour-Partei zu wenig Freimaurer gibt, was sich ändern sollte. Es gab die Idee, dass die Freimaurerei dabei helfen könnte, Klassenkonflikte zu mildern. Dem Labour-Premierminister Clement Attlee, ein Fabian und Lehrer der LSE, wurde nachgesagt, Freimaurer zu sein. (1, 2, 3)
Auch in den letzten Jahrzehnten gehörten viele Fabians der Labour-Partei an und hatten an der LSE studiert. Nachdem 1997 der Labour-Politiker Tony Blair Premierminister wurde, sassen über 200 Fabians im Unterhaus und machten damit fast ein Drittel aus. Der Labour-Politiker Sadiq Khan, derzeitiger Bürgermeister von London, war von 2008 bis 2010 Vorsitzender der Fabian Society. Der Labour-Politiker Keir Starmer, der kürzlich Premierminister wurde, sass auch im Vorstand der Fabians. Die Gesellschaft spielte 2024 eine wichtige Rolle bei der Ausarbeitung des Wahlprogramms der Labour-Partei. (1) Starmer sagte im Frühling 2024: „Ich hoffe und weiss, dass die Fabians uns bei unserer Mission für ein Jahrzehnt der nationalen Erneuerung erneut zur Seite stehen werden.“ (1) Starmer ist Mitglied der Trilateralen Kommission. (1)
Jeder Premierminister der Labour-Partei gehörte zur Fabian Society. Derzeit sind hunderte Labour-Politiker Mitglied der Gesellschaft. Dazu zählen auch mehrere Regierungsmitglieder. (1)
Seit den 90er-Jahren ist die Labour-Partei mehr sozialdemokratisch als sozialistisch, was vor allem auf den Premierminister Tony Blair zurückzuführen ist. Tony Blair, ein Schotte, war oder ist noch immer Vorsitzender des internationalen Rates der mächtigen Grossbank JPMorgan Chase. (1) Er war ein Freund des verstorbenen Barons Jacob Rothschild. (1) Blair war Taufpate einer Tochter des mächtigen Medienmoguls Rupert Murdoch. (1) Murdoch und Blair besuchten Jacob Rothschild, als dieser ein Mittagessen zum 100. Geburtstag von Henry Kissinger veranstaltete. (1)
Die Fabian Society geht Partnerschaften mit dem Grosskapital ein. Zu den derzeitigen Partnern zählen die alten Grossbanken Barclays und Lloyds, der führende Wirtschaftsprüfer KPMG sowie der Barrow Cadbury Trust und die Joseph Rowntree Foundation, zwei Stiftungen. Leser meines Blogs werden vielleicht wissen, dass diese fünf Institutionen von britischen Quäkerfamilien gegründet wurden. Zu den Partnern der Fabian Society gehören momentan unter anderem die City of London Corporation (also das britische Bankenviertel), britische Verbände der Pharma-, Apotheken- und Versicherungsindustrie, der Gesundheitskonzern McKesson (eines der grössten Unternehmen der USA), der US-amerikanische Pharmakonzern Viatris, die Royal London Group, Vodafone, der WWF sowie die sozialdemokratische Friedrich-Ebert-Stiftung aus Deutschland.
Die Fabian Society und die Labour-Partei haben zwar einzelne Aspekte der Monarchie kritisiert, aber nie ernsthaft versucht, die Monarchie abzuschaffen. Erstaunlicherweise hatten mehrere Premierminister der Labour-Partei (z. B. Harold Wilson) ein besseres Verhältnis zum Königshaus als einige Premierminister der Konservativen Partei. (1, 2, 3) Also ein grosser Unterschied zu Osteuropa, Afrika und Asien, wo eine ganze Reihe an Monarchien von Sozialisten abgeschafft wurden. In einem Blogartikel der Fabian Society werden sogar die Königshäuser von Schweden, Norwegen und Dänemark dafür gelobt, dass sie in ihren Ländern eine sozialistische Politik ermöglicht haben. Die drei Länder zählen nach dem Social Progress Index genau wie die Monarchie Niederlande zu den zehn sozial fortschrittlichsten Ländern der Welt. Die vier Länder sind nach dem Social Justice Index die Nationen mit der grössten sozialen Gerechtigkeit, während Grossbritannien den elften Platz belegte. Schweden, Norwegen und Dänemark haben eine hohe Steuerquote, hohe Besteuerung der Reichen* und sehr viele Staatsbedienstete, aber haben dennoch ein unternehmerfreundliches System. Ihr System ist somit vom Staatssozialismus und Marxismus zu unterscheiden.
* Die superreichen skandinavischen Familien Wallenberg, Møller und Kamprad haben bekanntermassen einen grossen Teil ihres Vermögens in Stiftungen angelegt.
1947 wurde die australische Fabian Society gegründet, die enge Verbindungen zur dortigen Labor-Partei hat. Die Partei stellt den derzeitigen Premierminister Anthony Albanese. Australien war früher eine britische Kolonie und ist bis heute eng mit Grossbritannien verbunden. Auch in der ehemaligen Kolonie Neuseeland gibt es eine Fabian Society.
1899 wurde in der britischen Kolonie Queensland in Australien die erste sozialistische Regierung der Welt gewählt, die aber nur für ein paar Tage bestand. (1, 2, 3)
George Bernard Shaw
Bertrand Russell, Edward Pease und Lionel Walter Rothschild waren zur selben Zeit im Führungsgremium der LSE wie Charlotte Shaw. (1) Diese war Mitglied der Fabian Society. (1) Ihr Ehemann war der Dramatiker Bernard Shaw (1856–1950), der den Nobelpreis für Literatur und einen Oscar erhielt. Der glühende Sozialist wurde nach der Gründung der Fabian Society 1884 Mitglied der Gesellschaft und gehörte zu ihrer Führung. Er beteiligte sich an der Gründung der LSE. (1) Er war mit Bertrand Russell befreundet. (1)
Bernard Shaw war bereits seit 1880 in der malthusianischen Bewegung aktiv. (1) Er war radikaler Eugeniker. 1934 forderte er, dass Chemiker ein Gas entwickeln sollten, das schnell und schmerzlos tötet, damit man die Lebensunwerten auf „humane“ Weise beseitigen könnte. (1) Bei einer Sitzung der Eugenics Society schlug er vor, „Tötungskammern“ einzusetzen. Der frühe Labour-Politiker Will Crooks, ein Mitglied der Fabian Society, sah die Minderwertigen als „menschliches Ungeziefer“, das „herumkriecht und absolut nichts tut, ausser alles zu verschmutzen und zu verderben, was es berührt“. (1, 2) Für Bernard Shaw war die Eugenik Teil des Sozialismus. Er schrieb: „Der einzig grundlegende und mögliche Sozialismus ist die Sozialisierung der selektiven Züchtung des Menschen.“ Die Eugenik wird vor allem mit den Nazis in Verbindung gebracht, aber sie war auch in der politischen Linke verbreitet. Im linken, demokratischen Schweden wurden von 1935 bis 1976 über 60 000 Frauen in einem vom Staat genehmigten Rassenreinheitsprogramm sterilisiert. (1) Die Fabian Society hatte früher im Zusammenhang mit der Eugenik Sterilisation befürwortet. (1)
Bernard Shaw und H. G. Wells hatten ein freundschaftliches Verhältnis zum Premierminister Winston Churchill. (1) Alle drei waren wie gesagt Eugeniker. Shaw war ein Freund des Eugenikers Keynes. (1)
In der Anfangszeit der Labour-Partei gab es in der Parteiführung auch Antisemitismus, der sich vor allem gegen reiche, kapitalistische Juden richtete, während linke Juden aber bei der Labour-Partei und der Fabian Society willkommen waren. Der erste Labour-Premierminister Ramsay MacDonald sagte über die jüdischen Finanziers: „Er beutet alles aus, was er herauspressen kann. Er steckt hinter allem Bösen, das Regierungen tun, und seine politische Autorität, die er immer im Verborgenen ausübt, ist grösser als die der parlamentarischen Mehrheiten.“ MacDonald war aber Zionist. Er hatte die Vision, dass Grossbritannien einen sozialistischen Judenstaat in Palästina gründen sollte. (1) Grossbritannien kontrollierte damals Palästina. 1948 übergab die damalige Labour-Regierung einen Teil von Palästina den Juden, was von der UN unterstützt wurde. Israel wurde von seiner Gründung bis in die 70er-Jahre von der sozialistischen Mapai-Partei und ihrem Nachfolger, der israelischen Labor-Partei, dominiert. Der Israelgründer David Ben-Gurion war Sozialist. Israel hat sich seit den 80er-Jahren vom Sozialismus abgewandt und in den folgenden Jahrzehnten zu einem kapitalistischen Land entwickelt.
Bernard Shaw war Antisemit. Er hatte Verständnis für Adolf Hitler und meinte, die Nazis seien „das Ergebnis der Massenunzufriedenheit über den jüdischen Reichtum“. Er schrieb: „Zweifellos sind Juden widerwärtige Kreaturen. Jeder kompetente Historiker oder Psychoanalytiker kann eine Menge unwiderlegbarer Beweise vorlegen, die belegen, dass es für die Welt besser gewesen wäre, wenn es die Juden nie gegeben hätte.“ 1933 schrieb er, dass zur Lösung des Judenproblems die Ausrottung der Juden nicht notwendig sei, da es genügen würde, wenn man den Juden verbietet, untereinander zu heiraten, wodurch sich die jüdische Identität nach paar Generationen von alleine auflösen würde. (1) Bereits Frühsozialisten wie Proudhon, Fourier und Leroux übten heftige Kritik an den reichen jüdischen Geschäftsleuten. Proudhon forderte, man müsse die Juden vertreiben oder ausrotten. (1) Bernard Shaw hatte ein paar reiche Juden kennengelernt. Er und H. G. Wells nahmen 1930 an einer Spendenaktion zur Unterstützung der europäischen Juden teil, bei der Lord Rothschild den Vorsitz des Komitees innehatte. (1, 2)
Bernard Shaw stammte aus dem schottischen Shaw Clan. (1, 2) Die Schwester seiner Frau war Mary Payne-Townshend, deren Tochter in den Adel heiratete. Mary heiratete den Brigadegeneral Hugh Cholmondeley, der dieselben Vorfahren wie die Markgrafen von Cholmondeley hatte. (1)
Sidney und Beatrice Webb
Bernard Shaw war über 60 Jahre mit Sidney Webb (1859–1947) befreundet. (1) Dieser war ein frühes Mitglied der Fabian Society und Mitgründer der LSE. Als die Labour-Partei 1924 zum ersten Mal die Regierung stellte, wurde Sidney Webb ein hoher Handelspolitiker und später noch Minister für die britischen Kolonien. 1924 wurde er in den Privy Council aufgenommen und 1929 erhielt er den Adelstitel eines Barons. (1, 2, 3)
Sidney Webb hatte seine Ehefrau Beatrice (1858–1943) bei einem Treffen der Fabian Society im Jahr 1885 kennengelernt. Das Ehepaar inspirierte die Schaffung des Wohlfahrtsstaates, schrieb das erste politische Programm der Labour-Partei und gründete die bis heute bestehende linke Zeitung New Statesman. (1) Beatrice Webb übernahm eine führende Rolle bei der Fabian Society und zählte zu den Gründern der LSE. Sie sass im Führungsgremium der Universität zusammen mit Bertrand Russell, Charlotte Shaw, Edward Pease und Lionel Walter Rothschild. Sidney Webb war der erste Vorsitzende des Gremiums. Beatrice Webb war eine Unterstützerin des Völkerbundes. (1, 2) Dieser war der Vorläufer der UN.
Bertrand Russell und H. G. Wells lernten sich im Jahr 1902 bei einer kleinen Diskussionsgesellschaft kennen, die von Sidney Webb gegründet wurde. (1) H. G. Wells zerstritt sich mit Sidney und Beatrice Webb, aber später wurden sie wieder gute Freunde. (1) Bertrand Russell kannte das Ehepaar sehr gut. (S. 73) Das Ehepaar verkehrte auch mit Keynes. (1)
Sidney und Beatrice Webb waren Eugeniker. Beatrice betrachtete die Eugenik als „die wichtigste Frage“ überhaupt. (1) Sie war überzeugt, dass sie überlegene Gene hat und beschrieb sich selbst als „das klügste Mitglied einer der klügsten Familien in der klügsten Klasse der klügsten Nation der Welt“. Sie und ihre Freunde stellten sich eine Zukunft vor, in der die Welt von einer Elite regiert wird, die aus überlegenen Menschen besteht und bestimmen kann, wer sich fortpflanzen darf und wer nicht. (1)
Die Webbs gründeten 1902 die Coefficients, einen Dining Club, der nur für ein paar Jahre bestand. Neben Bertrand Russell, H. G. Wells und Richard Haldane (Onkel von J. B. S. Haldane) zählten zu den Mitgliedern auch die ersten drei Direktoren der LSE: William Hewins, William Reeves (Freimaurer) und Sir Halford Mackinder. Letzterer gilt als einer der Begründer der Geopolitik. Zwei weitere Mitglieder des Coefficients-Clubs waren der Freimaurer Leopold Amery und der geadelte Vizegraf Alfred Milner. (1) Die beiden waren hohe Kolonialpolitiker. Der Historiker Carroll Quigley, der offenbar Zugang zu Insiderinformationen hatte, schrieb, dass Alfred Milner und seine Kumpels ein geheimes, verschwörerisches Netzwerk aufbauten, das sehr grossen Einfluss in der Welt ausübte und von Briten angeführt wurde. (1)
Die Aschen von Sidney und Beatrice Webb liegen in der Westminster Abbey, einer der wichtigsten anglikanischen Kirchen. Es war der Vorschlag von Bernard Shaw, sie dort zu bestatten. (1, 2) Die Westminster Abbey gehört der Königsfamilie. Über hundert Mitglieder der Königsfamilie wurden in dieser Kirche bestattet. Der Monarch wird traditionell in der Westminster Abbey gekrönt. Dass die Webbs in der Kirche beigesetzt wurden, deutet stark darauf hin, dass sie vom Königshaus respektiert wurden.
Beatrice Webb wurde in der oberen Mittelschicht geboren. (1) Ihr Vater war der Geschäftsmann Richard Potter, der als Vorsitzender der Great Western Railway fungierte, einer grossen Eisenbahngesellschaft. (1, 2) Der Ehemann von Richards Schwester Sarah kam väterlicherseits aus der Adelsfamilie Anson und mütterlicherseits aus einem adligen Familienzweig des schottischen Hamilton Clans. Richards gleichnamiger Vater war Politiker und sein Onkel Thomas Potter Geschäftsmann. Thomas und sein Sohn John waren Bürgermeister von Manchester und wurden zu Rittern ernannt. (1, 2)
Beatrice Webb war die Schwester von Catherine Potter, die den Politiker Leonard Courtney heiratete, der zum Baron erhoben wurde. Theresa Potter, eine andere Schwester, heiratete Charles Cripps, ebenfalls ein geadelter Baron. Cripps war in der Labour-Regierung Vorsitzender des House of Lords sowie auch Vorsitzender des Privy Council. Theresa und Charles Cripps waren die Eltern von Stafford Cripps, der Politiker der Labour-Partei wurde, mehrere Ministerposten besetzte, Präsident der Fabian Society war und zum Fellow der Royal Society ernannt wurde. (1, 2, 3, 4) Die Schwester Georgina Potter heiratete Daniel Meinertzhagen, einen reichen Bankier aus einer deutschen Einwandererfamilie. Ihr Sohn Richard Meinertzhagen war ein bekannter britischer Geheimdienstagent. (1, 2) Richards Neffe Daniel Meinertzhagen war Vorsitzender der britischen Lazard Bank. (1) Richards Nichte Teresa Mayor heiratete Baron Victor Rothschild aus dem britischen Zweig der Rothschilds. Teresa und Victor arbeiteten gemeinsam beim britischen Geheimdienst MI5. (1, 2, 3) Victor wurde beschuldigt, ein sowjetischer Spion zu sein. Er vertrat die Labour-Partei im House of Lords. (1, 2, 3)
William Beveridge
Sidney und Beatrice Webb hatten für viele Jahre Kontakt zum Politiker William Beveridge (1879–1963). Dieser war von 1919 bis 1937 Chef der LSE. Er erhielt den Titel eines Barons. (1, 2, 3) Er konnte mit der Finanzierung der Rockefeller Foundation eine Abteilung für Sozialbiologie an der LSE eröffnen. Die LSE erhielt beträchtliche Mittel von der Stiftung. (1) Als David Rockefeller zum Studieren an die LSE kam, besorgte ihm Beveridge eine Unterkunft und eine Hausgehilfin. (1)
Der Vater von William Beveridge war ein Schotte, der als Beamter in der britischen Kolonie Indien arbeitete und Präsident der Asiatic Society war. (1)
William Beveridge verfasste 1942 den Beveridge-Bericht, der grossen Einfluss auf die Gründung des Wohlfahrtsstaates in Grossbritannien hatte. Beveridge gilt als der Geburtshelfer des Wohlfahrtstaates. Ursprünglich war er der Auffassung gewesen, dass Langzeitarbeitslose ihre Rechte verlieren sollten und keine Kinder bekommen dürfen. Im Jahr 1909 meinte er, dass „jene Männer, die aufgrund allgemeiner Mängel nicht in der Lage sind, eine solche Stelle in der Industrie auszufüllen, sollen als arbeitsunfähig anerkannt werden. Sie müssen zu anerkannten Abhängigen des Staates werden, aber mit vollständigem und dauerhaftem Verlust aller Bürgerrechte, einschliesslich nicht nur des Wahlrechts, sondern auch der bürgerlichen Freiheit und der Vaterschaft.“ In den späten 1930er-Jahren erfolgte die detaillierte Planung des Wohlfahrtsstaates. Ein Grossteil davon wurde bei Treffen der Eugenics Society ausgearbeitet. Beveridge war Mitglied der Eugenics Society. Die Gesellschaft wollte, dass Familien aus der Mittelschicht mehr Kindergeld bekommen als jene aus der Unterschicht und dass die Zahl der Kinder in armen Haushalten begrenzt wird. Die Idee dahinter war, dass sich so die Mittelschicht stärker vermehren würde als die Unterschicht, womit man langfristig die Armut bekämpfen könnte. (1, 2, 3)
Neben Beveridge spielte auch der LSE-Professor Richard Titmuss eine wichtige Rolle bei der Einführung des britischen Wohlfahrtstaates. Er war ebenfalls Eugeniker. Er gehörte zur Eugenics Society und war Herausgeber ihrer Zeitschrift. Dabei arbeitete er mit Keynes zusammen. 1961 schrieb Titmuss einen Bericht für den Gouverneur der britischen Kolonie Mauritius, weil man besorgt war über das hohe Bevölkerungswachstum in der Kolonie. (1, 2, 3)
Beveridges Nachfolger als Chef der LSE war der Eugeniker Alexander Carr-Saunders, der das Population Investigation Committee gründete und leitete. Diese kleine Forschungsgruppe untersuchte die Bevölkerungsentwicklung in Grossbritannien und seinen Kolonien. (1, 2, 3) Das Komitee besteht bis heute und ist an der LSE untergebracht. (1)
William Beveridge gehörte wie Bertrand Russell und Clement Attlee (Labour-Premierminister) zu den Unterzeichnern einer Aufforderung zur Ausarbeitung einer Weltverfassung. (1) Beveridge hatte im House of Lords die bereits erwähnte Debatte zum Thema Weltregierung angestossen, bei der er eine Rede hielt, in der er sagte, dass Grossbritannien am besten geeignet sei, die Weltregierung anzuführen. (1)
Das Buch A Modern Utopia von H. G. Wells war das Werk, das Beveridge am meisten beeinflusste. (S. 484) In dem Roman geht es um eine Weltregierung.
William Beveridge liess sich auch von den Schriften von Thomas Huxley inspirieren. (1) Dieser war der Grossvater der Huxley-Brüder und ein Lehrer von H. G. Wells.
Beveridge war ein enger Freund von Bernard Shaw. (1)
Leonard und Virginia Woolf
Sidney und Beatrice Webb verkehrten mit Leonard Woolf (1880–1969) und dessen Frau Virginia Woolf (1882–1941), beides Schriftsteller. (1) Leonard Woolf, der Sohn eines jüdischen Kronanwalts, war eine führende Persönlichkeit der Fabian Society und eine graue Eminenz der Labour-Partei, als diese Regierungspartei wurde. Mit Anfang zwanzig hatte er als Kolonialbeamter in der britischen Kolonie Ceylon zehntausend Quadratmeilen verwaltet. Seine Schriften flossen in die Charta des Völkerbundes (Vorgänger der UN) ein. (1, 2) Von 1918 bis 1946 war Leonard Woolf bei der Labour-Partei für internationale Fragen zuständig. Die Webbs hatten ihn beauftragt, Forschungen über internationale Aussenpolitik zu betreiben, worauf er 1916 das Buch International Government schrieb, das sein einflussreichstes Werk war. Das Buch hatte Einfluss auf die britischen Vorschläge für einen Völkerbund und wurde von britischen Delegierten auf der Friedenskonferenz von Versailles zitiert. (1, 2) Leonard Woolf verfasste das Buch für die Forschungsabteilung der Fabian Society. In dem Buch malt er sich aus, wie eine Weltregierung aussehen und errichtet werden könnte. Bernard Shaw schrieb die Einführung des Buches. (1) H. G. Wells bezeichnete in seinem Buch The New World Order das Buch von Woolf als „eine lohnende Lektüre“. (S. 156)
Leonard und Virginia Woolf gründeten den Buchverlag Hogarth Press, der Bücher von H. G. Wells, Bernard Shaw und Keynes veröffentlichte. (1, 2) Keynes lebte eine Zeit lang im selben Haus wie Leonard und Virginia Woolf. (S. 63) Leonard Woolf war ein Freund von Bertrand Russell. (1) Er kannte Aldous Huxley. (1) Virginia Woolf war mit Bernard Shaw befreundet. (1)
Leonard Woolf war der Bruder von Bella Woolf. Deren Ehemann Robert Heath Lock hatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts grossen Einfluss auf das noch junge Gebiet der Genetik. (1) Bellas zweiter Ehemann, Sir Thomas Southorn, war Gouverneur der britischen Kolonie Gambia und Kolonialminister von Hongkong.
Leonards Bruder hatte Kontakt zu James de Rothschild, der zu seinem Verwandtenkreis gehörte. (1)
Virginia Woolfs Vater Leslie Stephen wurde zum Ritter ernannt.
Virginia war die Halbschwester von Sir George Duckworth, der eine Tochter des Grafen Henry Herbert heiratete. (1, 2) Der Graf war Minister für die britischen Kolonien und stellvertretender Grossmeister der Freimaurer in England. (1) Duckworths Enkel Anthony Duckworth-Chad ist der Schwiegersohn der Adligen Anne Spencer. (1) Diese war die Tante von Prinzessin Diana. (1)
Virginias Mutter Julia Stephen war mütterlicherseits eine Nichte der bedeutenden Fotografin Julia Margaret Cameron. (1, 2) Julias Mann, Charles Hay Cameron, gehörte zum Council of India, ein Beratungsgremium des Ministers für die britische Kolonie Indien. Charles’ Vater war Gouverneur der Kolonie Bahamas und der Ururgrossvater war Clan-Chef des schottischen Cameron Clans. Charles’ Grossvater mütterlicherseits war James Hay, der 15. Graf von Erroll und Clan-Chef des Hay Clans. (1, 2) Der Graf war Grossmeister der Freimaurer in Schottland. (1)
Virginia Woolf hatte eine Affäre mit Vita Sackville-West. (1, 2) Vita gehörte zur Adelsfamilie Sackville-West.
Virginia Woolf führte auch eine Affäre mit Ottoline Morrell, die wiederum eine Affäre mit Bertrand Russell hatte. Ottoline kam aus der Herzogsfamilie Cavendish-Bentinck. Ihre Cousine aus dem schottischen Lyon Clan war die Mutter von Queen Elizabeth II. (1, 2) Ottoline kannte Aldous Huxley. (1)
Leonard Woolf und sein Schwiegervater sowie Keynes und auch Bertrand Russell waren Mitglied der Cambridge Apostles, einer geheimen Diskussionsgruppe an der Eliteuniversität Cambridge. (1, 2, 3) Laut einem Artikel des deutschen Manager-Magazins aus dem Jahr 2005 waren auch Aldous Huxley und Charles Darwin Mitglied der Gruppe. (1) Zur Gruppe gehörten Guy Burgess, Donald Maclean, Anthony Blunt und laut einigen Quellen auch Kim Philby, vier Männer der Cambridge Five, die später als sowjetische Spione entlarvt wurden. Die Cambridge Five waren der bekannteste Spionagering in Grossbritannien. Zu den Cambridge Apostles zählte auch der bereits erwähnte Baron Victor Rothschild, der beschuldigt wurde, ein sowjetischer Spion zu sein. (1, 2)
Die Cambridge Apostles wurden 1820 vom anglikanischen Bischof George Tomlinson gegründet. Seine Frau kam aus den schottischen Clans Fraser, Mackenzie, Forbes und Hay. (1, 2)
Mitglieder der Cambridge Apostles gründeten die Bloomsbury Group, eine Gruppe von britischen Intellektuellen im frühen 20. Jahrhundert. Zu ihren Kernmitgliedern zählten Leonard und Virginia Woolf, Keynes, der Maler Roger Fry (aus der Quäkerfamilie Fry), der Maler Duncan Grant (ein Spross des schottischen Grant Clans und Enkel eines Kolonialgouverneurs) und der Journalist Desmond MacCarthy. (1) Nach Angaben von Wikipedia stammte Desmond MacCarthy von der irischen Adelsdynastie MacCarthy ab. Seine Tochter heiratete in die einflussreiche Adelsfamilie Cecil und sein Sohn in die Buxton Familie. Sein Schwager William Warre-Cornish heiratete eine Tochter von Georgina Potter (Schwester von Beatrice Webb). MacCarthys Schwägerin Cecilia Warre-Cornish war die Frau von Sir William Fisher, dessen Schwester Florence einen Sohn von Charles Darwin heiratete. (1)
Bertrand Russell, Aldous Huxley sowie Siegfried Sassoon (aus der damals sehr reichen Sassoon Familie) verkehrten mit Mitgliedern der Bloomsbury Group. (1, 2, 3)
Leonard Woolf gründete den 1917 Club. Der linke Club bestand für fünfzehn Jahre. In der Wikipedia steht momentan, dass folgende Personen zum Club gehörten: Aldous Huxley, H. G. Wells, der erste Labour-Premierminister Ramsay MacDonald, ein Mitglied der Buxton Familie, der Adlige Oswald Mosley (späterer Anführer der Faschisten) und der in England lebende Inder Shapurji Saklatvala. Letzterer kam mütterlicherseits aus der Tata Familie, die bis heute zu den mächtigsten Indern gehört.
Feministen
Einige Frauen der Fabian Society gehörten zu den frühen Feministinnen in Grossbritannien. (1) Eine der wichtigsten war Emmeline Pankhurst (1858–1928), die dabei half, dass Frauen in Grossbritannien das Wahlrecht erhielten. Sie war ein frühes Mitglied der Fabian Society und war mit dem Schotten Keir Hardie befreundet, dem Gründer der Labour-Partei. (1, 2) Emmeline Pankhurst war rassistische Eugenikerin. (S. 141–144) Ihr Mann Richard, ein glühender Sozialist und Frauenrechtler, gehörte den Freimaurern an. (1, 2) Ihre Tochter Sylvia gründete und leitete die Workers Socialist Federation, eine sozialistische Partei. Die Tochter Adela zog in die britische Kolonie Australien, wo sie zu den Hauptgründern der Kommunistischen Partei Australiens gehörte. Adela war auch Organisatorin von Australia First Movement, eine profaschistische, pronazistische, antisemitische Organisation in Australien während des Zweiten Weltkrieges.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren mehrere der führenden Feministinnen im angelsächsischen Raum Eugenikerinnen. (1) Eine davon war die Britin Marie Stopes (1880–1958), die grosse Pionierin der Schwangerschaftsverhütung. Sie wollte die „Horden der Gebrechlichen“ reduzieren, um so die „Gesunden“ weniger zu belasten. Sie enterbte ihren Sohn, weil er eine kurzsichtige Frau heiratete und damit ein genetisch minderwertiges Kind zeugen würde. (1) Marie Stopes war Mitglied der Eugenics Society. (1, 2) Sie nahm 1935 an einem Kongress für Bevölkerungswissenschaften in Deutschland teil, der von den Nazis veranstaltet wurde. 1939 schrieb sie einen freundlichen Brief an Adolf Hitler. (1, 2) In einem Buch aus dem Jahr 1920 beschreibt Stopes den „glorreichen Traum“ von einem Menschenschlag, der nur aus gutaussehenden Frauen und Männern besteht. Sie kritisierte in dem Buch den „riesigen und immer grösser werdenden Bestand an degenerierten, schwachsinnigen und unausgeglichenen Menschen“. Diese würden sich zu schnell vermehren und seien wie ein „Parasit auf dem gesunden Baum, der seine Lebenskraft aussaugt“. Weiter schrieb sie: „Doch wenn das Gute in unserer Rasse nicht von den Minderwertigen überschwemmt und vernichtet werden soll wie der schöne Baum vom Parasiten, muss diese wuchernde Verderbtheit eingedämmt werden. Wie soll das geschehen? Einige wenige, ganz einfache Parlamentsgesetze könnten dies bewerkstelligen.“ Als Lösung für dieses Problem nannte sie die Sterilisierung: „Wenn Gesetze erlassen werden, die die Unfruchtbarkeit der hoffnungslos verdorbenen und rassisch kranken Menschen sicherstellen und für die Erziehung der gebärfähigen Frau sorgen, damit sie ihre Kinder gesund zur Welt bringt, wird unsere Rasse den Strom des verderbten, hoffnungslosen und elenden Lebens, der gegenwärtig in unserer Mitte immer mehr zunimmt, rasch unterdrücken.“ (S. 218–223)
Marie Stopes war eine Zeit lang Mitglied der Malthusian League. (S. 157) Sie gehörte zum ersten Vorstand der Family Planning Association. (1)
Marie Stopes hatte ein romantisches Verhältnis mit Lord Alfred Douglas. (1) Dieser war der Sohn eines Markgrafen aus dem schottischen Douglas Clan. Stopes wurde in Schottland geboren und hatte eine schottische Mutter.
Marie Stopes war über 30 Jahre mit Bernard Shaw befreundet und kannte H. G. Wells und Virginia Woolf. (1) Stopes hatte bei ihrem Engagement für Verhütung Kontakt zu Bertrand Russell, der Mitglied ihrer Organisation für Geburtenkontrolle war. (1) Keynes wurde Vice President der Organisation. (1, 2)
1976 kam es zur Gründung von Marie Stopes International, einer der weltweit führenden Abtreibungsorganisationen, die nach Stopes benannt wurde. Die Organisation änderte 2020 ihren Namen zu MSI Reproductive Choices, weil sie sich von Stopes’ Ansichten zur Eugenik distanzieren wollte.
Neben MSI Reproductive Choices ist die „International Planned Parenthood Federation“ die wohl wichtigste internationale Organisationen für Abtreibungen. Sie wurde von Margaret Sanger (1879–1966) gegründet. Sanger war eine bedeutende Frauenrechtlerin in den USA und Pionierin der dortigen Bewegung für Bevölkerungskontrolle. Deswegen geriet Sanger mehrmals mit der Justiz in Konflikt. Sie befürwortete die Eugenik und Zwangssterilisation. 1921 schrieb sie: „Das dringendste Problem heute ist, wie man die Überfruchtbarkeit geistig und körperlich Behinderter begrenzen und verhindern kann.“ (1, 2) Sie meinte 1950, dass Hitlers Eugenikpolitik kein Vorwand sein darf, die Sterilisation von Menschen mit „körperlicher und geistiger Dysgenie“ zu beenden. (1) Sanger erhielt finanzielle und ideelle Unterstützung von der Rockefeller Familie. (1, 2, 3) Ihr gelang es, viele Frauen von mächtigen Amerikanern für ihr Engagement zu gewinnen. Darunter waren die Frauen von William Kissam Vanderbilt, Corliss Lamont, Henry Phipps, Henry Morgenthau Jr., Otto Kahn, Ogden Mills Reid und Henry Havemeyer. (S. 302)
Margarets erster Ehemann, William Sanger, war ein jüdischer Architekt. (1, 2)
Margaret Sanger hatte Marie Stopes kennengelernt. (S. 101)
Margaret Sanger hielt 1915 in London eine Rede vor der Fabian Society. (1) Damals sympathisierte Sanger mit dem Sozialismus. Sie trat dem Frauenkomitee der Sozialistischen Partei in New York bei. (1, 2, 3)
Margaret Sanger war Präsidentin der Malthusian League in den USA. (1) Sie nahm 1922 in London an der fünften internationalen Neomalthusianischen Konferenz teil. 1925 veranstaltete Sanger die sechste Neomalthusianische Konferenz, die erste Konferenz dieser Art in den USA. Mit Unterstützung der Rockefeller Foundation organisierte Sanger 1927 die erste Weltbevölkerungskonferenz, die in Genf, Schweiz, stattfand. Zu den Teilnehmern der Konferenz zählten Julian Huxley und Keynes. (1) Sanger war der Überzeugung, dass der Völkerbund (Vorläufer der UN) sich „für die Bevölkerungsprobleme der Welt interessieren und durch wissenschaftliche Erkenntnisse zu deren Lösung beitragen muss“. (S. 283)
Margaret Sanger hatte eine Affäre mit H. G. Wells, der über Sanger sagte: „Sie ist die grossartigste Frau der Welt. Die Bewegung, die sie ins Leben gerufen hat, wird in hundert Jahren die einflussreichste aller Zeiten sein, wenn es darum geht, die Geschicke der Menschen auf der Erde zu lenken.“ (1, 2) Zur Erinnerung: H. G. Wells war besessen vom Gedanken, eine Weltregierung zu errichten.
Margaret Sanger hatte bei ihrem Engagement für Geburtenkontrolle Julian Huxley, Bernard Shaw und Keynes kennengelernt. (1) Nach Angaben von ChatGPT hatte sie dabei auch Kontakt zu Bertrand Russell und Beatrice Webb.
Margaret Sangers Enkel Alexander wurde 2001 Goodwill-Botschafter des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA). (1) Der UNFPA ist die wohl wichtigste Organisation der UN für Bevölkerungskontrolle. (Mehr dazu)
Im angelsächsischen Raum war die Bewegung für Bevölkerungskontrolle von Anfang an mit der feministischen Bewegung verbunden. Der Feminismus forderte, dass Frauen selbst bestimmen dürfen, ob, wann und wie viele Kinder sie bekommen. Die Lobby für Bevölkerungskontrolle wollte, dass Frauen generell weniger Kinder bekommen. Die beiden Bewegungen hatten somit unterschiedliche Motivationen, aber dasselbe Ziel. Bis heute ist bei der Lobby für Bevölkerungskontrolle üblich, die reproduktiven Rechte der Frauen als Vorwand zu nutzen. Wenn man die Webseiten von Organisationen wie Planned Parenthood, Population Council und Population Action International besucht, könnte man auf den ersten Blick meinen, es handle sich um Organisationen, die sich ausschliesslich für Frauenrechte starkmachen. Allerdings heisst der Population Council ja nicht Womens Rights Council. Die Lobby für Bevölkerungskontrolle weiss ganz genau, dass sie viele Kritiker hat. Sie schützt sich vor der Kritik, indem sie den Eindruck vermittelt, sie möchte lediglich die Selbstbestimmung der Frauen unterstützen, aber jeder, der sich mit der Lobby beschäftigt hat, weiss, dass es darum geht, das Bevölkerungswachstum zu hemmen.
Aus Sangers Netzwerk für Bevölkerungskontrolle ging auch der 1952 gegründete deutsche Verein pro familia hervor. Sein Gründer und Präsident war Hans Harmsen. Dieser setzte sich dafür ein, dass die „erbbiologisch hochstehenden, sozial leistungsfähigen Schichten“ mehr Kinder bekommen als die „untüchtigen, minderwertigen Bevölkerungsgruppen“. Harmsen war zuvor im Naziregime Fachmann für Eugenik gewesen und hatte dabei Zwangssterilisation befürwortet. (1, 2)
Die frühe britische Feministin Annie Besant (1847–1933) trat 1885 der Fabian Society bei, also ein Jahr nach der Gründung der Gesellschaft. (1) Sie gehörte zum Exekutivkomitee der Fabians. (1) Über die Gesellschaft kannte sie Edward Pease, Bernard Shaw, Emmeline Pankhurst sowie Sidney und Beatrice Webb. Laut ChatGPT kannte sie auch Bertrand Russell, Keynes, H. G. Wells, die Huxley-Brüder, William Beveridge, Margaret Sanger und Marie Stopes.
Annie Besant war Aktivistin für Geburtenkontrolle. 1877 gründete sie zusammen mit Charles Bradlaugh die Malthusian League. (1, 2) Wie in Kapitel 1 bereits erwähnt wurde, war Bradlaugh Freimaurer.
1877 wurden Besant und Bradlaugh wegen Obszönität vor Gericht gestellt, weil sie Schriften herausgaben, die sich mit der Geburtenkontrolle befassten. Die beiden wurden später freigesprochen. (1, 2)
Annie Besants Grossvater war ein Bruder von Matthew Wood. (1) Dieser wurde zum Baronet geadelt und war Bürgermeister der City of London (britisches Bankenviertel). Sein Sohn William Wood, ein geadelter Baron, hatte das hohe und angesehene Amt des Lordkanzlers inne.
Annies Schwager Sir Walter Besant war Freimaurer und Mitgründer einer Loge. (1, 2)
Annie Besant stand dem Christentum sehr kritisch gegenüber. Sie wurde in Frankreich in den internationalen Freimaurerorden Le Droit Humain (Co-Freemasonry) aufgenommen. Somit waren die beiden Hauptgründer der Malthusian League Freimaurer. Le Droit Humain wurde 1893 von Franzosen gegründet und besteht bis heute. Besant führte den Orden in England ein. Sie erreichte den 33. Grad des Ordens und trat seinem obersten Rat bei. Sie wurde Grosskommandant (Vorsitzender) des Rates. 1912 war sie Mitgründerin des Ordens des Tempels des Rosenkreuzes (OTRC), ein nicht mehr existenter Rosenkreuzerorden. (1, 2, 3) Besant war Mitglied der Theosophischen Gesellschaft. Diese esoterische Organisation wurde 1875 in New York von der russischen Adligen Helena Blavatsky gegründet. Besant lernte Blavatsky kennen und wurde ihre Schülerin. Besant war von 1907 bis zu ihrem Tod 1933 internationale Präsidentin der Theosophischen Gesellschaft. (1, 2, 3) Sie besuchte unter anderem in Schottland Logen der Gesellschaft. (1) Der derzeitige Präsident der schottischen Theosophen heisst Joe McIntyre. (1) Dem Namen nach stammt er vielleicht aus dem MacIntyre Clan.
Annie Besant trug dazu bei, theosophische Glaubenssätze auf der ganzen Welt zu verbreiten, vor allem in der britischen Kolonie Indien. 1893 besuchte Besant Indien, wo sie sich später niederliess. Sie schloss sich der nationalistischen Bewegung der Inder an und gründete 1916 die Indian Home Rule League, eine Bewegung in Indien, die sich für die Unabhängigkeit einsetzte. Zudem wurde Besant ein führendes Mitglied des Indischen Nationalkongresses (INC). (1) Etwa die Hälfte der Präsidenten des INC waren Freimaurer. (1) Der INC war die wichtigste Bewegung der indischen Unabhängigkeitsbewegung. 1917 wurde Besant Vorsitzende des INC. Vor ihr gab es bereits vier Ausländer, die Präsident des 1885 gegründeten INC waren, nämlich der schottische Geschäftsmann George Yule, der schottische Adlige William Wedderburn (einer der Gründer des INC und Spross des Wedderburn Clans), der irische Politiker Alfred Webb und der englische Kolonialbeamte Henry Cotton. (1, 2) Cottons Verwandter William Cotton war in den 1840er-Jahren Chef der britischen Zentralbank gewesen und dessen Bruder hatte als Chef der East India Company gedient, die damals noch Indien kontrollierte. (1, 2) Die Gründer des INC waren Inder, aber neben Wedderburn gehörte auch der Schotte Allan Octavian Hume zu den Hauptgründern. Hume war wie Besant Anhänger der Theosophischen Gesellschaft und lernte Helena Blavatsky kennen. Nachdem Indien 1947 von Grossbritannien unabhängig wurde, stellte der INC die ersten Regierungen, die sozialistisch ausgerichtet waren. Der INC ist bis heute eine der stärksten Parteien Indiens.
Der berühmteste Anführer der indischen Unabhängigkeitsbewegung war Mohandas Gandhi, bekannt als Mahatma Gandhi. Er wurde 1924 Präsident des INC. Er und weitere Inder hatten 1891 an der Beerdigung von Charles Bradlaugh teilgenommen (wie gesagt ein Freimaurer, Freund von Annie Besant und Hauptgründer der Malthusian League). Bradlaugh hatte den britischen Imperialismus in Indien kritisiert. Gandhi studierte damals in England, wie viele spätere Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung. Er lernte Annie Besant und Helena Blavatsky kennen. (1, 2, 3) Er sympathisierte mit der Theosophischen Gesellschaft und sagte, er verdanke seinen theosophischen Freunden viel. Jedoch wollte er sich der Gesellschaft nicht anschliessen, weil ihm „ihre geheime Seite, ihr Okkultismus“ nicht angesprochen hat. (1) Die Fabian Society schreibt auf ihrer Webseite, dass Gandhi den Fabians beitrat. (1)
Neben Besant gehörten folgende britische Frauenrechtlerinnen der Co-Freimaurerei an, mehrere davon einer Loge mit dem Namen Golden Rule (1):
- Anne Cobden-Sanderson: Sie war Sozialistin. Ihr Mann Thomas war der Patenonkel von Bertrand Russell. (S. 25) Laut Wikipedia lebte sie eine Zeit lang im Haus des Dichters George MacDonald aus dem schottischen MacDonald Clan.
- Lady Geraldine Grove: Sie war mit mehreren britischen Adelsfamilien verschwägert. Ihre Grossmutter väterlicherseits kam aus dem schottischen Douglas Clan und der Bruder St. George heiratete in den Douglas Clan. (1)
- Evelina Haverfield: Sie war die Tochter eines Barons und wurde im Inverlochy Castle in Schottland geboren. (1) Ihr Grossvater väterlicherseits kam mütterlicherseits aus dem Campbell Clan. (1)
- Charlotte Despard: Sie trat erst der Labour-Partei bei und dann der Kommunistischen Partei, weil ihr die Labour-Partei nicht links genug war. Despard gehörte zu den „Friends of Soviet Russia“, einer Organisation, die mit Sowjetrussland sympathisierte. 1930 bereiste Despard die Sowjetunion. Sie war eine Anhängerin der indischen Unabhängigkeitsbewegung und traf 1909 Mahatma Gandhi. Sie befasste sich mit Blavatskys Theosophie. Ihr Bruder John French war ein Feldmarschall, der zum Grafen geadelt wurde. (1, 2, 3) John French war Freimaurer. (1, 2)
- Gräfin Muriel Agnes de la Warr: Die Sozialistin trat der Theosophischen Gesellschaft bei. George Lansbury, Vorsitzender der Labour-Partei, sagte, dass die Gräfin eine sehr wichtige Rolle in der feministischen und sozialistischen Bewegung spielte, dies aber „wenig bekannt war, weil sie immer darauf bestand, im Hintergrund zu bleiben“. (1) Ihr Mann kam väterlicherseits aus der Grafenfamilie Sackville und mütterlicherseits aus den schottischen Clans Cochrane und Drummond. Muriels Vater Thomas Brassey, ein geadelter Graf, war Gouverneur der britischen Kolonie Victoria in Australien und Grossmeister der dortigen Freimaurer. Sein namensgleicher Vater war eine Zeit lang der führende Eisenbahnunternehmer. Muriels Schwester Marie heiratete den geadelten Markgrafen Freeman Thomas, Gouverneur der britischen Kolonien Indien und Kanada. (1, 2, 3)
- Lady Emily Lutyens: Die Sozialistin war Mitglied der Theosophischen Gesellschaft und eine Freundin von Annie Besant, die sie zur englischen Vertreterin des Order of the Star in the East (OSE) ernannte. Dieser theosophische Orden wurde von Annie Besant gegründet und hatte seinen Sitz in Indien. Emily heiratete Sir Edwin Lutyens, einen Architekten, der eine wichtige Rolle beim Erbau der indischen Stadt Neu-Delhi spielte. (1, 2, 3) Er soll Freimaurer gewesen sein. (1) Emilys Bruder Victor war Gouverneur von Bengalen in Indien. Die Schwester Elizabeth heiratete den Bruder des Premierministers Arthur Balfour. Emily kam mütterlicherseits aus der einflussreichen Adelsfamilie Villiers. Ihr Vater Robert Bulwer-Lytton war Vizekönig von Indien und wurde zum Grafen geadelt. Roberts Vater Edward war Minister für die Kolonien. (1, 2) Edwards Bruder William Henry Bulwer vertrat die britische Freimaurerei als Provinzial-Grossmeister in der Türkei. Der englische Rosenkreuzerorden SRIA ernannte Edward zu seinem Grosspatron, worauf Edward aber abstreite, Mitglied des Ordens zu sein. (1, 2, 3) Drei Mitglieder der SRIA, die auch Freimaurer waren, gründeten 1888 den okkulten Geheimbund „Hermetic Order of the Golden Dawn“, der zur wohl wichtigsten Okkultisten-Bewegung wurde. (1, 2)
Die Fabian Society und der Antikolonialismus
Viele Mitglieder der Fabian Society waren Kritiker des britischen Imperialismus und befürworteten die Unabhängigkeit der Kolonien. Die Labour-Partei spielte eine wichtige Rolle bei der Dekolonialisierung des britischen Empire. Auch die UN befürwortete die Dekolonialisierung.
Die Fabian Society hatte Verbindungen zur India League. Die britische Organisation setzte sich dafür ein, dass Indien unabhängig von Grossbritannien wird. Von 1932 bis 1939 war Bertrand Russell, ein ehemaliger Fabian, Vorsitzender der India League. (1) Sein Bruder Frank Russell war in den Jahren zuvor britischer Unterstaatssekretär für Indien gewesen. (1) Bertrand Russell hatte im Alter von zwei Jahren Queen Victoria, die auch Kaiserin von Indien war, zum ersten Mal getroffen. (1) Die India League wurde 1928 vom Inder Krishna Menon gegründet, der in Grossbritannien lebte. Er hatte an der LSE studiert, wurde Politiker der Labour-Partei und lernte Fabians kennen, unter anderem Annie Besant. Er kannte den verrückten Wissenschaftler J. B. S. Haldane und freundete sich mit Edwina Mountbatten an, deren Ehemann Vizekönig von Indien war, als das Land 1947 die Unabhängigkeit erlangte. Nach der Unabhängigkeit wurde Krishna Menon Indiens Botschafter in Grossbritannien. Er war von 1952 bis 1962 indischer Botschafter bei der UN. Sein Freund Jawaharlal Nehru, auch ein Sozialist, wurde nach der Unabhängigkeit der erste Ministerpräsident von Indien. Während seines Studiums in England stand Nehru mit Fabians in Kontakt, unter anderem mit Bernard Shaw. (1, 2, 3, 4, 5) Nehru bezeichnete Shaw als „eine der grössten Persönlichkeiten seiner Zeit“. (1) Nehru und Menon gehörten zur INC-Partei. Zur Kolonialzeit war wie gesagt Annie Besant, ein frühes Mitglied der Fabian Society, für fast ein Jahr Präsidentin des INC gewesen.
Nehru und Menon waren mit Harold Laski und Stafford Cripps (Neffe von Beatrice Webb) befreundet. (1) Laski und Cripps gehörten zur Führungsriege der Fabian Society. Cripps spielte eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen zwischen Grossbritannien und der indischen Unabhängigkeitsbewegung. Er leitete die sogenannte Cripps-Mission. Indien gehört bis heute zu den Commonwealth-Staaten, die eng mit Grossbritannien verbunden sind.
Bernard Shaw, der wie gesagt von Nehru geschätzt wurde, hatte im Jahr 1900 das Manifest „Fabianism and the Empire“ veröffentlicht. Darin erklärt er, dass der Fabianismus mit der Aufrechterhaltung und Ausweitung des britischen Empire vereinbar sein könnte, aber man müsse die Ausbeutung und Unterdrückung der kolonisierten Völker beenden und ihnen auf Augenhöhe begegnen.
Die Fabian Society hatte Verbindungen zu Mohammed Ali Jinnah. (1) Einige Internetseiten sagen, dass er Mitglied der Gesellschaft wurde, als er in England studierte, aber dafür fand ich keine gute Quelle. Jinnah war später der Gründer Pakistans, das vorher von den Briten kontrolliert wurde. Pakistan gehört zu den Commonwealth-Staaten.
Lee Kuan Yew studierte in England an der LSE. Dabei kam er mit der Fabian Society in Kontakt, die ihn beeinflusste. (1, 2, 3, 4) Er war später der erste Premierminister von Singapur, als das Land unabhängig von Grossbritannien wurde. Singapur gehört zum Commonwealth.
Als die Kolonie Kenia die Unabhängigkeit von Grossbritannien erlangte, wurde Jomo Kenyatta der erste Präsident und Premierminister. Er hatte an Konferenzen der Fabian Society teilgenommen und war Mitglied der India League gewesen. Er hatte in England gelebt, wo er an der LSE studierte und eine Engländerin heiratete. (1, 2) Kenia gehört ebenfalls zum Commonwealth.
Die Fabian Society hatte Verbindungen zu Obafemi Awolowo. (1) Er war einer der Anführer der erfolgreichen Unabhängigkeitsbewegung in der britischen Kolonie Nigeria. Übrigens war Awolowo Mitglied des Rosenkreuzerordens AMORC. Bei seiner Beerdigung waren Rosenkreuzer dabei. (1, 2) Er hatte in England studiert. Seine Enkelin Dolapo heiratete Yemi Osinbajo, der in den letzten Jahren Vizepräsident von Nigeria war. (1, 2) Yemi Osinbajo studierte an der LSE. (1) Auch Nigeria ist ein Staat des Commonwealth.
Der bekannte ägyptische Schriftsteller Salama Moussa, der sich für die Unabhängigkeit Ägyptens von Grossbritannien aussprach, lebte einige Jahre in London, wo er studierte und der Fabian Society beitrat. (1, 2)
Kapitel IV
Besuche in Russland
Eine ganze Reihe an Personen, die in diesem Beitrag erwähnt wurden, sympathisierte mit der Sowjetunion. Sie besuchten Sowjetrussland und einige unterstützten die Verbreitung sowjetischer Propaganda in Grossbritannien. Ich vermute, dass diese sowjetfreundlichen Briten im eigenen Land, also in Grossbritannien, keine Zustände wie in der Sowjetunion wollten, aber sie fanden es faszinierend, das kommunistische Experiment in einem anderen Land zu studieren. Sowjetrussland war das erste sozialistische Land der Welt. Nachdem Stalin an die Macht gekommen war, gab es zum ersten Mal die Gelegenheit, eine komplette Planwirtschaft zu beobachten.
Zudem wurden nicht nur ihre sozialistischen Ideen, sondern auch ihre Geburtenkontrolle erstmals in der Sowjetunion in die Praxis umgesetzt. Im Jahr 1920 war das sowjetische Russland das erste Land, das Abtreibungen legalisierte. (1, 2) Bis in die 40er-Jahre kamen in der Sowjetunion auf jede Geburt drei Abtreibungen. Die Sowjetunion war Mitte der 60er-Jahre mit sieben Millionen Abtreibungen weltweit führend. (1)
Einige frühe Mitglieder der Fabian Society und der Bloomsbury Group sowie Personen aus ihrem Umfeld führten ein aussereheliches Liebesleben oder offene Beziehungen, hatten vorehelichen Sex und waren teils homo- oder bisexuell (z. B. Virginia Woolf, Siegfried Sassoon und Keynes). Ein paar von ihnen kannten den berühmten Sigmund Freud. Sie lebten die sexuelle Revolution bereits Jahrzehnte bevor diese in den 60er-Jahren im Westen in die breite Gesellschaft getragen wurde. Dies hat vielleicht dazu beigetragen, dass sie die Sowjetunion als fortschrittlichen Staat ansahen, denn dort gab es anfangs eine sexuelle Revolution.
Die Kommunisten leiteten nach ihrer Machtübernahme eine Umgestaltung der Sexualität in der russischen Gesellschaft ein. Sie erlaubten Scheidungen, legalisierten homosexuelle Handlungen, förderten die Emanzipation der Frau, propagierten die freie Liebe und gewährten Nudisten, Travestie sowie pornografische Bilder. (1, 2, 3) Soviel mir bekannt ist, war die Sowjetunion das erste Land der Neuzeit, in dem es eine sexuelle Revolution gab. In den 30er-Jahren beendeten die Sowjets ihr Experiment der sexuellen Revolution. 1936 wurden Abtreibungen wieder verboten, mit ein paar Ausnahmen, womöglich weil Stalin für eine grössere Armee ein grösseres Volk brauchte. Nebenbei bemerkt vermute ich, dass sich die chinesische Führung in den letzten Jahren von der Ein-Kind-Politik unter anderem verabschiedet hat, weil ihre vergreiste Gesellschaft nicht zu ihrem Anspruch passt, eine übermächtige Armee zu haben, wofür sie junge, vitale Männer braucht.
Als Margaret Sanger 1934 von ihrem sechswöchigen Besuch in der Sowjetunion zurückkehrte, lobte sie: „Russland ist heute das Land der emanzipierten Frau.“ Im darauffolgenden Jahr schrieb sie: „Die Haltung Sowjetrusslands gegenüber seinen Frauen (…) würde das Herz der überzeugtesten Feministin erfreuen.“ (1)
Wie es für Kommunisten üblich war, verfolgten auch die russischen Kommunisten eine religionsfeindliche Politik. Nach ihrer Machtübernahme führten sie die Trennung von Staat und Kirche ein. Die bis dahin sehr einflussreiche orthodoxe Kirche wurde entmachtet und geächtet. Mehr als zwanzigtausend Priester, Mönche und Nonnen wurden inhaftiert, manche auch hingerichtet. (1) Der Kommunistenführer Lenin erliess 1917 ein Gesetz „über die Abschaffung der Ehe“. (1) Kirchliche Trauungen wurden durch die Zivilehe ersetzt. (1) Anfangs versuchte die sowjetische Führung das traditionelle Familienmodell zu zerstören. (1) Kindererziehung durch die Mutter galt als Hindernis für den Aufbau einer kommunistischen Gesellschaft. (1, 2) Das Erbrecht wurde zunächst abgeschafft. Das Sowjetregime wollte, dass der Staat anstelle der Eltern die Erziehung der Kinder übernimmt. Der Autor der Familiengesetzgebung schrieb: „Unsere staatlichen Vormundschaftsinstitutionen müssen den Eltern zeigen, dass die soziale Fürsorge für Kinder weitaus bessere Ergebnisse bringt als die private und irrationale Fürsorge einzelner Eltern, die zwar liebevoll, aber in Sachen Kindererziehung unwissend sind.“ (1) Viele rechtskonservative Verschwörungstheoretiker glauben bis heute, dass eine internationale Linke das traditionelle Familienmodell zerstören möchte.
Die Sowjetunion versuchte, in seinen verschiedenen Ländern den Völkern Nationalismus und Religion auszutreiben (wie es sich H. G. Wells gewünscht hatte). So wollte man bei den verschiedenen ethnischen Gruppen eine einheitliche sowjetische Identität erschaffen.
Die Sowjetunion war von 1934 bis 1939 Mitglied des Völkersbunds. Sie gehörte zu den Gründern der UN zusammen mit den anderen Siegermächten des Zweiten Weltkrieges. Die Sowjetunion hatte ein Vetorecht im UN-Sicherheitsrat. Russland ist bis heute eines der fünf Länder, die über ein Vetorecht verfügen.
Bertrand Russell und die Sowjetunion
Nachdem 1917 bei der Russischen Revolution die Bolschewiki an die Macht gekommen waren, setzte Bertrand Russell grosse Hoffnungen in das kommunistische Experiment. 1920 schrieb er das Buch The Practice and Theory of Bolshevism. Der erste Satz des Buches lautet: „Die russische Revolution ist eines der grossen heroischen Ereignisse der Weltgeschichte.“ Russell erklärt in dem Buch: „Der bei weitem wichtigste Aspekt der russischen Revolution ist der Versuch, den Kommunismus zu verwirklichen. Ich glaube, dass der Kommunismus für die Welt notwendig ist, und ich glaube, dass der Heroismus Russlands die Hoffnungen der Menschen in einer Weise beflügelt hat, die für die Verwirklichung des Kommunismus in der Zukunft wesentlich war. Betrachtet man den Bolschewismus als einen grossartigen Versuch, ohne den der endgültige Erfolg sehr unwahrscheinlich gewesen wäre, so verdient er die Dankbarkeit und Bewunderung des gesamten fortschrittlichen Teils der Menschheit.“ (S. 5, 6) Russell schreibt auf Seite 15: „Das Wichtigste, was die Bolschewiki getan haben, ist, eine Hoffnung zu schaffen oder zumindest eine Hoffnung stark und weit verbreitet zu machen, die vorher auf einige wenige beschränkt war.“ Russell kritisiert in dem Buch aber den Dogmatismus und die gewalttätige Herrschaft der Sowjets. Wenn man sein Buch ein wenig liest, kommt man zum Eindruck, dass Russell ein Kommunist war, obwohl er eigentlich als ein gemässigter Sozialist gilt. Auf Seite 17 schreibt er: „Das bestehende kapitalistische System ist dem Untergang geweiht“.
Bertrand Russell besuchte 1920 Russland. Dabei traf er die sowjetischen Oberhäupter Lenin, Trotzki und Kamenew (alle drei waren jüdischer Abstammung, so wie viele in der bolschewistischen Elite). Russell führte ein einstündiges Gespräch mit Lenin. (S. 26) Nach Lenins Tod 1924 schrieb er: „Der Tod Lenins macht die Welt ärmer durch den Verlust eines der wirklich grossen Männer, die der Krieg hervorgebracht hat.“ (1, 2) Lenin war ein blutrünstiger Diktator.
In den 30er-Jahren schrieb Bertrand Russell: „Russland hat sich auf ein grosses Experiment eingelassen und scheint nun kurz vor dem Erfolg zu stehen. Ausserdem soll es mit dem Erfolg auch ein gewisses Mass an Demokratie geben. Der Wunsch, den sowjetischen Erfolg zu verhindern, ist offenbar das Hauptmotiv unserer Reaktionäre, den Nazis zu helfen, einen Weissen Terror in Russland zu errichten.“ (S. 110) Russell sympathisierte also immer noch mit den Sowjets. Jedoch verurteilte er in den 50er-Jahren die Verbrechen Stalins und distanzierte sich vom Kommunismus. Er behauptete, er sei schon immer ein Kritiker der Sowjets und des Kommunismus gewesen, was gelogen war. Bei der Kubakrise 1962 zeigte er Verständnis für die Sowjetunion und bezeichnete US-Präsident John F. Kennedy als „viel böser“ als Hitler. (1, 2)
Wie bereits erwähnt wurde, hatte Russell 1920 bei einer Reise in China den späteren Diktator Mao Zedong kennengelernt, als dieser noch ein junger Mann war.
Bernard Shaw und die Sowjetunion
Im Jahr 1917, das Jahr der bolschewistischen Revolution, schrieb Bernard Shaw das Stück Annajanska, die bolschewistische Kaiserin, ein pro-revolutionäres Theaterstück.
Bernard Shaw bewunderte die Sowjetunion und war ein grosser Fan von Stalin. Dass Stalin einer der grössten Massenmörder aller Zeiten war, störte ihn nicht weiter. Auf seinem Kaminsims befand sich ein Porträt von Stalin. Shaw verbreitete pro-sowjetische Propaganda in Grossbritannien. Als er 1931 Russland besuchte, um seinen 75. Geburtstag zu feiern, wurde er in Moskau von einer militärischen Ehrengarde und einer Menschenmenge empfangen, die „Heil, Shaw!“ rief. Ihm zu Ehre wurde ein riesiges Bankett veranstaltet. Er hatte eine zweistündige Privataudienz bei Stalin. Shaw wurde bei seinem Besuch von Nancy Astor begleitet. (1) Diese war aber glühende Antikommunistin. Die US-Amerikanerin hatte den britischen Adligen Waldorf Astor geheiratet. Die Astors sind eine der mächtigsten Familien der angloamerikanischen Elite.
Bernard Shaw beschrieb Stalin als einen „Gentleman ohne Bosheit in sich“. Er hatte auch Lenin bewundert. Er kritisierte die britische Presse für ihre antisowjetische Berichterstattung. Er leugnete die Hungersnot, bei der Millionen Ukrainer starben. Ausserdem befürwortete er die Zwangsarbeit in der Sowjetunion und sah das Töten der Regimegegner als legitime politische Strategie an. Bei seinem Besuch in Russland sagte er: „Ich habe all den Terror gesehen und war furchtbar erfreut darüber.“ Bei dieser Aussage ist unklar, ob es ironisch gemeint war. Wie bereits erwähnt wurde, war Shaw ein radikaler Eugeniker, der Todeskammern und Gas einsetzen wollte, noch bevor die Nazis dies bei ihrem Eugenikprogramm umsetzten, bei dem über 200 000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen getötet wurden. Shaw sympathisierte mit Hitler und bezeichnete ihn als „ein sehr bemerkenswerter Mann, ein sehr fähiger Mann“. Auch der italienische Diktator Benito Mussolini faszinierte ihn, aber Stalin war sein Lieblingsdiktator. (1, 2, 3, 4) Zudem verteidigte er die Säuberungen unter Stalin und meinte: „Wir können es uns nicht leisten, uns moralisch aufzuspielen, wenn unser unternehmungslustiger Nachbar [die Sowjetunion] auf humane und gerechte Weise eine Handvoll Ausbeuter und Spekulanten liquidiert, um die Welt für die Anständigen sicherzumachen.“ (S. 206) Damit meinte er höchstwahrscheinlich die Juden aus der sowjetischen Elite, die bei Stalins Säuberungen ermordet wurden.
J. B. S. Haldane und die Sowjetunion
J. B. S. Haldane war wie gesagt ein verrückter Wissenschaftler, der ein Freund der Huxley-Brüder und Vordenker des Transhumanismus war.
Haldane gehörte zur Kommunistischen Partei Grossbritanniens und besuchte 1928 die Sowjetunion. Er verteidigte die Sowjetunion öffentlich. Daher wurde er vom britischen Geheimdienst MI5 als subversive Person und möglicher Spion betrachtet. Der MI5 überwachte ihn mehr als zwanzig Jahre lang. (1, 2) Seine Frau Charlotte, die aus einer jüdischen Einwandererfamilie kam, war ebenfalls Mitglied der Kommunistischen Partei Grossbritanniens. 1941 besuchte sie die Sowjetunion. (1, 2) Haldanes Schwester Naomi Mitchison begrüsste es, dass die Sowjetunion Abtreibungen legalisierte. 1932 besuchte Naomi als Teil einer Gruppe der Fabian Society die Sowjetunion. Später erhielt sie einen britischen Ritterorden. (1, 2, 3)
Die Webbs und die Sowjetunion
Beatrice Webb schrieb 1931: „Im Laufe eines Jahrzehnts werden wir wissen, ob der amerikanische Kapitalismus oder der russische Kommunismus der Masse der Bevölkerung das bessere Leben beschert; welche dieser Kulturen auch immer gewinnt, wir in Grossbritannien werden ihr folgen müssen.“ Sie und ihr Mann Sidney besuchten 1932 Russland für zwei Monate. 1934 reiste Sidney ein weiteres Mal nach Russland. Beeindruckt von ihrer Russlandreise schrieb das Paar das 1935 veröffentlichte Buch Soviet Communism: A New Civilisation, ein sowjetfreundliches Buch, das auch in Russland übersetzt und verbreitet wurde. Selbst der kommunistische Historiker Al Richardson nannte das Buch „eine sowjetische Propaganda in ihrer verlogensten Form“. Der Historiker A. J. P. Taylor meinte, das Buch sei „trotz der harten Konkurrenz das absurdeste Buch, das je über Sowjetrussland geschrieben wurde“. (1, 2) Keynes hingegen sagte, das Buch sollte „jeder ernsthafte Bürger gut lesen“. (1) Sidney und Beatrice Webb schrieben das 1942 veröffentlichte Buch The Truth about Soviet Russia, eine reine Stalin-Apologie. Bernard Shaw verfasste das Vorwort. Im Buch wird behauptet, Stalin sei kein Diktator und die Sowjetunion sei seit der neuen Verfassung von 1936 eine der besten Demokratien der Welt. (S. 16–19)
Wie bereits erwähnt wurde, war Beatrice Webbs Neffe Stafford Cripps hoher Politiker der Labour-Partei und Präsident der Fabian Society. Im Zweiten Weltkrieg war Cripps britischer Botschafter in der Sowjetunion. In dieser Funktion traf er Stalin. (1, 2) George Lansbury, der die Labour-Partei leitete, lobte Lenin und besuchte 1920 die Sowjetunion. (1)
Noah Barou
In den 40er-Jahren gehörte Noah Barou (1889–1955) zur Führung der Fabian Society. Barou wurde in der Ukraine geboren. In jungen Jahren war er einer der Anführer der Poale Zion. Diese internationale, sozialistische Gruppe bestand aus zionistischen Juden, die einen sozialistischen Judenstaat in Palästina gründen wollten. Nach Angaben von Wikipedia vertrat Barou nach der Russischen Revolution die Poale Zion bei der sowjetischen Regierung. Barou lebte seit 1923 in Grossbritannien, wo er Mitglied des Board of Deputies of British Jews wurde. Bis 1936 war er weiterhin in der Führung von Poale Zion. 1936 gehörte er zu den Gründern des Jüdischen Weltkongresses und war Vorsitzender von dessen europäischen Exekutivkomitees. Er schrieb in Grossbritannien Bücher über das sowjetische Bankwesen. Er leitete die Londoner Niederlassung der Moscow Narodny Bank. (1, 2, 3, 4, 5) Diese Bank wurde von der Sowjetunion kontrolliert. In den Jahren nach der Russischen Revolution stand sie mit der „All Russian Co-operative Society“ (ARCOS) in Verbindung. (1, 2) Die ARCOS wurde 1920 von den Sowjets gegründet. Sie war für den sowjetisch-britischen Handel zuständig und hatte ihren Hauptsitz in London. Hier sollte noch erwähnt werden, dass die Sowjetunion erst nach dem Zweiten Weltkrieg zum grossen Hauptfeind der angloamerikanischen Grossmacht wurde. Die Sowjets befürworteten anfangs einen Austausch mit dem Westen. Der Austausch fand vor allem über die dritte Kommunistische Internationale mit Sitz in Moskau statt, die von 1919 bis 1943 bestand und sich mit vielen kommunistischen Politikern und Aktivisten aus dem Westen vernetzte. Dabei kam es sogar zu diplomatischen Gesprächen zwischen jüdischen Kommunisten und jüdischen Bankiers aus Grossbritannien (siehe Kapitel 5). Die Sowjets hatten anfangs die Hoffnung, dass auch im Westen kommunistische Regierungen an die Macht kommen werden, aber mit der Zeit erkannten sie, dass der Westen kapitalistisch bleiben wird.
Keynes und die Sowjetunion
Keynes heiratete 1925 die Ballerina Lydia Lopokova, die bis 1910 in Russland gelebt hatte. (1) Nach der Hochzeit besuchte das Paar Sowjetrussland. (1) Lydias Geschwister waren Balletttänzer im sowjetischen Russland. Der Bruder Fjodor Lopuchow wurde zum Volkskünstler der Sowjetunion ernannt. (1)
Als Keynes von der Machtübernahme der Kommunisten in Russland erfuhr, schrieb er an seine Mutter: „Ich war über die russischen Nachrichten ungemein erfreut und aufgeregt. Sie sind das einzige Ergebnis des Krieges, das sich bisher lohnt.“ Er sagte im selben Jahr: „Der einzige Weg, der mir offen steht, ist, ein optimistischer Bolschewist zu sein.“ Auch im darauffolgenden Jahr bezeichnete er sich als Bolschewist. Er verkündete 1922: „Ein aussergewöhnliches Experiment des Sozialismus ist im Gange. Ich denke, es gibt solide Grundlagen, auf denen eine Brücke gebaut werden kann.“ Im selben Jahr meinte er, dass Lenins Politik „von hoher intellektueller Kompetenz“ sei. Keynes besuchte 1925 Russland, wo er vor dem sowjetischen Politbüro sprach. Leo Trotzki war dabei anwesend. 1927 wurde Keynes von den Sowjets zur Feier des zehnten Jahrestags der bolschewistischen Revolution eingeladen, aber er kam nicht, auch wenn er das Angebot „sehr verlockend“ fand und sich „sehr geschmeichelt“ fühlte. Als er 1928 von einem Besuch in der Sowjetunion zurückkehrte, meinte er, dass die Sowjetunion „viel normaler ist, als irgendjemand hier denkt“. Er war einer der Hauptorganisatoren des „Kongresses für Frieden und Freundschaft mit der UdSSR“, der sich für ein gutes Verhältnis zwischen dem Westen und der Sowjetunion einsetzte. Keynes sagte 1936 über die Politik Stalins: „Das Ergebnis ist beeindruckend“. (1, 2) Keynes kritisierte aber mehrmals öffentlich die Sowjetunion. Lobende Worte für die Sowjets fand er fast nur in seinen persönlichen Papieren und Briefen. Daraus könnte man schlussfolgern, dass er sich öffentlich als Gegner der Sowjets gab, im Privaten aber insgeheim vom sowjetischen Experiment fasziniert war.
Während seiner Russlandreise 1925 führte Keynes eine lange Debatte mit dem jüdischen Sowjetpolitiker Grigori Sinowjew (Zinoviev), der damals Vorsitzender der Kommunistischen Internationale war. (1, 2) Keynes riet den sowjetischen Führern, sie müssten sich bemühen, ihr Bevölkerungswachstum zu begrenzen. Der führende jüdische Bolschewist Leo Trotzki sagte: „Sogar der progressive Ökonom, Herr Keynes, sagte uns erst kürzlich, dass die Rettung der englischen Wirtschaft im Malthusianismus liege!“ (1) Der Malthusianismus war wie gesagt der Ursprung der Bevölkerungskontrolle. Keynes schrieb 1925, dass die Überbevölkerung die grösste Gefahr für die wirtschaftliche Zukunft Russlands sei. (S. 2)
Keynes, Bertrand Russell, Julian Huxley (späterer Chef der UNESCO und Besucher der Sowjetunion), Virginia Woolf und der russische Adlige Alexei Tolstoi waren Gründungsmitglieder der „Society for Cooperation in Russian and Soviet Studies“ (SCRSS). Die britische Gesellschaft wurde 1924 gegründet und förderte die Beziehungen zwischen Grossbritannien und der Sowjetunion. Die SCRSS besteht bis heute und fördert noch immer die Zusammenarbeit zwischen den Völkern Grossbritanniens, Russlands und der anderen ehemaligen Sowjetstaaten. (1) In ihrer Anfangszeit wurde der SCRSS vorgeworfen, sowjetische Propaganda in Grossbritannien zu verbreiten und von den sowjetischen Geheimdiensten gesteuert zu werden. Keynes sagte bei einer Rede vor der SCRSS: „In den nächsten fünfzig Jahren wird die UdSSR einen grösseren Beitrag zur Welt leisten als jedes andere europäische Land.“ (1)
Wie bereits erwähnt wurde, spielte Keynes eine wichtige Rolle bei der Bretton Woods-Konferenz im Jahr 1944 und war dadurch einer der Gründerväter der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds, zwei Organisationen der UN. Neben Keynes war Harry Dexter White (1892–1948) der wichtigste Leiter der Konferenz, der dort die USA vertrat. White war ein hochrangiger Regierungsökonom und stellvertretender Finanzminister der USA. White und Keynes etablierten bei der Bretton Woods-Konferenz das neue Währungssystem und machten den US-Dollar zur globalen Leitwährung. Die Konferenz gilt für manche als der Auftakt zur Ära der US-amerikanischen Vorherrschaft. Ironischerweise hatte White im Geheimen Informationen an die Sowjetunion weitergeleitet und gilt daher als sowjetischer Spion. Bei der Bretton Woods-Konferenz wurde eigentlich die Idee vertreten, dass die USA eine dauerhafte Allianz mit der Sowjetunion eingehen sollten, damit sie die neue Weltordnung gemeinsam gestalten können. Dennoch begann ein paar Jahre danach der Kalte Krieg, womit die amerikanisch-sowjetische Kooperation ihr Ende fand. Harry Dexter White sympathisierte mit der Sowjetunion und meinte, ihre sozialistische Wirtschaft funktioniere gut. Somit wurde die Bretton Woods-Konferenz also nicht von Vertretern der Wall Street angeführt, wie man es eigentlich erwarten würde, sondern von zwei linken, sowjetfreundlichen Ökonomen. White war kurze Zeit Exekutivdirektor des Internationalen Währungsfonds, trat aber zurück, weil die Spionagevorwürfe auftauchten. Einige Tage nachdem White vor dem Untersuchungsausschuss seine Unschuld beteuert hatte, verstarb er. (1, 2, 3, 4, 5) Berichten zufolge starb er an einer Vergiftung mit Digitalis. (1) Elizabeth Bentley und Whittaker Chambers, die in den USA für die Sowjets spionierten, sagten, dass White ein sowjetischer Einflussagent sei. White wurde auch vorgeworfen, er habe indirekt die Machtübernahme der Kommunisten in China begünstigt, indem er Kredite blockierte, die für die antikommunistische Regierung in China bestimmt waren. (1) Seine Eltern waren jüdische Einwanderer aus Litauen. Seine Ehefrau war die Tochter russisch-ukrainischer Einwanderer. (S. 17, 19, 369) White kannte Personen aus der Silvermaster-Gruppe und der Perlo-Gruppe, zwei sowjetische Spionageringe in den USA, die aus US-Regierungsbeamten bestanden und offenbar erfolgreich bei ihrer Spionage waren. Ein paar der Spione waren bei der Bretton Woods-Konferenz dabei. Diese Spione waren fast alle Juden. Mehrere davon waren Kinder von Einwanderern aus Russland und Litauen. Ein mutmasslicher Spion dieser Gruppe war der nichtjüdische Alger Hiss. Dieser war an der Gründung der UN beteiligt und war nach dem Zweiten Weltkrieg Präsident des „Carnegie Endowment for International Peace“, die älteste Denkfabrik der USA. Somit wurde eine der mächtigsten Denkfabriken von einem mutmasslichen Spion angeführt. Zu diesem Spionagenetzwerk gehörten die Juden Solomon Adler1 und Frank Coe2. Sie und ihre jüdischen Bekannten Sidney Rittenberg3 und Israel Epstein4 hatten hervorragende Beziehungen zu den chinesischen Kommunisten.
1. Solomon Adler (1909–1994) wurde in England geboren. Seine Mutter war eine Einwanderin aus Weissrussland. Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Oxford University und am University College in London. 1935 ging er in die USA, wo er unter anderem im Finanzministerium arbeitete, das ihn 1941 nach China schickte. Er und Harry Dexter White wurden später beschuldigt, die Machtübernahme der Kommunisten in China unterstützt zu haben und für die Sowjets zu spionieren. Danach arbeitete Adler an der Harvard University, bevor er 1950 nach England zurückkehrte. Dort wurde er Forscher an der Cambridge University. 1962 bekam er eine Einladung der chinesischen Kommunisten, die er annahm. Er lebte für den Rest seines Lebens in China. 1963 heiratete er eine britische Kommunistin. Das Paar hatte ein gutes Verhältnis zum Diktator Mao Zedong. (1, 2)
2. Der in den USA geborene Frank Coe (1907–1980) begann 1934 für das US-Finanzministerium zu arbeiten. Zuvor hatte er für die Johns Hopkins University, die University of Chicago und die Brookings Institution gearbeitet. Letztere ist eine einflussreiche Denkfabrik. Coe war in den 40er-Jahren Finanzberater des Nationalen Sicherheitsrates, Sonderassistent der US-Botschaft in London, Assistent des Direktors des Board of Economic Warfare, stellvertretender Leiter der Foreign Economic Administration und Direktor der Währungsforschung im Finanzministerium. Bei der Währungsforschung arbeitete er eng mit Harry Dexter White zusammen und übernahm organisatorische Aufgaben bei der Bretton Woods-Konferenz. 1946 wurde Coe Sekretär des Internationalen Währungsfonds, aber 1952 musste er den Posten aufgeben, weil man ihm vorwarf, ein Spion der Sowjets zu sein. Er zog 1958 nach China, wo er wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Akademie wurde. Offenbar sympathisierte er mit den chinesischen Kommunismus. Er lebte bis zu seinem Tod in China. (1, 2, 3)
3. Der in den USA geborene Sidney Rittenberg (1921–2019) beriet Mao und war einer der wenigen Ausländer, der ein hochrangiges Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas wurde. Nach der Machtübernahme der Kommunisten wurde er gebeten, beim Austausch zwischen China und den USA zu helfen. Stalin warnte Mao, dass Rittenberg ein Spion der USA sei. Aufgrund des Verdachts war er bis 1955 für sechs Jahre in Einzelhaft. Bei der Kulturrevolution wurde er erneut inhaftiert und sass zehn Jahre im Gefängnis. Rittenberg sagte über Mao: „Er war ein Genie, aber sein Genie geriet völlig ausser Kontrolle und so war er ein grosser historischer Führer und ein grosser historischer Verbrecher. Er nahm sich das Recht, soziale Experimente durchzuführen, bei denen er das Leben von Hunderten Millionen Menschen auf den Kopf stellte, ohne zu wissen, was dabei herauskommen würde.“ 1980 kehrte Rittenberg in die USA zurück, von wo er weiterhin Kontakte nach China unterhielt, vor allem auf wirtschaftlicher Ebene. (1, 2, 3) Er beriet amerikanische Unternehmer, wie Bill Gates und Michael Dell, darin, wie sie von Chinas stark wachsender Wirtschaft profitieren könnten. Er soll dem Intel-Konzern in den 90er-Jahren geholfen haben, eine Halbleiterfabrik in China zu eröffnen. (1)
4. Der in Polen geborene Israel Epstein (1915–2005) war in China aufgewachsen und verbrachte dort sein Leben. Er wurde chinesischer Staatsbürger und trat der dortigen Kommunistischen Partei bei. In den 40er-Jahren führte er lange Interviews mit Mao, von dem er ein Porträt in sein Schlafzimmer hängte. Epstein war Herausgeber eines englischsprachigen Magazins in China und übersetzte Reden und Schriften von Mao und Deng Xiaoping. Epstein beriet die chinesische Regierung bei der Verbesserung ihres Image im Ausland und betätigte sich in Regierungs- und Parteiausschüssen. Jahrzehntelang wurde er an seinen Geburtstagen von hohen Politikern der Kommunistischen Partei besucht. Er hatte ein gutes Verhältnis zu Song Qingling, die er seit den 30er-Jahren kannte. Song Qingling war die wohl mächtigste Frau im kommunistischen China. Sie war die Witwe von Sun Yat-sen (Gründervater der chinesischen Republik). Epstein schrieb ein Buch über Song Qingling. 1941 hatte Epstein seinen Tod vorgetäuscht, weil die japanischen Invasoren ihn ausschalten wollten. Ein paar Jahre später besuchte er Grossbritannien und lebte danach für fünf Jahre in den USA. Er heiratete damals eine Engländerin, mit der er später wieder in China lebte. Er hatte weiterhin Kontakt zu Mao, Song Qingling und weiteren Oberhäuptern der chinesischen Kommunisten. Während der Kulturrevolution sass er aber für fünf Jahre im Gefängnis. (1, 2, 3)
Keynes war mit sowjetischen Spionen befreundet (siehe Kapitel 5).
Keynes freundete sich mit Iwan Maiski (1884–1975) an, der von 1932 bis 1943 sowjetischer Botschafter in Grossbritannien war. Maiski, der Sohn eines polnischen Juden, war ein anglophiler Sowjet. Als 1936 der britische König starb, kam Maiski auf die Beerdigung, bei der er eine Träne vergoss. Zu seinen Freunden zählten Sidney und Beatrice Webb, Bernard Shaw, H. G. Wells, Lady Astor, Baron Beaverbrook sowie die Premierminister Ramsay MacDonald, Winston Churchill, Anthony Eden und Lloyd George. Mit einigen hatte er sich bereits vor der Russischen Revolution angefreundet, als er zusammen mit anderen Russen in London lebte, die später hohe Politiker der Sowjetunion werden sollten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Maiski in Russland beschuldigt, für Grossbritannien zu spionieren und Teil einer zionistischen Verschwörung zu sein. Der sowjetische Geheimdienstchef Lawrenti Beria hielt darauf seine schützende Hand über Maiski. (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7) Beria wurde später ebenfalls vorgeworfen, ein Agent der Briten zu sein, was zu seiner Hinrichtung führte. (1, 2) Die offizielle Geschichtsschreibung sagt, dass die Vorwürfe unbegründet waren und es keine britische Agenten in der sowjetischen Elite gab, aber mich würde es nicht überraschen, wenn es den Briten tatsächlich gelungen war, die Sowjetführung zu unterwandern.
Anmerkung: Stalin wurde mit der Zeit immer paranoider und witterte überall feindliche Agenten. Er hegte den Verdacht, dass der Verteidigungsminister Kliment Woroschilow ein britischer Agent und der Regierungschef Wjatscheslaw Molotow ein Agent der CIA sei. (S. 419) Nach Stalins Tod 1953 gehörten die beiden weiterhin zu den obersten Politikern der Sowjetunion. Beide hatten jüdische Ehefrauen. Molotows Frau war 1948 wegen angeblichem Hochverrat inhaftiert worden. Bei Stalins Schauprozessen vor dem Zweiten Weltkrieg wurden Sowjetpolitiker zum Tode verurteilt, weil sie angeblich Teil einer konspirativen Gruppe waren, die mit ausländischen Mächten zusammenarbeitete. Viele der Verurteilten waren Juden oder hatten jüdische Frauen. Übrigens vermute ich, dass Hitler sich 1939 auf den Hitler-Stalin-Pakt einliess, weil er glaubte, Stalin könne ihm als Verbündeter im Kampf gegen die Juden dienen. Hitler glaubte eigentlich, dass die Sowjetunion von Juden gesteuert wird, aber nachdem Stalin die Juden aus der Sowjetelite entfernen liess, begann Hitler, mit ihm zu sympathisieren. Nach dem Krieg behauptete Stalin, sowjetische Juden und Juden aus dem Westen würden unter einer Decke stecken, wodurch der Westen im Geheimen Einfluss auf die Sowjetunion ausüben könnte. Ende 1952 wurden jüdische Ärzte beschuldigt, die Ermordung Stalins und weiterer sowjetischer Führer geplant zu haben, was als Ärzteverschwörung bekannt wurde. Ein paar Monate später starb Stalin an einem Schlaganfall. Natürlich glauben einige Verschwörungstheoretiker, Stalin sei vergiftet worden. Kurz vor seinem Tod soll er geplant haben, die Juden in Konzentrationslager zu deportieren. Es wäre also völlig verständlich gewesen, wenn jüdische Kreise ihn ausschalten wollten. Nach Stalins Tod sorgte der oben erwähnte Lawrenti Beria dafür, dass die Ermittlungen gegen die Juden gestoppt wurden. Beria war aber kein Jude. 2003 wurde bekannt, dass es bis dahin geheime Berichte gibt, die die These der Vergiftung stützen. Einige Historiker sehen Beria als den Hauptverdächtigen an. In der Zeit vor Stalins Tod hatte sich sein Verhältnis zu Beria erheblich verschlechtert. Beria war bei dem Essen dabei, bei dem Stalin womöglich vergiftet wurde. Beria soll zwei Monate nach Stalins Tod gegenüber Molotow geprahlt haben, dass er Stalin getötet hatte: „Ich habe ihn erledigt! Ich habe euch alle gerettet.“ Stalins Sohn Wasili glaubte an ein Mordkomplott. Als Stalin im Sterben lag, sagte Beria zu Stalins Familie: „Es ist besser für ihn, wenn er stirbt.“ (1, 2, 3, 4) Beria wurde am Ende desselben Jahres hingerichtet, mit der Begründung, er sei ein britischer Agent. Wer meinen Beitrag zu den russischen Milliardären gelesen hat, wird wissen, dass die britische Elite auch heute noch über jüdische Freunde in Russland verfügt, was ein guter Nährboden für Verschwörungen wär. Die Briten haben selbst keinen Einfluss in Russland und sind daher auf die Zusammenarbeit mit den dortigen jüdischen Eliten angewiesen.
Vor Iwan Maiski waren Grigori Sokolnikow und Arkadi Rosengolts, beide jüdisch, sowjetische Botschafter in Grossbritannien. Die beiden wurden später bei Stalins Schauprozessen verurteilt. Rosengolts wurde hingerichtet und Sokolnikow wurde im Gefängnis getötet.
Übrigens verkehrte Grigori Sokolnikow (genau wie Maiski), als er Botschafter in Grossbritannien war, mit Sidney und Beatrice Webb. (1)
H. G. Wells und die Sowjetunion
Nach der bolschewistischen Revolution zeigte H. G. Wells Sympathien für die Bolschewiki, was er im 1921 veröffentlichten Buch Russia in the Shadows deutlich machte. Er war im Jahr zuvor in Russland gewesen. Während seines Besuches traf er sich mit Lenin, von dem er positiv überrascht war. Zudem war Wells ein enger Freund des erfolgreichen sowjetischen Schriftstellers Maxim Gorki, den er bereits Jahre vor der Russischen Revolution kennengelernt hatte. Er diskutierte mit Gorki über die Geburtenkontrolle. Gorki war seit 1905 mit Lenin befreundet. (1, 2, 3)
Wells besuchte 1934 Russland erneut. Im selben Jahr schrieb er in einem Buch, dass er noch nie einen „aufrichtigeren, faireren und ehrlicheren Mann“ als Stalin getroffen hat. (S. 689) Wells durfte bei seinem Besuch sogar Stalin interviewen und begegnete ihm dabei sehr respektvoll. Wells sagte in dem Interview: „Heute müssen die Kapitalisten von Ihnen [Stalin] lernen, den Geist des Sozialismus zu begreifen.“ (1)
H. G. Wells war ein enger Freund des britischen Juden Walter Low, ein Anhänger der Fabian Society. Dessen Tochter Ivy heiratete 1916 Maxim Litwinow, mit dem sie bis zu seinem Tod 1951 zusammen war. Litwinow, der Sohn eines jüdischen Bankiers aus Russland, wurde nach der Revolution der erste Botschafter der Bolschewiki in Grossbritannien. Er lebte vor der Revolution in London. Dort hatte er Lenin und Stalin kennengelernt*. In den 30er-Jahren war Litwinow sowjetischer Aussenminister und im Zweiten Weltkrieg diente er als Botschafter in den USA. Obwohl er ein prowestlicher Jude war, überlebte er Stalins Säuberung. Litwinows Frau Ivy kehrte 1972 nach England zurück. Ihre Tante Edith war eine britische Sozialistin und Zionistin. Edith hatte eine Affäre mit H. G. Wells. Sie heiratete erst den Labour-Politiker Leslie Haden-Guest, ein geadelter Baron, und danach David Eder, ein führender britischer Zionist. Eder war der Auffassung, dass der zukünftige jüdische Staat zum britischen Empire gehören sollte. Er stand der Fabian Society nahe. Zu seinen Gästen zählten H. G. Wells, Bernard Shaw und der Zionistenführer Chaim Weizmann. Über David Eder lernte Ivy ihren Mann Maxim Litwinow kennen. Ivy hatte zwei Onkel, die zu Rittern ernannt wurden. (1, 2, 3)
* Maxim Litwinow wohnte in London im selben Haus wie Stalin. Lenin und Trotzki lernten sich 1902 in London kennen. 1907 fand in London in einer sozialistischen Kirche (mit Verbindungen zur Quäkerbewegung) ein Kongress der russischen Sozialisten statt, an dem fast alle zukünftigen Führer der bolschewistischen Revolution teilnahmen. Zu den Teilnehmern gehörten unter anderem Lenin, Stalin, Maxim Gorki (Freund von H. G. Wells) sowie die jüdischen Bolschewiki Trotzki, Sinowjew, Kamenew und Litwinow. Sie hatten damals Kontakt zu britischen Gewerkschaftern und Sozialisten. In einem Artikel der sozialistischen britischen Zeitung Morning Star wird stolz darauf hingewiesen, dass die bolschewistische Revolution in England geplant wurde. (1, 2, 3) Maxim Litwinow hatte in London Kontakt zum bereits erwähnten Iwan Maiski, dem späteren Botschafter der Sowjets in Grossbritannien. Auch der erste Aussenminister der Sowjetunion, Georgi Tschitscherin (ein Adliger), verkehrte damals mit den russischen Sozialisten in London. (1) Sein Nachfolger als Aussenminister war Litwinow. Die Aussenpolitik der Sowjets wurde also bis 1939 erst von einem Adligen und dann von dem Sohn eines jüdischen Bankiers geleitet, was nicht so ganz in das kommunistische Klische passt.
Eine Geliebte von H. G. Wells war Odette Keun, die von den Briten als „eine äusserst gefährliche feindliche Agentin“ angesehen wurde. (1) Die niederländische Sozialistin bereiste mehrere Länder. Als sie Georgien besuchte, wurde sie von einem georgischen Prinzen begleitet. Im Zeitraum 1921 wurde sie vom französischen Geheimdienst beobachtet. Im selben Jahr beschlagnahmte die britische Militärpolizei ihren Reisepass, Briefe und Notizen. Allerdings wurde sie auch von den Sowjets als verdächtig eingeschätzt. Als sie die Krim besuchte, wurde sie von den Sowjets verhaftet, weil man sie für eine englische Spionin hielt. (1)
Moura Budberg
Moura Budberg (1892–1974) war eine russische Geliebte von H. G. Wells. Moura führte ein sehr interessantes Leben. Sie kannte die Anführer der russischen Freimaurer, welche die Februarrevolution 1917 anzettelten. Moura hatte Freunde in der britischen Elite, aber auch Freunde in der Sowjetunion. Sie kannte britische Geheimdienstler, aber auch sowjetische Spione in Grossbritannien. Sie verkehrte mit mindestens zwei Männern der Cambridge Five. Bei einem ist belegt, dass Moura über seine Spionage Bescheid wusste.
H. G. Wells lernte zu Beginn der 20er-Jahre bei seinem Besuch in Russland über seinen Freund Maxim Gorki die Adlige Moura Budberg kennen, mit der er von den 30er-Jahren bis zu seinem Tod 1946 eine Liebesbeziehung hatte. Moura war eine Geliebte von Gorki gewesen. Sie heiratete 1911 einen Grafen aus der baltischen Adelsfamilie Benckendorff. 1921 heiratete sie einen Baron aus der baltischen Adelsfamilie Budberg. Die beiden Familien gehörten zur Elite des Russischen Kaiserreiches. Bis zu ihrem Lebensende wurde Moura Gräfin und Baronin genannt. (1, 2, 3) Als Bertrand Russell 1920 bei seinem Besuch in Russland Gorki traf, war Moura anwesend. (1) Russell hatte auch später Kontakt zu Moura, als sie in London lebte. (S. 14) Moura lernte Bernard Shaw kennen. (1) Zu den Gästen von H. G. Wells und Moura zählte Juliette Huxley (Frau von Julian Huxley). (S. 262)
Mouras erster Ehemann war ein Verwandter von Alexander von Benckendorff (1849–1917), der in den Jahren vor der Russischen Revolution Russlands Botschafter in Grossbritannien war. Alexanders Tochter heiratete Sir Jasper Ridley, einen führenden britischen Banker, der unter anderem Vorsitzender der alten Coutts Bank war. Jasper kam mütterlicherseits aus dem schottischen Marjoribanks Clan und väterlicherseits aus einer niederen englischen Adelsfamilie. Sein Vater war britischer Innenminister, geadelter Vizegraf und Mitglied des Privy Council. Jaspers gleichnamiger Sohn heiratete eine Enkelin* des Premierministers H. H. Asquith. (1, 2) Jaspers Bruder war Freimaurer der Apollo-Loge an der Universität Oxford und heiratete in die Adelsfamilien Spencer-Churchill und Guest. (1)
* Ihre Grossmutter väterlicherseits kam aus derselben Familie wie der britische Zentralbankenchef Montagu Norman.
Ein weiteres bemerkenswertes Mitglied der Benckendorff Familie war Alexander von Benckendorff (1781–1844), der erste Chef der Geheimpolizei des Zaren. Er war Freimaurer. (1, 2)
Moura Budberg und H. G. Wells waren mit dem Briten Maurice Baring befreundet. Wells und Baring hatten Russland bereits vor der Revolution besucht. Baring war mit dem russischen Botschafter Alexander von Benckendorff befreundet. Dadurch lernte er weitere russische Adlige kennen. Baring, ein Russophiler, verkehrte zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Russland. (S. 6, 7, 8, 13, 119, 120) Im Ersten Weltkrieg arbeitete er beim Intelligence Corps, einem britischen Geheimdienst. (1) Grossbritannien und Russland waren im Ersten Weltkrieg verbündet. Barings Freund Alexander von Benckendorff spielte ein wichtige Rolle beim Austausch der beiden Länder. (1) Barings Familie war eine der mächtigsten Bankiersdynastien. In den Jahren vor der Revolution war die Barings Bank der wohl wichtigste ausländische Finanzdienstleister des Russischen Kaiserreiches. (1)
Moura Budberg kam schon in jungen Jahren mit Briten in Kontakt. Sie hatte eine irische Gouvernante und besuchte ein Internat in England. Ihr Bruder war russischer Diplomat in London. (1)
Moura Budberg war mit der Tochter von Sir George Buchanan befreundet. (S. 18) Buchanan war der letzte britische Botschafter im Russischen Kaiserreich. Sein Vater Andrew hatte ebenfalls diesen Botschafterposten inne und wurde zum Baronet geadelt. Andrew kam aus dem schottischen Buchanan Clan und heiratete in den Stewart Clan. Mütterlicherseits war er ein Enkel des Clan-Chefs des Sinclair Clans und dessen Frau aus dem Campbell Clan. (1, 2) Es gibt die Theorie, dass George Buchanan zum Verschwörerkreis gehörte, der hinter der Februarrevolution stand.
Moura Budberg kannte Alexander Kerenski und hatte angeblich eine Affäre mit ihm. (1, 2) Kerenski gehörte zu den Verschwörern der Februarrevolution. Er war Freimaurer und soll auch Rosenkreuzer gewesen sein. Er war Generalsekretär des obersten Rates des Grossorients der Völker Russlands. Diese irreguläre Freimaurerloge bestand von 1912 bis 1917. Sie beteiligte sich an der Februarrevolution, die zur Abschaffung der russischen Monarchie führte. Anschliessend gehörten mehrere Mitglieder der Loge zur provisorischen Regierung, darunter Kerenski. Einige Monate später konnten bei der Oktoberrevolution die Bolschewiki die Macht ergreifen. Vor der Machtübernahme der Bolschewiki war Kerenski Ministerpräsident von Russland gewesen. (Mehr dazu)
Nach der bolschewistischen Revolution wurde Moura Budberg in Estland verhaftet, weil man sie verdächtigte, eine Agentin der Bolschewiki zu sein. (1) Gerüchten zufolge begann Moura 1918 für die Tscheka zu arbeiten, den Geheimdienst der Bolschewiki. Sie hatte Sex mit Jakow Peters*, der damals stellvertretender Chef der Tscheka war. Jedoch war Moura vermutlich eine Doppelagentin der Briten und gab absichtlich irreführende Informationen an die Tscheka weiter. Etwas später versorgte sie Deutschland mit Informationen über die Russen. (1, 2, 3)
* Jakow Peters hatte vor der Revolution in England gelebt, wo er die Tochter eines britischen Bankiers heiratete. Er war zwar kein Jude, wurde aber 1938 bei Stalins Säuberung getötet. (1, 2, 3)
Seit Beginn der 20er-Jahre hatten der britische Geheimdienst MI5 sowie auch die Tscheka Akten über Moura angelegt. Moura infiltrierte damals die bolschewistische Führungsriege in St. Petersburg. Zur gleichen Zeit arbeitete sie als Übersetzerin im Propagandabüro der britischen Botschaft. Zudem war sie in Tallinn in Goldwäsche verwickelt. Dort lernte sie den britischen Journalisten Arthur Ransome kennen. (1) Ransome hatte Russland 1913 zum ersten Mal besucht. Nach der Machtübernahme der Bolschewiki im Oktober 1917 wollte er wieder nach Russland, aber zuerst traf er sich im britischen Aussenministerium mit dem einflussreichen Adligen Robert Cecil, der ihm schliesslich die Erlaubnis gab, nach Russland zu gehen. Dort interviewte Ransome die Oberhäupter der Bolschewiki, darunter Lenin und Trotzki. Er schrieb als Journalist pro-bolschewistische Artikel. Dabei lernte er Trotzkis Sekretärin Jewgenia Schelepina kennen, die er ein paar Jahre später im britischen Konsulat in Reval (Tallinn) heiratete, wo er wie gesagt Kontakt zu Moura Budberg hatte. Ransome arbeitete seit 1918 für den britischen Geheimdienst MI6. Zur gleichen Zeit kam in Grossbritannien und Schweden der Verdacht auf, dass er ein Agent der Bolschewiki ist. Seine Frau Jewgenia schmuggelte Diamanten und Perlen aus Russland, um Kommunisten im Ausland zu finanzieren. 1924 kehrte Ransome mit seiner Frau nach England zurück, aber in den folgenden Jahren besuchte er Russland erneut und reiste auch nach China, Ägypten und Syrien. Seit er wieder in England lebte, wollte er nichts mehr mit dem Kommunismus zu tun haben und wurde Mitglied eines Yachtclubs. Das deutet darauf hin, dass er sich im Auftrag der britischen Geheimdienste als Kommunist ausgegeben hatte. 1953 wurde er zum Ritter ernannt. Seine Schwester Marjorie heiratete in die Lupton Familie, die mit der heutigen Prinzessin Kate Middleton verwandt ist. (1, 2, 3, 4) Ransome hatte während seiner Zeit in Russland Kontakt zum bereits erwähnten Botschafter George Buchanan. Ransome schrieb in einem Brief, dass er bei seinen Aktivitäten in Russland die volle Zustimmung der britischen Behörden hatte. (1) Der MI5 stufte Ransome jedoch bis 1937 als verdächtige Person ein. Demnach waren selbst beim MI5 nicht alle eingeweiht, ansonsten hätten sie ja wissen müssen, dass Ransome ein loyaler Agent ist. Er war mit dem Schotten Robert Bruce Lockhart befreundet, der ihn in Schutz nahm, als er beschuldigt wurde, ein Agent der Bolschewiki zu sein. Lockhart sagte, dass Ransome während seiner Zeit in Russland ein wertvoller Geheimdienstmitarbeiter gewesen war. (1, 2) Lockhart stammte aus schottischen Clans. Er war vor und während der Revolution für Grossbritannien als Diplomat und Geheimagent in Russland aktiv. Nach der Revolution war er der inoffizielle Botschafter bei den Bolschewiki. Dabei knüpfte er enge Beziehungen zu Lenin und Trotzki. Damals befürworteten Teile des britischen Establishments aus pragmatischen Gründen eine Zusammenarbeit zwischen Grossbritannien und Sowjetrussland. Lockhart wurde ein Geliebter von Moura Budberg, die ihn womöglich für die Tscheka ausspionierte. Lockhart und Budberg planten, ein Leben in Russland aufzubauen. Dazu kam es aber nicht, denn im August 1918 wurde Lenin von der russischen Jüdin Fanny Kaplan angeschossen, worauf die Bolschewiki behaupteten, dass Lockhart hinter dem Attentat steckte, was zu seiner Inhaftierung führte. Auch Moura wurde verhaftet, aber noch vor Lockhart wieder freigelassen. Sie durfte ihn während seiner Zeit in Haft besuchen. Durch einen Gefangenenaustausch konnte Lockhart nach England zurückkehren. Die Bolschewiki beharrten darauf, dass Lockhart und der Agent Sidney Reilly die Drahtzieher des Attentats auf Lenin waren. (1, 2, 3, 4, 5) Sidney Reilly war damals für den britischen Geheimdienst in Russland aktiv. Es wurde vermutet, dass er ein Doppel-, Dreifach- oder gar Vierfachagent war. Er wurde infolge von Operation Trust ermordet, was für seine Loyalität gegenüber Grossbritannien spricht. (1) Lockhart und Reilly standen mit Francis Cromie in Kontakt, einem Freund des Botschafters George Buchanan. Cromie leitete Geheimdienstaktivitäten der Briten in Russland und wurde dort 1918 von Bolschewisten getötet. Er war in Moura Budberg verliebt und hatte eine Affäre mit der russischen Fürstin Sofia Gagarina, die im Gebäude der britischen Botschaft lebte. (S. 32, 33, 38, 60, 123, 124) Lockhart hatte ein gutes Verhältnis zu Georgi Tschitscherin, dem adligen Aussenminister der Sowjetunion. Als Lockhart inhaftiert wurde, sprach sich Tschitscherin dafür aus, ihn freizulassen. (S. 142)
Lockhart traf sich in Russland mit Maurice Baring und George Buchanan. Wie bereits erwähnt wurde, spielten die beiden in der Zeit vor der Revolution eine wichtige Rolle beim britisch-russischen Austausch. Lockhart und Buchanan trafen sich nach der Februarrevolution mit Alexander Kerenksi (wie gesagt Freimaurer und angeblicher Liebhaber von Moura). Kerenksi, einer der Verschwörer der Februarrevolution, ging nach der Machtübernahme der Bolschewiki ins Exil. In England ass er oft mit Lockhart zu Mittag. Bei einem Essen war der britische Premierminister Lloyd George dabei. (S. 16, 18, 45, 227) Lockhart verkehrte auch mit dem Premierminister Churchill, dem späteren König Edward VIII, dem Medienmogul Lord Beaverbrook, dem geadelten Propaganda-Chef Brendan Bracken und dem adligen Faschisten Oswald Mosley. (S. 246)
Anmerkung: Oswald Mosley war in den 20er-Jahren Politiker der Labour-Partei und verkehrte mit den führenden Sozialisten Grossbritanniens. Viele Personen, die in diesem Beitrag erwähnt wurden, kannten ihn. In den 30-Jahren war er dann der Anführer der britischen Faschisten. In dieser Rolle hetzte er gegen Juden und Sozialisten, also auch gegen seine ehemaligen Kollegen. Er freundete sich mit dem Diktator Mussoloni (Begründer des Faschismus) an. Hitler war Ehrengast bei Mosleys zweiter Hochzeit, die in Deutschland in einem Haus von Joseph Goebbels stattfand. Nach dem Weltkrieg war Mosley einer der ersten Holocaustleugner. (1, 2) Er kannte den mutmasslichen sowjetischen Spion Victor Rothschild. Mosley betrieb im Auftrag der Rothschilds Lobbyarbeit bei den Nazis und sorgte so dafür, dass einige Rothschilds das Nazireich verlassen durften. Mosley erhielt dafür eine grosszügige Summe von 40 000 Pfund. Dass er den Rothschilds half, ist erst vor 20 Jahren öffentlich bekannt geworden. (1) Natürlich tat er dies im Geheimen, da seine antisemitischen Anhänger enttäuscht gewesen wären, wenn sie erfahren hätten, dass ihr Anführer den Rothschilds eine grosse Hilfe war. Seine erste Ehefrau war die Tochter des Markgrafen George Curzon, der als Vizekönig von Indien diente. Die zweite Frau, die Mosley in Anwesenheit von Hitler heiratete, war die britische Adlige Diana Mitford. Sie hatte zuvor eine Ehe mit einem Baron aus der Unternehmerfamilie Guinness (heirateten später in die Rothschild Familie). (1) Dianas Schwester Unity Mitford war bekennende Judenhasserin und die wohl engste britische Freundin von Hitler, mit Zugang zum inneren Kreis der Nazi-Führung. Sie versuchte anscheinend, Hitler zu verführen. Es gibt sogar das Gerücht, dass sie ein Kind von ihm bekam. (1, 2) Sie lebte eine Zeit lang mit der Deutschen Erna Hanfstaengl zusammen. (1) Deren Bruder Ernst Hanfstaengl war in den 20er-Jahren mit Hitler befreundet. Während des Zweiten Weltkrieges erzählte Ernst Hanfstaengl den Geheimdiensten aus den USA, dass Hitler Sex mit Männern hatte. Die CIA hat den Bericht erst 70 Jahre später veröffentlicht. (1) Im Naziregime wurden Homosexuelle verfolgt. Hätte Hitler wirklich Sex mit Männern gehabt, dann wäre er kompromittierbar gewesen. Diana und Unity waren die Schwestern von Jessica Mitford, die im Gegensatz zu ihren Schwestern Kommunistin war. Jessica Mitford heiratete in zweiter Ehe einen kommunistischen Juden aus den USA und in erster Ehe den britischen Sozialisten und Antifaschisten Esmond Romilly. Zu dessen Verwandtenkreis gehörten schottische Clan-Chefs sowie Winston Churchill und Bertrand Russell. Mosleys Enkel Ivo Mosley heiratete in den britischen Zweig der jüdischen Milliardärsfamilie Oppenheimer.
Moura Budberg behauptete, dass sie bei der Ermordung des berühmten Rasputins dabeigewesen war. (1) Bereits kurz nach dem Mord im Jahr 1916 kam in Russland der Verdacht auf, dass britische Agenten hinter der Ermordung stehen. Selbst der Zar glaubte an eine Verschwörung britischer Agenten. Der MI6-Agent Oswald Rayner gilt als möglicher Täter. Rayner hatte sich an der Oxford-Universität mit dem russischen Fürsten Felix Jussupow angefreundet, welcher der Drahtzieher von Rasputins Ermordung war. Rayner stand unter dem Kommando von Samuel Hoare*, der damals zur MI6-Führung in Russland gehörte. Hoare freundete sich mit Wladimir Purischkewitsch an, der sich an der Ermordung Rasputins beteiligte und Hoare im Voraus über die Mordpläne informiert hatte. Interessanterweise versuchte Hoare Rasputin zu diskreditieren, indem er die Falschbehauptung verbreitete, Rasputin sei bei einer Orgie gestorben. Der Zar sagte dem Botschafter George Buchanan, er habe vom Gerücht gehört, dass Rayner einer der Mörder war, was Buchanan natürlich abstritt. Es ist belegt, dass Buchanan im Voraus wusste, dass jemand die Ermordung Rasputins plante. Buchanan sah Rasputin als Problem an, weil dieser versuchte, den Zar zu überzeugen, keinen Krieg gegen Deutschland zu führen. (1, 2, 3, 4)
* Samuel Hoare hatte später Ministerposten inne und wurde zum Vizegrafen geadelt. Er stammte aus den Quäkerfamilien Hoare, Gurney und Barclay, jenen Familien, die die Barclays Bank aufbauten.
Ab den 30er-Jahren war Moura Budberg mit H. G. Wells zusammen und lebte bis zu ihrem Tod 1974 in Grossbritannien. Heute geht man davon aus, dass sie in dieser Zeit für die sowjetischen Geheimdienste spionierte. Wells wusste über ihre Spionage Bescheid, aber er wollte sie deswegen nicht verlassen oder enttarnen, was erst vor 24 Jahren bekannt wurde. Es wird vermutet, dass Moura Einfluss darauf hatte, als Wells, Bernard Shaw und die Webbs die Sowjetunion besuchten. Alle Akten und Papiere von Moura wurden kurz vor ihrem Tod bei einem Hausbrand vernichtet. Vielleicht wollte jemand alle Beweise beseitigen. (1, 2) Eine bekannte Schriftstellerin, die eine Geliebte von Wells war, erzählte 1951 dem MI5, die Familie von Wells habe seit Jahren gewusst, dass Moura eine Spionin war. (1)
Moura hatte ein gutes Verhältnis zum ehemaligen britischen Geheimdienstler Ernest Boyce. Er nahm sie in Schutz, als sie in Verdacht geriet, eine sowjetische Spionin zu sein und schrieb: „Obwohl sie ein Gespür dafür zu haben scheint, sich in alle möglichen scheinbar kompromittierenden Situationen zu begeben, kann ich mich persönlich dafür verbürgen, dass sie eine überzeugte Verfechterin all dessen ist, wofür das Britische Empire steht.“ Moura hatte Ernest Boyce bereits in ihrer Zeit in Russland kennengelernt, als dieser dort im Auftrag des britischen Geheimdienstes unterwegs war und den Agenten Lockhart traf, der wie gesagt Mouras Geliebter war. (S. 294, 79, 80, 60)
Moura war mit dem erfolgreichen britischen Filmemacher Sir Alexander Korda befreundet. Der ungarisch-jüdische Einwanderer freundete sich mit dem Premierminister Winston Churchill an. Korda und Lockhart hatten 1935 ein Essen zusammen mit dem späteren britischen König Eduard VIII. (S. 275, 307, 308)
Moura war mit dem bereits erwähnten Iwan Maiski befreundet, der sowjetischer Botschafter in Grossbritannien war. (S. 312) Während des Zweiten Weltkriegs hatten Moura und Maiski ein Abendessen mit dem späteren Premierminister Anthony Eden. (1) Maiski wurde wie gesagt später beschuldigt, ein britischer Agent zu sein.
Moura besuchte 1960 in Russland den jüdischen Schriftsteller Boris Pasternak, der den Nobelpreis für Literatur erhielt. Dabei war Moura in Begleitung einer Enkelin von Alexander Gutschkow. (S. 292) Dieser war Freimaurer und gehörte zum obersten Rat des Grossorients der Völker Russlands. (1, 2) Mitglieder dieser Loge waren 1917 an der Februarrevolution beteiligt (mehr dazu). Nach der Februarrevolution war Gutschkow der erste Kriegsminister in der provisorischen Regierung. Sein Nachfolger war Alexander Kerenski, der zur selben Freimaurerloge gehörte und wie gesagt ein angeblicher Geliebter von Moura war.
Moura pflegte in England ein freundschaftliches Verhältnis zu Alexander Halpern (wird in manchen Quellen Galpern genannt). Dieser wurde in Russland in einer jüdischen Familie geboren. Er war wie Kerenski Generalsekretär des obersten Rates des Grossorients der Völker Russlands, also Oberhaupt der Freimaurerloge, deren Mitglieder eine wichtige Rolle bei der Februarrevolution spielten. Alexander Halpern gehörte nach der Februarrevolution zur provisorischen Regierung, genau wie seine Freimaurerkollegen Kerenski, Gutschkow und weitere. Nach der Machtübernahme der Bolschewiki ging Halpern nach Grossbritannien ins Exil, wo er mit Moura Budberg verkehrte. (1, 2, 3, 4) Halpern heiratete in die georgische Adelsfamilie Andronikow. Die Familie stammt der Legende nach vom byzantinischen Kaiser Andronikos I. aus dem 12. Jahrhundert ab.
Laut Akten des KGB stand Moura in den 30er-Jahren, als sie in Grossbritannien lebte, mit dem gefürchteten sowjetischen Geheimdienstchef Genrich Jagoda in Kontakt, der ihr Ein- und Ausreisevisa für die Sowjetunion zur Verfügung stellte. (1) Ein ehemaliger Oberst des KGB sagte, Moura sei sehr wahrscheinlich eine Geliebte von Jagoda gewesen. (1, 2) Jagodas Vater war Jude. (1) 1938 wurde Jagoda bei Stalins Säuberung hingerichtet.
Ein Informant des britischen Geheimdienstes bezeichnete Moura als „absoluten Teufel“. Ein französischer Diplomat in Moskau sagte den Briten, dass Moura „eine sehr gefährliche Frau“ sei, die zwei oder drei Gespräche mit Josef Stalin führte und ihm ein Akkordeon schenkte. Moura war dabei, als Stalin 1936 Maxim Gorki auf seinem Sterbebett besuchte. Auch der Geheimdienstchef Jagoda war anwesend. Moura hatte über Gorki Lenin kennengelernt. (1, 2) Gorki war mit Lenin befreundet. In den 20er-Jahren lebte Gorki zusammen mit Moura im Westen (er war wie gesagt ein Liebhaber von Moura und Freund von H. G. Wells). 1932 kehrte er in die Sowjetunion zurück. Er erhielt den Leninorden und wurde Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei. Bei Gorkis Beerdigung war Stalin einer der Sargträger. (1, 2) Gorki widmete Moura sein letztes Buch. (1) Gorki war mit Feliks Dzierżyński befreundet, dem Gründer und ersten Chef der Tscheka. (S. 193, 235)
Übrigens: Lenins Frau kam aus der polnischen Adelsfamilie Krupski. Auch die ersten beiden Chefs der sowjetischen Geheimdienste, Dzierżyński und Menschinski, kamen aus polnischen Adelsfamilien. Lenin hatte sie in der Führung der Tscheka installiert. Stalins Geheimdienstchefs Merkulow und Beria kamen mütterlicherseits aus dem georgischen Adel. Stalin hiess eigentlich Dschughaschwili und war Georgier. Stalins erste Frau, Ketewan (Kato) Swanidse, mit der er vor der Revolution verheiratet war, kam aus dem georgischen Adel. Stalins Tochter Swetlana heiratete in dritter Ehe den georgischen Adligen Iwan Swanidse, der mit Stalins erster Frau verwandt war. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts übernahmen Adlige und Juden eine führende Rolle in der sowjetischen Elite, genau wie in den Eliten im westlichen Europa, was aus der Sicht eines Verschwörungstheoretikers ziemlich verdächtig erscheint. Ich werde irgendwann einen Beitrag darüber schreiben.
Die russische Schriftstellerin Nina Berberowa behauptete, Moura habe Stalin einen Koffer mit geheimen Briefen von Gegnern seines Regimes, unter anderem von Trotzki und Bucharin, gegeben. (1)
In den MI5-Akten zu Moura wird sie in den 20er-Jahren als Agentin von Deutschland und 1941 als Nazi-Agentin eingestuft. (1) Als junge Frau lernte sie Personen aus der deutschen Elite kennen. Sie besuchte ein Schloss der deutschen Kaiserfamilie Hohenzollern, wo sie mit dem deutschen Kaiser und dem russischen Zaren tanzte. (1)
Zu Beginn der 30er-Jahre hatte Moura Kontakt zum deutschen Journalisten Paul Scheffer, der in den folgenden Jahren mit dem Nazi Joseph Goebbels in Kontakt stand. In den 20er-Jahren war Scheffer Korrespondent in Russland und traf dabei mehrere sowjetische Führer, unter anderem Stalin, Trotzki und den adligen Aussenminister Georgi Tschitscherin. 1925 heiratete Scheffer eine Russin, die zuvor mit einem Fürsten aus der russischen Adelsfamilie Wolkonski verheiratet war und die Zarenfamilie kannte. Scheffer war auch Korrespondent in London und besuchte viele weitere Länder. Er war ein Enkel des deutschen Bankiers Christian Gottfried Trinkaus. (1, 2) Dessen Bank war der Vorläufer der heutigen britisch-deutschen Bank „HSBC Trinkaus & Burkhardt“, die sich inzwischen HSBC Deutschland nennt.
Moura war mit dem deutschen Diplomaten Jona von Ustinov, bekannt unter dem Spitznamen „Klop“, befreundet. Sie versorgte ihn mit Informationen. Jonas Sohn Peter Ustinov, ein bekannter Schauspieler, war einer von Mouras besten Freunden. (S. 293, 322, 328) Jona von Ustinov war gegen Hitler und arbeitete zur Zeit des Naziregimes für den MI5. Sein Vater war ein Russe, der einen deutschen Adelstitel erhielt. (1) Der Sohn Peter bekam zwei Oscars und wurde vom britischen Königshaus zum Ritter ernannt. Peter war von 1991 bis zu seinem Tod 2004 Präsident der World Federalist Movement. (1, 2) Diese seit 1947 bestehende Organisation setzt sich für eine demokratische, föderale Weltregierung ein.
Die Nazis hatten 1940 eine Liste von Personen erstellt, die bei einer Invasion in Grossbritannien verhaftet werden sollten. Die Liste umfasste mehr als 2800 Personen. Auf der Liste standen viele Juden. Auch Moura Budberg war auf der Liste. Die Nazis sahen sie aus irgendeinem Grund als verdächtig an. Viele Personen, die in diesem Beitrag erwähnt wurden, standen auf der Liste, unter anderem folgende: Bertrand Russell, H. G. Wells, Julian und Aldous Huxley, J. B. S. Haldane, Beatrice Webb, Leonard und Virginia Woolf, Churchill, Cripps, Laski, Ustinov, Korda, Lockhart und Boyce.
Zu Mouras Stammgästen gehörten der schottische Verleger Hamish Hamilton und seine Frau Yvonne. (S. 328) Yvonne kam aus der alten italienischen Adelsfamilie Pallavicini.
Moura war die Grossmutter der Britin Helen Alexander, die Vorstandsposten bei Grossunternehmen innehatte, unter anderem bei der britischen Tochterfirma des chinesischen Grosskonzerns Huawei. Nach Helens Tod hielt die EZB-Chefin Christine Lagarde ihr zur Ehre eine Gedenkrede, in der sie Moura erwähnte und H. G. Wells zitierte. (1, 2, 3)
Moura war die Grosstante von Nick Clegg. (1) Dieser war von 2010 bis 2015 stellvertretender Premierminister von Grossbritannien, Vorsitzender des Privy Council und Parteichef der Liberal Democrats. Momentan ist er im Vorstand des Meta-Konzerns (Facebook) und ist dort für globale Angelegenheiten zuständig. Dadurch wird er den Multimilliardär Mark Zuckerberg kennen.
Moura war eine sehr gute Freundin von Baron Robert Boothby. (S. 328) Der Politiker war der Sohn eines Schotten und seine Frau kam aus den hohen englischen Adelsfamilien Cavendish und Beauclerk. Er kannte Ronnie Kray, der einer der führenden Köpfe der organisierten Kriminalität in England war. Boothby und Kray waren homosexuell. Es gab Gerüchte, sie hätten eine Affäre gehabt. Akten des MI5 sagen, dass die beiden gemeinsam Schwulenpartys besuchten und eine gemeinsame Vorliebe für junge Männer hatten. Kray veranstaltete Schwulenpartys, bei denen Gerüchten zufolge auch Männer aus der britischen Elite dabei waren. Daher wird vermutet, dass er diese erpressen konnte, da homosexuelle Handlungen damals in Grossbritannien noch verboten und verpönt waren. Ein Besucher der Partys war Baron Tom Driberg, der Bootbhy und Kray kannte. (1, 2, 3, 4, 5) Genau wie Boothby gehörte auch Tom Driberg zum Freundeskreis von Moura. Die beiden waren auf Mouras Beerdigung. (S. 14, 339) Driberg war Vorsitzender der Labour-Partei und ehemaliges Mitglied der Kommunistischen Partei. Er hatte sich mit dem berühmten Okkultisten Aleister Crowley getroffen, der ihn zu seinem Nachfolger machen wollte. Driberg wurde vorgeworfen, für die Sowjets spioniert zu haben. Laut Papieren des KGB wurde Driberg vom KBG erpresst, der ihm drohte, seine Homosexualität öffentlich zu machen. Driberg soll aber auch im Auftrag des MI5 die Kommunistische Partei Grossbritanniens ausspioniert haben. Als er 1958 Russland besuchte, traf er den sowjetischen Führer Nikita Chruschtschow. (1, 2) Übrigens behauptete James Humes, ein Redeschreiber von US-Präsidenten, dass Chruschtschow ein romantisches Verhältnis mit Lady Jeanne Campbell hatte, die zu dieser Zeit angeblich Affären mit dem kubanischen Diktator Fidel Castro und dem US-Präsidenten John F. Kennedy führte. Auch der bereits erwähnte Faschist Oswald Mosley zählte zu ihren Liebhabern. Sie war die Tochter des Herzogs von Argyll (Clan-Chef des Campbell Clans). Ihr zweiter Ehemann kam aus den Familien Cram und Drexel, zwei Familien aus der US-amerikanischen Elite. (1, 2)
Moura war eine Liebhaberin von Graf William Jowitt und Vizegraf Duff Cooper. Die beiden hochrangigen Politiker und weitere Personen aus der britischen Elite bürgten für Moura, als sie in Verdacht geriet, eine sowjetische Spionin zu sein. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete Moura im von Cooper geleiteten Informationsministerium, das für Propaganda zuständig war. Moura beteiligte sich an einem Komplott, der sich gegen den französischen General Charles de Gaulle richtete. 1942 warnte ein Berater von Churchill den britischen Geheimdienstchef, dass „diese entsetzliche Frau (…) ein wahrer Schrecken in Sachen Intrigen“ sei. Eine andere Quelle sagte, Moura sei „eine leidenschaftliche Liebhaberin von Intrigen“ mit „keiner besonderen Loyalität ausser zu sich selbst“. Moura pflegte Kontakt zum adligen Premierminister Anthony Eden und zum jüdischen Verleger Baron George Weidenfeld. 1959 besuchten Moura und Weidenfeld gemeinsam Russland. In den folgenden Jahren reiste Moura mehrfach nach Russland. (1) Auch in ihrem letzten Lebensjahr 1974 besuchte sie die Sowjetunion. (1)
Moura kannte seit den 20er-Jahren den britischen Politiker Sir Harold Nicolson. Dessen Sohn Nigel gründete zusammen mit Weidenfeld einen Verlag. Harold hielt Moura für „die cleverste Frau ihrer Zeit in London“. Harold und Moura waren mit Guy Burgess befreundet, der zum sowjetischen Spionagering der Cambridge Five gehörte. (S. 315, 316) Harolds Frau war die Adlige Vita Sackville-West, die wie bereits erwähnt eine Affäre mit Virginia Woolf und weitere lesbische Beziehungen hatte. Harold führte ebenfalls homosexuelle Beziehungen. Er speiste mit vielen mächtigen Leuten, darunter mit der britischen Königsfamilie, Winston Churchill, Kermit Roosevelt und Charles de Gaulle. (1, 2) Harold stammte mütterlicherseits aus dem schottischen Hamilton Clan. (1)
Als Moura in England lebte, empfing sie regelmässig Guy Burgess in ihrer Wohnung. Burgess war ein Mitarbeiter des britischen Geheimdienstes, der als Doppelagent für die Sowjetunion spionierte. Er gehörte zum Spionagering der Cambridge Five. Einer der Cambridge Five war Anthony Blunt, ebenfalls ein Freund von Moura. Bereits ein Jahrzehnt bevor er enttarnt wurde, hatte Moura dem MI5 erzählt, dass Blunt ein sowjetischer Spion ist, was der MI5 aber seltsamerweise nicht weiterverfolgte. (1, 2, 3, 4) Moura wusste also Dinge, die sonst nur ein kleiner Kreis an Personen wusste.
Kapitel V
Das Spionagenetzwerk der Cambridge Five
Die Cambridge Five waren fünf Briten, die in den 30er-Jahren an der Eliteuniversität Cambridge, eine der ältesten der Welt, studierten. Dort kamen sie mit kommunistischen Kreisen in Kontakt. Dabei wurden sie vom sowjetischen Geheimdienst als Spione angeworben. Die Cambridge Five waren der bekannteste Spionagering in Grossbritannien. Die fünf Männer waren Kim Philby, Donald Maclean, Guy Burgess, John Cairncross und Anthony Blunt. Die ersten drei genannten Männer flüchteten in die Sowjetunion, als klar war, dass sie als Spione enttarnt werden. Sie lebten bis zu ihrem Tod in der Sowjetunion. Cairncross und Blunt lebten weiterhin in Grossbritannien und wurden nie verurteilt.
Die fünf Männer arbeiteten für britische Geheimdienste, wo sie für die Sowjets spionierten. Maclean, Cairncross und Burgess arbeiteten auch im britischen Aussenministerium. MacLean und Burgess waren in der britischen Botschaft in Washington tätig. Über diese Posten hatten die Cambridge Five Zugang zu geheimen Informationen, die sie an die Sowjets weiterleiteten.
Anthony Blunt
Anthony Blunt (1907–1983) war ein Kunsthistoriker und diente Queen Elizabeth als Kunstberater. Er war entfernt mit der Queen verwandt und freundete sich mit der Königsfamilie an. 1956 wurde er von der Queen zum Ritter geadelt. Im Zweiten Weltkrieg arbeitete er für den MI5. In den 30er- und 40er-Jahren war er ein Spion des sowjetischen Geheimdienstes. Die Sowjets wurden jedoch misstrauisch und vermuteten, Anthony Blunt sei ein Dreifachagent. 1964 gestand Blunt dem MI5 seine Spionage für den Feind. Das Geständnis wurde geheimgehalten. Er durfte weiterhin für die Königsfamilie arbeiten. Erst 1979 wurde öffentlich bekannt, dass er in der Vergangenheit ein Spion gewesen war. Er musste nie ins Gefängnis. Blunt war in den 60er-Jahren mit Dick White befreundet, der Chef des MI5 und MI6 war. Blunt und White verbrachten Weihnachten bei Victor Rotschild zu Hause. (1, 2, 3, 4) Victor Rotschild war wie bereits erwähnt ein mutmasslicher Spion der Sowjets. Diese Leute waren aber vielleicht auch Doppelagenten oder sogar Teil einer Verschwörung, die Absprachen zwischen den britischen und sowjetischen Geheimdiensten beinhaltete. Vor allem während des Zweiten Weltkrieges hätte es bei Personen aus der britischen Elite ein Interesse an einem geheimen Austausch mit den Sowjets gegeben, um so Hitler gemeinsam besiegen zu können. Vielleicht taten sie dies ohne das Wissen der konservativen Regierung, die aufgrund ihrer antikommunistischen Haltung nicht begeistert war von einer Zusammenarbeit mit den Sowjets. Vor dem Krieg gab es im konservativen Flügel der britischen Elite viele, die der Meinung waren, dass man sich mit den Nazis gegen die Sowjets verschwören sollte und Hitler als Instrument im Kampf gegen den Kommunismus nutzen könnte. Linke und Juden aus der britischen Elite wollten hingegen, dass sich die Alliierten mit den Sowjets verbünden, um Hitler loszuwerden. Dick White leitete den MI6 von 1956 bis 1968, also in jener Zeit, in der er mit Anthony Blunt befreundet war. Unter White hatte der MI6 auch den Cambridge Five-Spion Kim Philby geschützt (siehe weiter unten).
Schottische Spione
Einer der Cambridge Five war Donald Maclean (1913–1983). Sein gleichnamiger Vater besuchte ein Clan-Treffen des schottischen MacLean Clans. (1) Der Vater war Präsident der Liberalen Partei, Bildungsministerer, Mitglied des Privy Council und geadelter Ritter. (1) Womöglich waren sie mit John Maclean (1879–1923) verwandt, der einer der führenden Sozialisten Schottlands war. Er sprach von einem „keltischen Kommunismus“, der vom Clangeist inspiriert war. Es soll zwar nur ein Mythos sein, aber ursprünglich glaubte man, dass sein Vater von der Isle of Mull kam, die vor ein paar Hundert Jahren dem MacLean Clan gehörte. Die Bolschewiki schätzten John Maclean und machten ihn nach der Russischen Revolution zu ihrem Konsul in Schottland und zum Ehrenpräsidenten des Allrussischen Sowjetkongresses. John Maclean wurde vom britischen Militärgeheimdienst als „gefährlichster Mann Grossbritanniens“ bezeichnet. (1, 2, 3, 4)
Donald Maclean betrieb in der britischen Botschaft in Washington Spionage, wo er Zugang zu streng geheimen Informationen erhielt. Er hatte mehrmals Telefonate mit dem Amerikaner Alger Hiss, die vom FBI abgehört wurden. (1) Wie bereits erwähnt wurde, stand Hiss im Verdacht, einem sowjetischen Spionagering in den USA anzugehören. Hiss leitete eine der mächtigsten Denkfabriken.
Donald Maclean hatte eine Liebesbeziehung mit der Jüdin Kitty Harris, einer Agentin des sowjetischen Geheimdienstes. Er brachte ihr Papiere aus dem Aussenministerium zum Fotografieren. Sie war die Exfreundin von Earl Browder, der Chef der Kommunistischen Partei der USA war und mit dem sowjetischen Geheimdienst zusammenarbeitete. Harris und Browder verbrachten ein paar Jahre in Shanghai. Dort hatten sie Kontakt zu chinesischen Kommunisten, die damals noch im Untergrund aktiv waren. (1, 2) Browders Enkel Bill ist ein britisch-amerikanischer Geschäftsmann und wurde 2024 zum Ritter ernannt. 1996 gründete Bill Browder zusammen mit dem jüdischen Milliardär Edmond Safra ein Finanzunternehmen, das einer der grössten ausländischen Investoren in Russland war.
Donald Maclean war mit Mark Culme-Seymour befreundet. (1, 2) Dieser kam aus einem Familienzweig der englischen Adelsfamilie Seymour und heiratete in die französische Herzogsfamilie Trémoille. (1)
1951 flüchtete Donald Maclean in die Sowjetunion, wo er bis zu seinem Tod lebte. Er erhielt die russische Staatsbürgerschaft. Er arbeitete für das sowjetische Aussenministerium sowie für das Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen (IMEMO). (1, 2)
Auch John Cairncross (1913–1995), ein weiterer Spion der Cambridge Five, war Schotte. Erst einige Jahre vor seinem Tod wurde öffentlich bekannt, dass er ein sowjetischer Spion gewesen war, was der britische Geheimdienst schon spätestens seit 1964 wusste, weil Cairncross ein Geständnis abgelegt hatte. Er war der Bruder des Ökonomen Sir Alec Cairncross. (1, 2, 3) Dieser war von 1972 bis 1996 Kanzler der Universität von Glasgow. (1) Die schottische Universität besteht seit dem 15. Jahrhundert.
Die Meisterspionin Moura Budberg war mit dem schottischen Verleger James MacGibbon (1912–2000) befreundet. 1950 veranstaltete Moura eine kleine Party, bei der neben MacGibbon auch Guy Burgess, einer der Cambridge Five, teilnahm. Die Party wurde vom britischen Geheimdienst überwacht. MacGibbon stand schon länger unter Beobachtung. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete er für eine Abteilung des britischen Geheimdienstes und leitete dabei heimlich Informationen, die die deutschen Streitkräfte betrafen, an den sowjetischen Geheimdienst weiter. Nach dem Krieg wollten die Sowjets ihn überreden, weiterhin als Informant zu arbeiten, aber er lehnte ab, weil er seine Aufgabe, den Sowjets im Kampf gegen Hitler zu helfen, als erledigt ansah. (S. 317) Er war ehemaliges Mitglied der Kommunistischen Partei Grossbritanniens. Man konnte ihm nie nachweisen, ein Spion zu sein. Auf seinem Sterbebett gestand er in einer geheim gehaltenen eidesstattlichen Erklärung, dass er während des Weltkrieges Informationen an die Sowjets weitergegeben hatte. (1)
Die Cambridge Five waren bei ihren Spionageaktivitäten mit dem Schotten Bob Stewart (1877–1971) verbunden. Ein Politiker schrieb in einem Buch, dass Stewart eine Zeit lang die Cambridge Five kontrollierte. Stewart war einer der führenden Kommunisten Schottlands. Er gehörte zu den Gründern der Kommunistischen Partei Grossbritanniens. Die bolschewistische Revolution löste bei ihm grosse Begeisterung aus. Er besuchte Russland und vertrat dort die britischen Kommunisten bei der Kommunistischen Internationale in Moskau. Er ging auf die Internationale Lenin-Schule in Moskau, die Kommunisten aus der ganzen Welt ausbildete, darunter auch Briten. 1924 nahm Bob Stewart an Lenins Beerdigung teil. Stewarts Sohn Bill wurde Chauffeur und Aufpasser des sowjetischen Botschafters. Der Sohn Robert und die Tochter Nan arbeiteten für die ARCOS, die für den sowjetisch-britischen Handel zuständig war. Nan heiratete Anatole Kaminski, ebenfalls ein Angestellter der ARCOS. Sein Bruder Grigori Kaminski, ein jüdischer Bolschewist, war sowjetischer Gesundheitsminister und Chef der Kommunisten in Aserbaidschan. 1938 wurde Grigori Kaminski bei Stalins Säuberung hingerichtet, was Bob Stewart nicht davon abhielt, weiterhin mit den Sowjets zusammenzuarbeiten. Stewart half beim Aufbau kommunistischer Parteien in Irland und Frankreich. Er sah sich selbst nicht als russischer Agent, sondern als internationaler Revolutionär. In den 20er-Jahren war er an einer Geheimmission beteiligt, bei der Bargeld und Dokumente an die chinesischen Kommunisten geschmuggelt wurden. Nachdem der Kommunistenführer Mao Zedong an die Macht gekommen war, traf er Bob Stewart und bedankte sich bei ihm für seine Unterstützung. Im Zweiten Weltkrieg leitete Stewart die Geheimorganisation der Kommunistischen Partei Grossbritanniens und hatte dabei Kontakt nach Moskau. Obwohl er 30 Jahre als Agent für die Sowjets tätig war, musste er nicht wegen Landesverrats ins Gefängnis. Er wurde aber mehrfach verhört, auch nach Anthony Blunts Geständnis, aber Stewart hatte im Verhör immer dichtgehalten. (1, 2, 3, 4)
Michael Straight
Der Cambridge Five-Spion Anthony Blunt hatte an der Cambridge-Universität Kontakt zum US-Amerikaner Michael Straight (1916–2004), der seinem Spionagenetzwerk beitrat. Michael Straight sympathisierte mit dem Kommunismus und besuchte 1935 Russland. Dort lernte er Anthony Blunt kennen. Bevor Straight in Cambridge studierte, war er auf der LSE gewesen. An den beiden Universitäten kam er mit Sozialisten in Kontakt und trat einer Zelle der Kommunistischen Partei Grossbritanniens bei. 1963 gestand er dem FBI seine kommunistische Vergangenheit. Durch seine Aussagen wurde Anthony Blunt enttarnt. Straight musste nicht ins Gefängnis. Seine Familie gehörte zum angloamerikanischen Establishment. Sein Vater war Investmentbanker bei JP Morgan. Die Sowjets wollten, dass Straight in ihrem Auftrag die Wall Street unterwandert. Er kam mütterlicherseits aus der Whitney Familie, die seit dem 19. Jahrhundert zur Elite der USA gehört. Straight heiratete in zweiter Ehe in die Auchincloss Familie, die wie die Whitney Familie Kontakt zu den mächtigsten Familien der USA hatte. Straights Eltern waren Freunde der Präsidentenfamilie Roosevelt. (1, 2, 3, 4)
Anmerkung: Straights Bruder Whitney heiratete Daphne Finch-Hatton, die väterlicherseits aus einer britischen Grafenfamilie und mütterlicherseits aus der US-amerikanischen Drexel Familie kam. Daphnes Bruder heiratete in die Vanderbilt Familie aus den USA und ihre Schwester heiratete einen Sohn des britischen Bankers Frank Cyril Tiarks (von der Schroders Bank). (1) Michael Straights Frau Nina war die Halbschwester von Janet Auchincloss. Diese heiratete Lewis Rutherfurd, der als Finanzier in Hongkong aktiv war. Seine Familie gehörte bereits im 18. Jahrhundert zur New Yorker Elite und stammt aus dem schottischen Rutherford Clan. Lewis ist mütterlicherseits ein Enkel von Frank Polk, der Gründungspartner von Davis Polk war, einer führenden Anwaltskanzlei in New York. Lewis heiratete in zweiter Ehe in die Du Pont Familie, eine der mächtigsten und reichsten Dynastien der USA. Janets Vater Hugh war ein Enkel von Oliver Burr Jennings, der mit der Rockefeller Familie verschwägert und an ihrem Ölkonzern beteiligt war. Janets Halbschwester Jacqueline Bouvier heiratete erst den US-Präsidenten Kennedy und danach den superreichen Griechen Aristotle Onassis. Jacquelines Schwester Caroline heiratete in zweiter Ehe in die polnische Hochadelsfamilie Radziwiłł. Carolines erster Ehemann war der US-amerikanische Diplomat Michael Canfield, ein angeblicher Sohn des britischen Prinzen George von Kent. (1, 2, 3, 4) Prinz George war übrigens Grossmeister der Freimaurer in England. (1) Michael Canfield heiratete in zweiter Ehe eine Enkelin des Clan-Chefs des schottischen Charteris Clan. Die Enkelin heiratete danach einen Herzog aus der englischen Adelsfamilie Spencer-Churchill. (1)
Michael Straight war Multimillionär. Er wurde Mitglied der Cambridge Apostles, bei denen er Guy Burgess, einen der Cambridge Five, kennenlernte. (1, 2) Die Cambridge Apostles wurden weiter oben bereits erwähnt. Zu ihren Mitgliedern gehörten zwei oder drei weitere Spione der Cambridge Five.
Michael Straight war in Cambridge ein Schüler von Keynes und Harold Laski. Er wurde ein enger Freund von Keynes und sagte viele Jahre später, dass Keynes der „grösste Geist war, dem ich je begegnet bin“. Straight erzählte, dass Keynes zu ihm sagte: „Es gibt heute in England nur zwei Gruppen, die ich bewundern kann, die Liberalen in meinem Alter und die jungen Kommunisten.“ (1) Keynes war ebenfalls Mitglied der Cambridge Apostles. Er freundete sich mit den Spionen Anthony Blunt und Guy Burgess an. Burgess hatte Kontakt zur Keynes’ russischer Frau. (1, 2)
An der Cambridge-Universität freundete sich Michael Straight mit James Klugmann an. (1) Der britische Jude half dem sowjetischen Geheimdienst bei der Rekrutierung der Cambridge Five. Er durfte während des Zweiten Weltkrieges für den britischen Geheimdienst SOE arbeiten, obwohl er zur Kommunistischen Partei Grossbritanniens gehörte. Klugmann erhielt bei der SOE Zugang zu streng geheimen militärischen Informationen. Er kannte Arnold Deutsch. (1, 2, 3) Der sowjetische Agent rekrutierte Kim Philby. Arnold Deutsch gilt allgemein als der Architekt des Cambridge Five-Spionagerings. Er war ein österreichischer Jude. (1, 2, 3)
Kim Philby und Guy Burgess
Kim Philby (1912–1988) war einer der Cambridge Five. Er besetzte hohe Positionen beim britischen Geheimdienst. Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er zum Leiter der antisowjetischen Abteilung ernannt. Dabei war er für die Überwachung von sowjetischen Spionen zuständig, aber er war wie gesagt selbst einer. 1946 wurde er zum Ritter geadelt. Ein paar Jahre später war er ein wichtiger Vertreter des britischen Geheimdienstes in den USA und arbeitete in der Botschaft in Washington. Soviel ich weiss, war er der höchstrangige Doppelagent im britischen Geheimdienst. 1963 wurde er enttarnt. Dennoch gelang es ihm, in die Sowjetunion zu flüchten. Dort half er dem KGB, Spione für Missionen im Westen auszubilden. Die Sowjets schätzten ihn. Sie verliehen ihm mehrere Verdienstorden, darunter den Leninorden, einen der höchsten Orden der Sowjets. Er erhielt auch Auszeichnungen von Bulgarien, Kuba, Ostdeutschland und Ungarn (waren damals kommunistische Länder). Sein Begräbnis 1988 fand mit staatlicher Ehre statt. Zwei Jahre später wurde er auf einer sowjetischen Briefmarke abgebildet. (1, 2, 3)
2015 wurden streng geheime Dokumente des britischen Geheimdienstes freigegeben, die über 50 Jahre lang unter Verschluss gehalten wurden. Die Dokumente zeigen, dass der MI5 und MI6 verzweifelt versuchten zu verhindern, dass die britische Öffentlichkeit und die US-Regierung von der Spionage der Cambridge Five erfahren. Kim Philby wurde bis zu seiner Flucht 1963 von seinen Vorgesetzten beim MI6 geschützt. Der MI5 wusste eigentlich schon Jahre zuvor, dass Philby ein Spion ist, aber vor allem der MI6 schützte ihn (der damalige Chef des MI6 war der bereits erwähnte Dick White, der zu dieser Zeit mit dem Spion Anthony Blunt befreundet war). 1952 meinte ein hochrangiger Beamter des Aussenministeriums, Philby sei ein Spion, es aber das Beste wäre, ihn entkommen zu lassen. Philby flüchtete 1963 ins Ausland, kurz nachdem er sich mit dem MI6-Mitarbeiter Nicholas Elliott ausgetauscht hatte, der ihm für ein Geständnis Immunität vor der Strafverfolgung angeboten hatte. Elliott hatte also absichtlich oder unabsichtlich Philby gewarnt. Durch die 2015 veröffentlichten Dokumente wurde auch klar, dass der MI5 grosse Angst hatte, dass der seit 1951 im Exil lebende Guy Burgess (1911–1963), einer der Cambridge Five, nach Grossbritannien zurückkehrte könnte, weil man keinesfalls wollte, dass er vor ein britisches Gericht kommt. Der MI5 bat den Spion Anthony Blunt, er soll seinem Freund Burgess schreiben und ihm mitteilen, dass er nicht zurückkehren darf. Ein Gerichtsverfahren gegen Burgess wäre für seine Freunde vielleicht unangenehm geworden. Zu seinem Bekanntenkreis gehörten Keynes, der mutmassliche Spion Victor Rothschild (der auch mit Anthony Blunt verkehrte) sowie Clarissa Churchill (Nichte des Premierministers Winston Churchill und Ehefrau des Premierministers Anthony Eden). Als Clarissa und Eden heirateten, schrieb Burgess einen Brief aus dem Exil, in dem er zur Hochzeit gratulierte, was selbstverständlich geheim gehalten wurde. (1) Guy Burgess und Anthony Eden verkehrten wie bereits erwähnt mit Moura Budberg.
Guy Burgess sowie auch der Spion Anthony Blunt waren homosexuell. Moura Budberg wusste davon. (1) Burgess verkehrte in der Schwulenszene. Damals waren homosexuelle Handlungen noch verboten und geächtet. Falls Burgess über die Homosexualität von einflussreichen Briten Bescheid wusste, dann hätte er sie im Auftrag der Sowjets erpressen können. Vielleicht wollte der MI5 nicht, dass Burgess aus dem Exil zurückkehrt und vor Gericht kommt, weil er zu viele belastende Dinge über Personen aus der britischen Elite wusste.
Burgess war mit dem homosexuellen Politiker Tom Driberg befreundet, der ihn 1956 in Moskau im Exil besuchte und eine wohlwollende Biografie über ihn schrieb. (1, 2) Zur Erinnerung: Driberg war ein Freund von Moura Budberg. Er nahm an den Schwulenpartys des Verbrecherbosses Ronnie Kray teil, wodurch der KGB Driberg erpressen konnte. Burgess’ Freund Keynes war bisexuell und hatte Affären mit Männern.
In den 30er-Jahren infiltrierten Kim Philby und Guy Burgess in Grossbritannien antikommunistische Kreise und gaben sich als Nazi-Sympathisanten aus. Sie traten der Anglo-German Fellowship bei. Diese britische Gesellschaft bestand von 1935 bis 1939. Sie setzte sich für eine freundschaftliche Beziehung zwischen Grossbritannien und Nazideutschland ein. Philby übernahm eine führende Rolle in der Gesellschaft. Dabei hatte er Kontakt zu Joachim von Ribbentrop, der damals Nazideutschlands Botschafter in Grossbritannien war. Zwischen 1935 und 1937 reiste Burgess nach Deutschland, um führende Nazis zu treffen. Die Informationen, die er dabei sammelte, gab er an die Sowjets weiter. Kim Philby gelang es auch, sich mit der faschistischen Führung in Spanien zu vernetzen. Er tat dabei so, als sei er ein grosser Bewunderer des faschistischen Diktators Franco. Franco verlieh ihm ein Verdienstkreuz. Philby leitete die Informationen, die er in Spanien sammelte, an die Sowjets weiter. (1, 2) Ein Mitglied der Anglo-German Fellowship war der Politiker John Macnamara. Es wird gesagt, dass er ein Liebhaber von Burgess war. Burgess soll für ihn Sexurlaube, insbesondere in Deutschland, organisiert haben. (1, 2, 3)
Philbys Vater St. Johannes „Jack“ Philby (1885–1960) konvertierte zum Islam und heiratete in zweiter Ehe eine Saudi-Araberin. Er war für den britischen Geheimdienst im Nahen Osten aktiv, wobei er Kontakt zum späteren CIA-Chef Allen Dulles hatte. Eine Zeit lang war Jack Philby Geheimdienstchef für Transjordanien. Er war ein wichtiger Berater von König Abdelaziz Ibn Saud (Gründer Saudi-Arabiens) und versorgte ihn mit Geheimdienstinformationen, vermutlich ohne Erlaubnis des britischen Geheimdienstes. Jack Philby und das saudische Königshaus wollten die Gründung Israels verhindern. Er baute ein internationales antizionistisches Netzwerk auf. Dabei kooperierte er mit dem Geheimdienst der Nazis. Er hatte allerdings dabei gehofen, Juden von der Kommunistischen Internationale mit jüdischen Bankiers aus Grossbritannien in Verbindung zu bringen, als er die Komintern unterwanderte. Er wollte in zionistische Kreise eindringen und versuchte, das Vertrauen des zionistischen Führers Chaim Weizmann zu gewinnen. Jack Philby hatte zudem enge Verbindungen zu Ölkonzernen aus den USA. Während seines Studiums hatte er Jawaharlal Nehru kennengelernt, der später Indiens erster Regierungschef wurde. Jack Philbys Trauzeuge war sein entfernter Cousin Bernard Montgomery. (1, 2) Dieser war einer der führenden Offiziere der britischen Armee und stellvertretender Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa. Er stammte aus dem schottischen Montgomery Clan und wurde zum Vizegrafen geadelt.
Der Autor Robert Littell stellt in einem Buch von 2012 die These auf, dass Kim Philby ein Dreifachagent war, der die sowjetische Spionage infiltrierte. Philbys Vater soll den Plan verfolgt haben, den sowjetischen Geheimdienst durch Infiltration unter britische Kontrolle zu bringen. (1) 1984 äusserte die CIA den Verdacht, dass Kim Philby ein Dreifachagent war. (1) Als er 1963 in die Sowjetunion flüchtete, misstraute ihm der KGB und hielt es für möglich, dass Philby immer noch im Dienste Grossbritanniens steht. Nach seinem Tod 1988 wollte einer seiner ehemaligen Kollegen beim MI6 einen Nachruf in der Times veröffentlichen, in dem angedeutet wurde, Philby habe die ganze Zeit für Grossbritannien gearbeitet. (1)
Ein Vorgesetzter und Freund von Kim Philby beim MI6 war der erfolgreiche Autor Graham Greene. 1987 wurde Philby im Exil von Greene besucht. Greene verfasste das Vorwort der Autobiografie, die Philby 1967 im Exil geschrieben hatte. (1, 2) Greene verkehrte mit Moura Budberg. Er besuchte auch den Spion Guy Burgess im Moskauer Exil. Burgess sagte ihm, er soll bei seiner Rückkehr Moura eine Flasche Gin geben. (S. 14, 330, 335) Greenes Cousine war eine Freundin von Moura. (1) Greene war mit Bertrand Russell befreundet. (1) Er erhielt einen Verdienstorden vom Königshaus. (1) Er war ein scharfer Kritiker der US-Aussenpolitik und traf sich oft mit amerikafeindlichen Regierungschefs, wie Fidel Castro und Daniel Ortega. (1) Grahams Bruder Sir Hugh Greene war Chef der BBC. Die Brüder kamen aus der Gründerfamilie der Brauerei Greene King. (1) Hugh heiratete in die einflussreiche Guinness Familie. (1)
Kim Philby und Donald Maclean hatten im Exil in der Sowjetunion weiterhin Kontakt zueinander. Philby begann eine Affäre mit Macleans Frau. (1, 2) Philby hielt 1981 im Geheimen einen Vortrag bei der Stasi, dem Geheimdienst des kommunistischen Ostdeutschlands. In seinem Vortrag behauptete er, dass er mit seiner Spionage den Dritten Weltkrieg verhindert hatte. Der jüdische Spionagechef Markus Wolf war bei dem Vortrag anwesend. (1, 2) Markus Wolf leitete über 30 Jahre lang den Auslandsgeheimdienst der Stasi. Dieser unterstützte kommunistische Bewegungen und Regierungen in der Dritten Welt, die RAF-Terroristen in Westdeutschland sowie die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO). (1) Markus Wolf wäre für Israel ein wertvoller Informant gewesen, da er viel über das Innenleben der PLO wusste. Einige Jahre nach dem Ende des kommunistischen Ostdeutschlands besuchte er Israel und traf dort ehemalige Chefs der israelischen Geheimdienste. (1) 2013 wurde bekannt, dass Wolfs Sohn Franz im Dienste des jüdischen Milliardärs Michail Fridman steht. (1) Fridman ist einer der reichsten und mächtigsten Unternehmer Russlands.
Kim Philby heiratete 1934 Litzi Friedmann, eine österreichische Jüdin und Kommunistin. Litzi stand mit dem sowjetischen Geheimdienst in Kontakt. Sie machte Philby mit dem österreichischen Juden Arnold Deutsch bekannt, der ihn für den sowjetischen Geheimdienst rekrutierte. (1, 2, 3) Litzi war eine gute Freundin von Edith Suschitzky, ebenfalls eine kommunistische Jüdin aus Österreich, die mit dem sowjetischen Geheimdienst zusammenarbeitete. Arnold Deutsch war Ediths Jugendliebe. Sie hatte eine Affäre mit dem österreichischen Physiker Engelbert Broda, durch den sie Informationen über die Atomwaffenforschung* Englands erhielt, die sie an die Sowjets weitergab. Engelberts Bruder Christian Broda wurde später Justizminister von Österreich. Edith zog nach England, wo sie mit den Cambridge Five in Kontakt stand und Informationen nach Russland weiterleitete, von denen einige vom oben erwähnten Bob Stewart stammten. Edith heiratete 1933 Alexander Tudor-Hart, der zur Kommunistischen Partei Grossbritanniens gehörte. (1, 2, 3, 4) Tudor-Hart war ein Student von Keynes. (1) Nach Angaben von Geni.com war Tudor-Hart ein Urenkel des erfolgreichen US-amerikanischen Unternehmers Frederic Tudor und ein Nachkomme von Aaron Hart (1724–1800), welcher der erste reiche Jude in Kanada war. Aaron Hart wurde Mitglied der kanadischen Freimaurer. Zum Zeitpunkt seines Todes galt er als der reichste Mann im britischen Kanada. (1, 2) Sein gleichnamiger Enkel war auch Mitglied der Freimaurer in Kanada. (1)
Edith Suschitzkys Bruder arbeitete mit Julian Huxley zusammen. (1)
* Sowjetische Spione im US-Atomwaffenprogramm waren die russischen Juden David Greenglass, Theodore Hall, George Koval und Harry Gold. Sie waren mit den sowjetischen Spionen Julius und Ethel Rosenberg sowie mit Morton Sobell verbunden, die ebenfalls aus russisch-jüdischen Einwandererfamilien kamen. Der wichtigste Spion beim Bau der Atombomben war der Deutsche Klaus Fuchs, der aber kein Jude war. Der wissenschaftliche Leiter bei der Entwicklung der Atombombe war Robert Oppenheimer, der Sohn eines deutschen Juden. Soviel bekannt ist, war Oppenheimer kein Spion, aber er hatte enge Verbindungen zur kommunistischen Bewegung in den USA. Seine Frau Katherine und sein Bruder Frank waren Mitglied der Kommunistischen Partei der USA.
Litzi Friedmann machte Kim Philby 1934 mit dem kommunistischen Agenten Gábor Péter bekannt. (1) Laut Wikipedia hatte Litzi Sex mit Gábor Péter. Der ungarische Jude war nach dem Zweiten Weltkrieg für sieben Jahre Chef der kommunistischen Geheimpolizei in Ungarn. Wie bereits erwähnt wurde, startete Stalin 1952 eine antijüdische Säuberung. Auch im kommunistischen Ungarn begann im selben Jahr eine antijüdische Säuberung, bei der Gábor Péter inhaftiert und verurteilt wurde. Man warf ihm und anderen Juden vor, Teil einer zionistischen Spionageorganisation zu sein. (1, 2, 3)
Kim Philby und Litzi Friedmann hatten in ihrer Zeit in Österreich Kontakt zum österreichischen Juden Teddy Kollek. (S. 350) Die Nachrichtenseite Thedailybeast schreibt, dass Kollek auf ihrer Hochzeit war. (1) Kolleks Vater sass im Vorstand der Rothschild Bank in Österreich. Kollek traf jüdische Soldaten der britischen Armee, mit deren Hilfe er britische Waffen nach Palästina schmuggelte, das damals unter der Kontrolle von Grossbritannien stand. Zu jener Zeit gab es dort jüdische Terroristen, die mit Anschlägen die Briten aus Palästina vertreiben wollten. Kollek verriet den Briten tausend Namen von Angehörigen der terroristischen Gruppen. Später wurde er von anderen Juden kritisiert, weil er seine Volksleute verraten hatte. Kollek sagte, er sei stolz darauf und würde es wieder tun. Er war Mitglied der israelischen Labor-Partei. Von 1965 bis 1993 war er Bürgermeister von Jerusalem. Noch bevor Israel 1948 gegründet wurde, hatten Juden in Palästina einen Geheimdienst gegründet. Kollek besetzte bei diesem eine hohe Position und tauschte sich dabei mit den britischen Geheimdiensten aus. Nach der Gründung Israels wurde er ein wichtiger Verbindungsmann zwischen Israel und der CIA. (1, 2, 3) Die CIA hatte erst Angst, dass der Mossad von sowjetischen Agenten unterwandert war, die sich als jüdische Flüchtlinge aus Osteuropa ausgaben. Kollek freundete sich mit James Jesus Angleton an, dem Chef der Spionageabwehr der CIA. Ein Hobby von Angleton war die Orchideenzucht. Kollek brachte ihm seltene israelische Orchideen von einer Farm, die den Rothschilds gehörte. Angleton hatte auch engen Kontakt zu Kim Philby. (S. 351–353)
Jenifer und Herbert Hart
Arnold Deutsch diente wie gesagt als sowjetischer Verbindungsmann zu den Cambridge Five. Er versuchte, die Britin Jenifer Hart (1914–2005) anzuwerben, als diese in jungen Jahren Mitglied der Kommunistischen Partei Grossbritanniens war. Zu dieser Zeit trat Jenifer Hart in den öffentlichen Dienst ein und arbeitete im Innenministerium. Viele Jahre später wurde sie beschuldigt, früher für die Sowjets spioniert zu haben, was sie abstritt. Der MI5-Offizier Peter Wright behauptete, dass Jenifer Hart zu einem Spionagering gehörte, der an der alten Eliteuniversität Oxford entstanden war. Zwei der mutmasslichen Mitglieder des Spionagerings waren Phoebe Pool und Bernard Floud*. Floud beging Selbstmord, kurz nachdem er vom MI5 verhört wurde. Auch Phoebe Pool beging ein paar Jahre später Suizid. Jenifer Harts Vater war ein Rechtsanwalt, der zum Ritter ernannt wurde. Jenifers Mutter kam aus dem schottischen Murray Clan und war eine Nachkommin des 3. Herzogs von Atholl. Jenifer heiratete 1941 den bedeutenden linken Rechtsphilosophen Herbert Hart (1907–1992). Sie hatte ihn 1936 kennenlernte, in jenem Jahr, in dem sie in den öffentlichen Dienst ging und vielleicht als Spionin aktiv wurde. Herbert Hart war während des Zweiten Weltkrieges bei der britischen Spionageabwehr tätig. Später arbeitete das Ehepaar weiterhin an der Oxford-Universität. (1, 2, 3) Herbert Hart war der Sohn eines Juden. (1) Während des Weltkrieges arbeitete Herbert im Bletchley Park, wo sich damals das britische Militär mit der Entschlüsselung des geheimen Nachrichtenverkehrs Deutschlands befasste. (1) Zu dieser Zeit arbeitete auch John Cairncross, einer der Cambridge Five, im Bletchley Park. Von dort leitete Cairncross hochsensible Dokumente an die Sowjetunion weiter. (1, 2) Herbert Hart teilte sich im MI5-Hauptquartier im Blenheim Palace ein Büro mit Anthony Blunt von den Cambridge Five. (1) Der MI5 hatte damals sein Hauptquartier im Blenheim Palace. (1) Dieser ist der Palast der Spencer-Churchill Familie, die zu den führenden Familien des britischen Adels gehört. Winston Churchill, Premierminister während des Zweiten Weltkrieges, kam aus dieser Familie.
* Bernard Flouds Bruder Peter arrangierte zusammen mit dem schottischen Spion James MacGibbon (Freund von Moura Budberg) ein Treffen mit einem Russen. (1)
Amnesty International
Kim Philby war mit der einflussreichen Zionistin Flora Solomon (1895–1984), geborene Benenson, befreundet und kannte sie seit seiner Kindheit. Solomon trug später zu seiner Enttarnung bei. Sie war mit Victor Rothschild (ein mutmasslicher Spion) befreundet. Sie wurde in Russland als Kind eines jüdischen Bankiers geboren, der sein Vermögen mit Gold und Erdöl machte und laut Wikipedia mit den Rothschilds verwandt war. Solomon hatte eine Affäre mit Alexander Kerenski. (1, 2, 3) Dieser war, wie bereits wurde, Freimaurer und russischer Regierungschef nach der Februarrevolution sowie angeblicher Liebhaber von Moura Budberg. Flora Solomon und Moura kannten sich. (S. 227) 1962 sagte Solomon dem britischen Geheimdienst, dass sie Philby bereits seit den 30-Jahren für einen sowjetischen Spion hielt. Sie hielt auch Tomas Harris für einen Spion. Tomas Harris, ein Jude, war ein Offizier des MI5. Aufgrund von Solomons Aussage wollte der MI5 Tomas Harris verhören. Es kam aber nie dazu, da Harris bei einem Autounfall starb. Es wird vermutet, dass er ermordet wurde. Er war ein Freund der Cambridge Five und hatte geholfen, Philby zum MI5 zu bringen. (1)
Solomons Sohn Peter Benenson (1921–2005) arbeitete während des Zweiten Weltkrieges im Bletchley Park und im Informationsministerium, dem damaligen Propagandaministerium. Peter Benenson gründete 1961 Amnesty International, eine der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen. Benenson war Mitglied der Labour-Partei. Neben ihm war Seán MacBride (1904–1988) Mitgründer und erster Vorsitzender von Amnesty International. Die USA liessen verlauten, dass MacBride an einer Finanzierungsoperation der CIA beteiligt war. (1, 2) Peter Benenson war schliesslich überzeugt, dass MacBride zu einem CIA-Netzwerk gehörte. (S. 16) Benenson verliess Amnesty International, weil er glaubte, die Organisation sei von Geheimdiensten, insbesondere dem britischen, unterwandert worden. (1, 2) MacBride war Ire. Als 12-Jähriger war er der Irish Republican Army (IRA) beigetreten, einer paramilitärischen Organisation in Irland, die für die Unabhängigkeit Irlands kämpfte. 1936 wurde er Stabschef der IRA, nachdem er den Geheimdienst der IRA geleitet hatte. Neben dem MI5 versuchte auch der sowjetische Geheimdienst, die IRA zu unterwandern. Nach dem Zweiten Weltkrieg war MacBride Irlands Aussenminister. (1, 2, 3)
Die wichtigsten Stationen in MacBrides Lebenslauf wären:
- Nach der Gründung der OEEC (Vorläufer der OECD) im Jahr 1948 war MacBride Vizepräsident der Organisation.
- MacBride gehörte zum Europarat, bei dessen Gründung 1949 er eine führende Rolle spielte.
- In den 60er-Jahren war er Generalsekretär der Internationalen Juristenkommission und für ein Jahr Berater der Päpstlichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden.
- Er war von 1968 bis 1985 Vorsitzender und Präsident des Internationalen Friedensbüros.
- Er war von 1968 bis 1974 Vorsitzender des Sonderausschusses internationaler NGOs für Menschenrechte in Genf.
- Er war von 1973 bis 1976 stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen und UN-Kommissar für Namibia.
- 1973 war er stellvertretender Vorsitzender des Kongresses der Weltfriedenskräfte in Moskau sowie Vizepräsident der Weltföderation der UN (WFUNA).
- Er erhielt 1974 den Friedensnobelpreis und 1977 den Lenin-Friedenspreis der Sowjetunion.
- Er war von 1977 bis 1980 Vorsitzender der Kommission für internationale Kommunikation der UNESCO.
- 1982 wurde er Vorsitzender einer internationalen Kommission, die mögliche Verstösse Israels gegen das Völkerrecht nach der Invasion des Libanons untersuchte.
Als Seán MacBride den Friedensnobelpreis erhielt, sagte er in seiner Rede, dass man, um den Weltfrieden zu sichern, energisch daran arbeiten muss, eine Weltregierung mit einem Weltparlament zu gründen. Die UN müsse dabei eine wichtige Rolle spielen, erklärte er. (1)
Ein Gründungsmitglied von Amnesty International war Peter Archer, der Vorsitzender der britischen Sektion war. Peter Archer war Absolvent der LSE, Politiker der Labour-Partei und Vorsitzender der Fabian Society. Er wurde zum Baron geadelt und in den Privy Council berufen. (1)
Cedric Belfrage
Kim Philby spionierte beim britischen Geheimdienst zur selben Zeit wie Cedric Belfrage (1904–1990), ebenfalls ein wichtiger sowjetischer Spion. Belfrage studierte an der Cambridge-Universität. Danach zog er in die USA, wo er in Hollywood arbeitete. Er war in den 30er-Jahren unter falschem Namen Mitglied der Kommunistischen Partei der USA. Er reiste 1936 nach Moskau. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete er in den USA für den MI6 und in London für die Psychological Warfare Division, eine Organisation der britischen und US-amerikanischen Geheimdienste, die für Propaganda und psychologische Kriegsführung zuständig war. Nach der Niederlage der Nazis kam Belfrage nach Deutschland, wo er bei der Reorganisation der deutschen Zeitungen half. Er war 1948 Mitgründer einer prokommunistischen Zeitung in New York. Während des Zweiten Weltkrieges hatte er Informationen an die Sowjets weitergeleitet, was erst 2015 öffentlich bestätigt wurde. Als er 1947 vom FBI verhört wurde, gestand er dies, aber behauptete, er habe im Auftrag des MI6 Informationen weitergegeben, um in sowjetische Spionagenetzwerke eindringen zu können. Wenn er die Wahrheit sagte, war er also ein Dreifachagent. Das FBI fragte beim MI6 nach, ob Belfrage die Wahrheit sagt, aber der MI6 weigerte sich, Informationen über Belfrage preiszugeben. Belfrage wurde nie wegen Spionage verurteilt, aber 1955 liess ihn die USA abschieben. Seine ehemalige Geliebte, die für eine Frontorganisation des britischen Geheimdienstes arbeitete, wurde verdächtigt, eine russische Spionin zu sein. Belfrages Ansprechpartner beim sowjetischen Geheimdienst war der russische Jude Jacob Golos von der Kommunistischen Partei der USA. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete Belfrage für die British Security Coordination (BSC). (1, 2, 3, 4, 5) Die BSC war eine britische Nachrichtenagentur, die vom MI6 kontrolliert wurde. Ihr gelang es, die Berichterstattung von Zeitungen in den USA zu manipulieren. Das Ziel der BSC war, in den USA die öffentliche Meinung so zu beeinflussen, dass die Amerikaner glauben, ein Eintritt der USA in den Weltkrieg sei notwendig. Die BSC hatte ihr Büro im Rockefeller Center. (1) Dieses befand sich damals noch im Besitz der Rockefeller Familie.
Als Premierminister Churchill von seinem Sohn gefragt wurde, wie er sich eines Sieges über Deutschland sicher sein könnte, sagte er: „Ich werde die Vereinigten Staaten hineinziehen.“ (1, 2) Also genau wie im Ersten Weltkrieg, bei dem britische Netzwerke die USA in den Krieg hineintrieben. Übrigens forderte Churchill nach dem Zweiten Weltkrieg die Gründung einer „allmächtigen Weltordnung“ und einer „Superweltregierung“, die aus einem Bündnis von Russland, den USA, einem vereinigten Europa und dem britischen Empire entstehen soll. (1, 2)
Ein Leiter der BSC war Alexander Halpern (1879–1956). (S. 148) Der russische Jude gehörte, wie bereits erwähnt wurde, zum Freimaurerkreis, der hinter der Februarrevolution stand. Nach der Machtübernahme der Bolschewiki ging Halpern nach Grossbritannien ins Exil. Dort hatte er Kontakt zu den Spionen Anthony Blunt und Moura Budberg. (1, 2, 3) Auch der Spion Guy Burgess war oft bei Halpern zu Gast. (1) Mouras bereits erwähnter Freund Alexander Korda arbeitete ebenfalls für die BSC. (S. 308, 321)
George Blake
Kim Philby und Donald Maclean hatten im russischen Exil Kontakt zu George Blake (1922–2020). Dieser war ebenfalls ein sowjetischer Spion im britischen Geheimdienst, der danach in Russland im Exil lebte. Sein Vater war ein jüdischer Geschäftsmann und seine Tante heiratete einen reichen Bankier. George Blake gilt als einer der Spione, der am meisten Schaden beim britischen Geheimdienst anrichtete. Die CIA sagte, Blake habe mehr als 4720 Seiten geheimer Dokumente an die Sowjets weitergegeben. Er hatte im Alter von achtzehn Jahren erstmals für den britischen Geheimdienst gearbeitet. Spätestens seit 1953 stand er mit dem KGB in Verbindung. In den folgenden Jahren bestand seine Aufgabe beim britischen Geheimdienst darin, sowjetische Agenten für den britischen Geheimdienst anzuwerben. Nachdem aufgeflogen war, dass er für den KGB spioniert, wurde er 1961 zu 42 Jahren Haft verurteilt. Jedoch gelang es ihm 1966, aus einem Hochsicherheitsgefängnis zu entkommen und nach Russland zu flüchten. Er lebte bis zu seinem Tod in Russland. Dort hielt er Vorlesungen für angehende Spione des KGB. Er arbeitete viele Jahre am Moskauer Institut für Weltwirtschaft und internationale Angelegenheiten (IMEMO), wo auch Donald Maclean lehrte. Als Maclean 1983 verstarb, vermachte er George Blake seine Bibliothek. Blake erhielt den Leninorden und den Rotbannerorden, zwei Verdienstorden der Sowjetunion. Der ehemalige KGB-Chef Leonid Schebarschin sagte 2002 im russischen Fernsehen, dass Blake „ein Vorbild für alle Geheimdienstagenten mehrerer Generationen“ sei. Blake erhielt 2007 von Wladimir Putin den Orden der Freundschaft. (1, 2, 3) Als er 2020 starb, übermittelte Putin der Familie und den Freunden von Blake sein Beileid. In der Nachricht bezeichnete er Blake als „herausragender Fachmann mit besonderem Mut“. (1)
Mögliche Erpressung von Homosexuellen
Wie gesagt konnte George Blake 1966 aus dem britischen Gefängnis entkommen. Seine Flucht wurde vom Filmregisseur Tony Richardson finanziert. (1, 2) Richardson erhielt zwei Oscars. Sein Schwiegervater, Sir Michael Redgrave, war einer der grössten Filmstars Grossbritanniens und kam aus der Schauspielerfamilie Redgrave. Michael Redgrave besuchte 1958 Russland und traf dort den Spion Guy Burgess, seinen alten Freund aus Cambridge. 2014 wurde bekannt, dass Redgrave über zwanzig Jahre lang vom MI5 beobachtet wurde wegen seiner Sympathien für Kommunisten. Auch seine Frau Rachel wurde überwacht. (1, 2) Redgrave hatte an der Cambridge-Universität auch den Spion Anthony Blunt kennengelernt, mit dem er eine Literaturzeitschrift gründete und herausgab. Redgrave hatte Freunde bei der Kommunistischen Partei Grossbritanniens. Er war bisexuell, während die Spione Burgess und Blunt wie bereits erwähnt homosexuell waren. (1, 2) Redgrave hatte Affären mit Männern, als dies noch illegal und verpönt war, unter anderem mit Sir Noël Coward. Redgrave war mit dem homosexuellen Oliver Baldwin befreundet, Sohn des Premierministers Stanley Baldwin. (1, 2, 3) Redgraves Schwiegersohn Tony Richardson, der wie gesagt Blake bei seiner Flucht aus dem Gefängnis half, war ebenfalls bisexuell. Es gibt das Gerücht, dass Redgrave und Richardson eine Affäre hatten. (1)
Zur Erinnerung: Viele Personen aus dem Dunstkreis der Fabian Society, darunter Keynes, hatten ein homosexuelles Liebesleben. Die mutmasslichen Spione der Sowjets, Moura Budberg und Tom Driberg, kannten viele Homosexuelle aus der britischen Elite. Die beiden waren mit dem schwulen Spion Guy Burgess befreundet, der wie Moura ein Freund des schwulen Politikers Harold Nicolson war, der wiederum mit Tom Driberg und Robert Boothby befreundet war, zwei gute Freunde von Moura. Driberg und Boothby nahmen an den Schwulenpartys des Verbrecherbosses Ronnie Kray teil. Es erscheint eigentlich naheliegend, dass Burgess dem sowjetischen Geheimdienst verriet, welche Personen aus der britischen Elite in der Schwulenszene aktiv sind. Die Sowjets hätten damit die Briten erpressen können. Driberg wurde vom KGB erpresst.
Guy Burgess hatte Sex mit dem Poeten Michael „Micky“ Burn. Jemand wollte Burn erpressen und drohte ihm, seine Homosexualität öffentlich zu machen. (1, 2) Michael Burn war ein enger Freund von Moura Budberg und schrieb ein Gedicht über sie. (S. 337) Er hatte eine enge Freundschaft mit Bertrand Russell. Burns Vater Clive wurde zum Ritter geschlagen und war ein Vertrauter von König George VI. (1)
Dem britischen Prinzen George von Kent wird nachgesagt, dass er neben seinen vielen Affären mit Frauen auch welche mit Männern hatte und es ihm gefiel, Frauenkleider zu tragen. (1) Gerüchten zufolge hatte er eine Affäre mit Sir Noël Coward (Liebhaber von Michael Redgrave). Der Prinz starb 1942 bei einem Flugzeugabsturz. (S. 691) Er war als Grossmeister der Grossloge von England einer der obersten Freimaurer. (1)
Wie bereits erwähnt wurde, legalisierten die Bolschewiki nach ihrer Revolution Homosexualität. Daher könnte man vermuten, dass es Schwule in der Elite der Bolschewiki gab. Jedoch liess Stalin 1933 homosexuelle Handlungen wieder verbieten. Ab da waren Schwule in der sowjetischen Elite wieder erpressbar. Die Sache mit dem sozialistischen Bruderkuss auf den Mund kommt mir etwas ungewöhnlich vor. Auch Stalin machte Gebrauch von ihm. Legendär ist der Kuss zwischen dem sowjetischen Oberhaupt Breschnew und dem DDR-Oberhaupt Erich Honecker. (Fotos)
In Kapitel 4 wurde erwähnt, dass Alger Hiss vermutlich ein Spion der Sowjets war. Hiss gehörte zum Establishment der USA. Es erscheint seltsam, dass er seine eigene Elite verriet. Einige vermuteten, Hiss habe Sex mit einem schwulen Spion der Sowjets gehabt. Auch US-Präsident Nixon glaubte dies. (1) Es könnte also sein, dass Hiss von den Sowjets erpresst wurde und gezwungen war, mit ihnen zu kooperieren. Die Führung der US-Geheimdienste, darunter der langjährige FBI-Chef Edgar Hoover, war sich bewusst, dass die Sowjets Schwule aus der US-amerikanischen Elite erpressen könnten. Hoover war selbst homosexuell und wurde höchstwahrscheinlich von der Mafia erpresst. Der Autor Anthony Summers behauptet in einem Buch, Hoover sei von zwei Mafiabossen erpresst worden, die belastende Fotos von Hoover besassen und so sicherstellen wollten, dass das FBI nicht gegen sie ermittelt. Die Mafiosi sollen Frank Costello (Vertreter der italienischen Mafia in den USA) und Meyer Lansky (führender Kopf der amerikanisch-jüdischen Mafia) gewesen sein. Summers schreibt, die Mafia habe die Fotos möglicherweise vom OSS erhalten, dem Vorläufer der CIA. (1) Hoover war Freimaurer im 33. Grad. Er sprach vor dem obersten Freimaurerrat in Washington, der ihm einen Verdienstorden verlieh. (1, 2, 3) Auch die einflussreiche Grossloge von New York sowie die Royal Arch-Freimaurer verliehen ihm Auszeichnungen. Hoover war Royal Arch-Freimaurer, gehörte zum obersten Rat des Freimaurerordens DeMolay und war Mitglied der Shriners, ebenfalls ein Freimaurerorden. (1, 2) Hoover erhielt den britischen Rittertitel. 2025 wurde bekannt, dass es vor allem der britische Geheimdienst gewesen war, der Hoover zum Ritter machen wollte. Die Geheimdienstler aus Grossbritannien wollten Hoover so besänftigen, da dieser sehr verärgert war, dass der britische Geheimdienst von sowjetischen Spionen unterwandert wurde. (1)
Es gab bereits im 19. Jahrhundert in der britischen Elite Personen, die in der Schwulenszene aktiv waren. Aufgrund der damaligen Gesetzeslage operierte die Schwulenszene unter grösster Geheimhaltung und war noch geheimer als die Freimaurer. Der Cleveland Street-Skandal im Jahr 1889 war der wohl bekannteste Fall. Bei dem Skandal wurde ein Schwulenbordell entdeckt, in dem auch Minderjährige beschäftigt wurden. Der Regierung wurde vorgeworfen, die Namen von Adligen und anderen prominenten Personen, die Kunden des Bordells waren, vertuscht zu haben. Es gab das Gerücht, dass ein Prinz aus dem Königshaus zu den Kunden gehörte. Damals kursierte die Verschwörungstheorie, laut der es in der Elite geheime Gruppen gibt, die Orgien veranstalten, bei denen es auch zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen kommen soll, eine Theorie, die sich bis heute hartnäckig hält. Durch den aktuellen Fall mit P. Diddy fühlen sich Verschwörungstheoretiker mal wieder bestätigt. Da in der heutigen Zeit Homosexualität legal ist und von der Mehrheit akzeptiert wird, eignet sie sich nicht mehr für Erpressung, ausser in der islamischen Welt und einigen weiteren Ländern. Der sexuelle Missbrauch von Minderjährigen eignet sich aber nach wie vor sehr gut als Mittel zur Erpressung. Daher konzentrieren sich Geheimdienste und kriminelle Gruppen in der heutigen Zeit bei ihren Erpressungsoperationen darauf, in elitäre Pädophilen-Netzwerke einzudringen oder diese sogar vielleicht selbst aufzubauen.
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