Die deutsche Bankiersfamilie Berenberg-Gossler ist seit über 350 Jahren im Finanzwesen aktiv. Ende des 19. Jahrhunderts wurde sie in den deutschen Adel aufgenommen und heiratete in deutsche Adelsfamilien. Die Familie ist Hauptgesellschafter der Berenberg Bank, eine der führenden europäischen Privatbanken. Die Berenberg Bank gilt als die älteste Familienbank der Welt. 1590 als Handelshaus gegründet, wurde sie erst ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts im Finanzwesen aktiv, ist aber damit dennoch die älteste deutsche Bank und die älteste Familienbank der Welt.
Der Niederländer Hans Berenberg emigrierte in die deutsche Stadt Hamburg und gründete dort 1590 ein Handelshaus, aus dem später die Berenberg Bank hervorging. Hans Berenberg hatte geschäftlichen Kontakt zu Engländern. Die folgenden Generationen der Familie fanden Anschluss an die Elite der Stadt Hamburg und besetzten dort Ämter. Sie knüpften Kontakte zu Geschäftsleuten aus anderen Ländern und wurden im internationalen Handel und der Schifffahrt aktiv.
Anfang des 17. Jahrhunderts waren von den 42 umsatzstärksten Unternehmen in Hamburg 32 niederländischen Ursprungs. Die Berenberg Familie stand an fünfzehnter Stelle. (Quelle: Seite 4)
Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts konzentrierte sich das Familienunternehmen auf Finanzgeschäfte und wurde zu einer Bank. Johann Hinrich Gossler (1738-1790) wurde Mitinhaber der Berenberg Bank und heiratete die letzte Erbin der Berenberg Familie. Die Bank wird bis heute von ihren Nachkommen kontrolliert.
Berenberg-Gossler im 19. Jahrhundert
Im 19. Jahrhundert war die Berenberg Bank eine der reichsten deutschen Banken (Quelle).
Wilhelm Gossler (1811-1895) war fast 30 Jahre lang im Aufsichtsrat der Norddeutschen Bank, die damals die führende Hamburger Bank war (Quelle: Seite 144). Er heiratete in die Hamburger Bankiersfamilie Donner, die bis heute aktiv ist. Der Cousin seiner Frau, Bernhard Donner, heiratete eine Tochter von Johann Heinrich Schröder. (Quelle) Dieser war der Stammvater der Hamburger Bankiersfamilie Schröder. Ein Familienzweig der Schröders ist seit 200 Jahren eine der führenden Familien im britischen Finanzwesen. Nach Angaben von Geni.com war Mary Hertz (1866-1934) aus Hamburg eine Enkelin von Wilhelm Gossler. Mary Hertz heiratete in die deutsch-jüdische Warburg Familie, die bis heute eine der führenden Hamburger Bankiersfamilien ist. Im 20. Jahrhundert spielten die Warburgs auch eine führende Rolle im britischen und US-amerikanischen Finanzwesen.
Erdwin Amsinck (1826-1897) kam mütterlicherseits aus der Gossler Familie. Väterlicherseits kam er aus der Amsinck Familie, die im 19. Jahrhundert zur Elite Hamburgs gehörte und im internationalen Handel aktiv war. Sie stammt wie die Berenberg Familie von protestantischen Glaubensflüchtlingen ab, die im 16. Jahrhundert die Niederlande verlassen mussten und dann nach Hamburg emigrierten. Erdwin Amsinck war 1870 Mitgründer der Commerzbank. Sie entwickelte sich schnell zu einer der führenden Grossbanken Deutschlands und ist bis heute eine der grössten deutschen Banken. Zu den Gründern der Commerzbank gehörten die bereits erwähnten Hamburger Bankiersfamilien Donner und Warburg sowie die damals führenden deutsch-jüdischen Bankiersfamilien Goldschmidt und Mendelssohn. (Quelle)
1856 gründete die Berenberg Bank zusammen mit anderen Hamburger Banken die Vereinsbank Hamburg. Sie war ein Vorläufer der heutigen Hypovereinsbank (Unicredit Bank), die derzeit eine der grössten deutschen Banken ist. Neben den verwandten christlichen Familien Berenberg-Gossler, Schröder und Amsinck waren auch die jüdischen Banken „Haller, Söhle & Co.“ und „Hesse Newman“ Mitgründer der Vereinsbank Hamburg. (Quelle) Letztere gehörte auch zu den Gründern der Commerzbank.
Mitte des 19. Jahrhunderts war die Berenberg Bank Mitgründer der HAPAG und der Norddeutschen Lloyd. (Quelle) Diese waren zwei führende deutsche Reedereien und fusionierten 1970 zur heutigen Hapag-Lloyd, eines der grössten Schifffahrtsunternehmen der Welt. Die derzeitigen Hauptaktionäre der Hapag-Lloyd wären folgende: die chilenische Milliardärsfamilie Luksic und die deutsche Milliardärsfamilie Kühne mit je 30 Prozent, die Stadt Hamburg mit knapp 14 Prozent, die katarische Königsfamilie mit 12,3 Prozent und die saudische Königsfamilie mit 10,2 Prozent (Stand: 30. Juni 2022).
Die Berenberg Bank war an der Gründung von wichtigen Banken im Ausland beteiligt:
- 1865 war die Berenberg Bank Gründungsaktionär der „Hongkong and Shanghai Banking Corporation“ (HSBC). Die britische Bank wurde in der britischen Kolonie Hongkong gegründet. Sie finanzierte den britisch-ostasiatischen Handel und wurde zum wichtigsten Finanzier des Opiumhandels. Heute ist die HSBC die grösste europäische Bank. 2020 war sie die sechstgrösste Bank der Welt. Auch die Hamburger Bankiersfamilie Donner war Mitgründer der HSBC. Die HSBC war in ihrer Anfangszeit mit den Familien Keswick (Schottland), Sassoon (Indien) und Forbes (USA) verbunden, die führend im ostasiatischen Handel waren. 2021 gingen die Berenberg Bank und die HSBC eine strategische Kooperation ein.
- 1871 war die Berenberg Bank Gründungsaktionär der „Den Danske Landmandsbank“, eine dänische Bank. Sie trägt heute den Namen Danske Bank und ist eine der grössten Banken der skandinavischen Länder. Seit 1928 wird die Bank von der führenden dänischen Unternehmerfamilie Møller kontrolliert.
- 1871 war die Berenberg Bank Gründungsaktionär der Svenska Handelsbanken, eine schwedische Bank. Heute ist sie eine der grössten skandinavischen Banken.
- 1855 war die Berenberg Bank Gründungsaktionär der Bergens Privatbank. Die norwegische Bank war ein Vorläufer des heutigen Finanzkonzerns DNB, einer der führenden Finanzkonzerne der skandinavischen Länder.
(Quelle)
Johann Heinrich Burchard (1852-1912), der mütterlicherseits aus der Gossler Familie kam, war Bürgermeister von Hamburg und Mitinhaber der Berenberg Bank. Er hatte ein freundschaftliches Verhältnis zum deutschen Kaiser Wilhelm II.. (Quelle) Hermann Gossler (1802-1877) war ebenfalls Bürgermeister von Hamburg. Die Familie war noch mit weiteren Hamburger Bürgermeistern verwandt und verschwägert.
Johann Gossler (1839-1913) wurde zum Freiherrn geadelt und änderte seinen Namen in Johann von Berenberg-Gossler. Er heiratete in die bereits erwähnte Hamburger Bankiersfamilie Donner. Nach Angaben von Geni.com heiratete ihre Tochter in den Hamburger Familienzweig der deutschen Grossfamilie Merck (sind heute Milliardäre). Die Mercks waren damals ebenfalls eine der führenden Familien der Stadt Hamburg.
Henriette Seyler, die mütterlicherseits aus der Gossler Familie kam, heiratete Benjamin Wegner (1795-1864). Dieser war damals einer der führenden Unternehmer in Norwegen. Er war in Deutschland geboren und hatte Kontakte nach Hamburg. Seine Nachkommen, die auch Blut der Gosslers in sich haben, gehörten zur norwegischen Elite.
Im Wikipedia-Eintrag zur Gossler Familie steht derzeit, dass die Gosslers Nachkommen der Welser Familie sind, wofür ich aber keine Quellen fand. Die Welser Familie galt im 16. Jahrhundert als die reichste und mächtigste Bankiersfamilie neben der Fugger Familie. Zu ihren Kunden gehörten Königsfamilien und sie wurde in den Adel aufgenommen. Die Welser waren auch im internationalen Handel tätig. Die Familie besteht bis heute.
Nach Angaben von mehreren Genealogie-Internetseiten heiratete Herbert von Berenberg-Gossler (1883-1918) in die deutsche Adelsfamilie Mallinckrodt.
Berenberg-Gossler im 20. Jahrhundert
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte die Berenberg-Gossler Familie zu den reichsten Deutschen (Quelle).
John von Berenberg-Gossler (1866-1943) war Senator in Hamburg und deutscher Botschafter in Rom. Er war im Vorstand des Hamburger Nationalklubs, in dem Personen aus der Elite Hamburgs zusammenkammen. Die Klubmitglieder hatten scheinbar eine nationalistische Gesinnung und wollten die demokratische Weimarer Republik bekämpfen. 1926 hatte Adolf Hitler eine Rede im Klub halten dürfen, also sieben Jahre vor seiner Machtübernahme und der Abschaffung der Demokratie in Deutschland. Nach der Machtübernahme verschlechterte sich das Verhältnis zwischen dem Hamburger Nationalklub und dem Naziregime. Der Klub war 1919 gegründet worden und wurde Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 aufgelöst. (Quelle) John von Berenberg-Gossler arbeitete für die Familienbank und war in verschiedenen Aufsichtsräten. Er war über 30 Jahre im Aufsichtsrat der Dresdner Bank, von 1933 bis 1943 als stellvertretender Vorsitzender, also während des Naziregimes (Quelle: Seite 138). In dieser Zeit stand die Dresdner Bank im Dienste der Nazis und versorgte diese mit Krediten (Quelle). Sie gilt als die deutsche Grossbank, die am engsten mit dem Naziregime verbunden war. Sie war an der Enteigung der Juden und am Goldraub der Nazis beteiligt (Quelle). Die Dresdner Bank war 1872 von der geadelten deutsch-jüdischen Kaskel Familie gegründet worden. 2009 fusionierte die Dresdner Bank mit der Commerzbank.
Cornelius von Berenberg-Gossler (1874-1953), Inhaber der Berenberg Bank, kannte Lord Revelstoke aus der damals führenden britischen Bankiersfamilie Baring (Quelle). Seit dem frühen 19. Jahrhundert unterhielt die Familie Berenberg-Gossler enge Beziehungen zur Baring Familie (Quelle: Seite 108). Der Stammvater der britisch-adligen Bankiersfamilie Baring war ein deutscher Einwanderer. Cornelius von Berenberg-Gossler war in die NSDAP eingetreten, weil er fürchtete, es würde eine Bolschewisierung Deutschlands geben. 1934 trat er aber wieder aus, weil er den radikalen Antisemitismus der Nazis verurteilte. Er war mit sehr vielen jüdischen Familien befreundet, darunter mit den Warburgs. Dank ihm wurde Fritz Warburg freigelassen, der von den Nazis festgenommen und eingesperrt worden war. Cornelius Enkel Dieter von Specht leitete die Geschäfte des führenden Tabakkonzerns British American Tobacco in Deutschland. (Quelle: 1 und 2)
Der Adlige Peter Freiherr von Kap-herr war von 1976 bis 1999 Gesellschafter der Berenberg Bank (Quelle: Seite 15).
Berenberg-Gossler in den letzten 20 Jahren
Das heutige Vermögen der Familie wird auf 350 Millionen Euro geschätzt (Quelle).
Jennifer Gräfin von Bernstorff kommt mütterlicherseits aus der Berenberg-Gossler Familie und väterlicherseits aus der deutschen Uradelsfamilie Bernstorff. (Quelle) Sie arbeitete für die Berenberg Bank und für die Dresdner Bank (Quelle). Sie kennt Johann Christian von Donner aus der bereits erwähnten Hamburger Bankiersfamilie Donner und ein Mitglied der deutschen Adelsfamilie Bismarck (Foto).
Heute ist die Berenberg Bank noch immer eine der führenden europäischen Privatbanken und konzentriert sich auf Vermögensverwaltung für wohlhabende Kunden. Als Kunde braucht man für gewöhnlich ein Vermögen von mindestens einer Million Euro. Ende 2021 verwaltete die Berenberg Bank ein Vermögen von 44,8 Milliarden Euro, also etwa 50 Milliarden US-Dollar. Sie hat eine starke Präsenz an den internationalen Finanzplätzen Frankfurt, London und New York.
Die Familie Berenberg-Gossler besitzt knapp 31 Prozent der Stimmrechte und ist damit noch immer der Hauptinhaber der Berenberg Bank. 14,25 Prozent gehören dem derzeitigen Erbprinzen der schwäbischen Uradelsfamilie Fürstenberg. Weitere 14,25 Prozent gehören Jan Philipp Reemtsma aus der Reemtsma Familie (gründete das Tabakunternehmen Reemtsma). Hans-Walter Peters, ehemaliger Präsident des „Bundesverbands deutscher Banken“, besitzt 21,41 Prozent. (Stand: April 2021)
Seit 2018 änderte die Berenberg Bank in der Schweiz ihren Namen zu Bergos Berenberg. Seither besitzt die Berenberg Bank nur noch knapp 20 Prozent von Bergos Berenberg. Zu den neuen Mitbesitzern gehören der Schweizer Milliardär Michael Pieper sowie ein Mitglied der Schweizer Milliardärsfamilie Keller und ein Mitglied der deutschen Milliardärsfamilie Jacobs. Die Kundschaft von Bergos Berenberg besteht aus wohlhabenden Unternehmern und Familien. Die Schweiz gilt als eine der gefragtesten Steueroasen und als einer der wichtigsten Schattenfinanzplätze der Welt.
Die Berenberg Bank verwaltete Schwarzgeldkonten in der Schweiz. Journalisten von deutschen Leitmedien warfen der Berenberg Bank vor, mit Kunden zusammengearbeitet zu haben, die in Drogenkriminalität, Geldwäsche, Betrug, Terrorunterstützung und illegalen Waffenhandel verwickelt seien. (Quelle: 1, 2, 3) Bereits zuvor hatten zwei Mitarbeiterinnen der Compliance-Abteilung der Bank die kriminellen Verbindungen der deutschen Justiz gemeldet. Die Mitarbeiterinnen wurden darauf von der Bank fristlos gekündigt und erhielten Hausverbot. (Quelle) Durch die Panama-Papers wurde bekannt, dass die Berenberg Bank eng mit Mossack Fonseca verbunden war. Mossack Fonseca war ein führender Dienstleister für Briefkastenfirmen. In einer Mail von Mossack Fonseca heisst es, Berenberg sei eine „deutsche Traditionsbank mit exzellentem Ruf. Wir haben sehr gute Beziehungen mit dieser Bank und der Kundenservice ist erstklassig, daher empfehlen wir unseren Kunden diese Bank ausdrücklich“ (Quelle).
Die Berenberg Bank war von 2008 bis 2013 einer der wichtigsten Spender der Partei CDU und spendete ihr jährlich 100 000 Euro (Quelle).
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz war Bürgermeister der Stadt Hamburg. Dadurch traf er Vertreter der Hamburger Banken Berenberg und Warburg (Quelle). 2017, also während Scholzs Amtszeit als Bürgermeister, spendete die Berenberg Bank 50 000 Euro an seine Partei, die SPD, die 2017 auch Spenden aus dem Umfeld der Warburg-Gruppe erhielt. In den Jahren zuvor war die Warburg Bank in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt gewesen (Quelle). Man wirft Olaf Scholz vor, er habe Einfluss darauf gehabt, als die Hamburger Steuerverwaltung sich dafür entschied, dass die Warburg Bank die zu Unrecht erstatteten Steuergelder nicht zurückzahlen musste. Die Warburg Bank pflegt seit Jahrzehnten enge Beziehungen zur Hamburger SPD (Quelle).
Shaida von Berenberg-Schirmer arbeitete für die Berenberg Bank. Derzeit arbeitet sie in der Vermögensverwaltung der führenden französischen Grossbank BNP Paribas.
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Anmerkung: Ich geh aktiv gegen Urheberrechtsverletzungen vor.