Deutschland ist zwar ein fortschrittlicher Industriestaat, aber die Bahn des Landes befindet sich seit Jahrzehnten in einem desaströsen Zustand.
Die wichtigsten Fakten zur Deutschen Bahn
bezüglich des Konzernversagens
Für die Leser aus dem Ausland, welche die Deutsche Bahn (DB) nicht kennen, muss gesagt werden, dass vermutlich niemand in Deutschland zufrieden mit der DB ist. Die DB ist seit zwei Jahrzehnten bekannt für ihre Unpünktlichkeit, die inzwischen bizarr erscheint. Im Juli 2022 waren weniger als 60 Prozent der Fernzüge der DB pünktlich.
In den letzten 20 Jahren hat die DB 17 Prozent ihrer Schienen und die Hälfte aller Weichen abgebaut und die Belegschaft fast halbiert (Stand: 2019). Daher ist der Zustand der DB vor allem auf Entscheidungen der Konzernführung zurückzuführen.
Die DB macht über die Hälfte ihres Umsatzes mit Logistik und Güterverkehr, also nicht mit dem Personenverkehr. Die deutsche Industrie, die Waren über die DB exportiert und importiert, ist somit der wichtigere Kunde als die Bahngäste und wird dementsprechend vermutlich bevorzugt.
1994 wurde die DB privatisiert und in eine gewinnorientierte Aktiengesellschaft umgewandelt. Dennoch befindet sich die DB bis heute vollständig in Besitz des Staates und man kann keine DB-Aktien kaufen. Daher erscheint es seltsam, dass die DB nicht längst wieder verstaatlicht oder der Börsengang endlich umgesetzt wurde.
Die DB investiert nicht ihr ganzes Geld in die Bahn in Deutschland, sondern investiert auch sehr viel im Ausland. Inzwischen macht die DB rund die Hälfte seiner Umsätze im Ausland. Dies wird schon seit Jahren kritisiert und in diesem Jahr sagte ein Bericht des Bundesrechnungshofs, dass die vielen Auslandsgeschäfte der DB ein Risiko für den deutschen Staatshaushalt darstellen. Die DB ist stark verschuldet und hatte 2021 Schulden in Höhe von fast 30 Milliarden Euro.
Auch im Jahr 2022 gab es keine Besserung bei der DB und es ist auch für die Zukunft mit mehr Baustellen und mehr Verspätungen zu rechnen.
Trotz des desaströsen Zustandes sind die Preise für Fahrten bei der DB für Leute mit wenig Geld zu hoch und auch wer genug Geld hat, wird sich genervt fühlen, für eine Fahrt im Fernverkehr zu bezahlen, bei der mit Verspätungen zurechnen ist. Im Berufsleben der Bürger ist Pünktlichkeit wichtig, daher nehmen viele lieber das Auto als die Bahn.
Die mutmassliche Verschwörung
In den Leitmedien rätselt man darüber, wieso die Probleme der DB nicht längst behoben wurden. Im Internet gibt es eine wenig verbreitete Verschwörungstheorie, die besagt, dass der schlechte Zustand der DB auf die Einflussnahme der deutschen Automobilindustrie zurückzuführen ist. Mit ihren öffentlichen Verkehrsmitteln ist die DB ein ernstzunehmender Konkurrent der Autoindustrie. Die Grossaktionäre und treuen Manager der deutschen Autokonzerne werden also froh sein, dass die öffentlichen Verkehrsmittel in Deutschland so unattraktiv für Kunden sind, da die Leute dann weiterhin mit dem Auto fahren. Die Autoindustrie ist gegen eine Verkehrswende, was nicht sonderlich überrascht. Die Autoindustrie ist die wichtigste Branche der deutschen Wirtschaft. Neben den grossen Autoherstellern hat Deutschland auch grosse Automobilzulieferer, die Bauteile für die Autohersteller produzieren. Drei der derzeit fünf grössten Automobilzulieferer der Welt sind deutsche Unternehmen. Die Autoindustrie hat in Deutschland bekanntermassen grossen Einfluss auf die Politik und hat die vermutlich mächtigste Wirtschaftslobby im Land. Der Verschwörungstheorie nach sorgt die Autolobby mit ihrem Einfluss dafür, dass die öffentlichen Verkehrsmittel unzumutbar sind und es auch bleiben.
Von 1991 bis 1997 und von 1999 bis 2017 wurde die DB von Vorsitzenden geleitet, die zuvor hohe Positionen bei Daimler besetzt hatten (wird weiter unten genauer erläutert). Daimler ist einer der grössten Autohersteller der Welt und war 2021 nach Umsatz das zweitgrösste deutsche Unternehmen. Daher gibt es die Theorie, dass diese Vorsitzenden der DB absichtlich Missmanagement bei der Bahn betrieben haben und dies im Auftrag von Daimler taten. Noch weitere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der DB waren führende Manager aus der Automobilindustrie. Da könnte man schon auf die Idee kommen, dass eine Kabale von Autokonzern-Managern die DB unterwandert hat.
Hinzu kommt, dass alle Verkehrsminister, die unter anderem für die DB zuständig sind, Kontakte zur Autolobby hatten. Manche davon galten als treue Interessensvertreter der Autolobby, wie z. B. Andreas Scheuer und Alexander Dobrindt. Matthias Wissmann war Verkehrsminister, als die DB 1994 privatisiert wurde. Von 2007 bis 2018 war er Präsident des Verbands der Automobilindustrie und somit Cheflobbyist der deutschen Autoindustrie. Übrigens war Wissmann als Verkehrsminister 1994 auch massgeblich an der Privatisierung von „Tank & Rast“ beteiligt. Tank & Rast und seine Tochterfirma Sanifair standen in den letzten Jahren wegen verschiedener Dinge in der Kritik. Wissmann war oder ist noch immer Mitglied der Trilateralen Kommission, eine international einflussreiche Denkfabrik.
Für die DB Tochterfirma Schenker, ein Logistikunternehmen, sind 34 600 Diesel-Lkw in ganz Europa unterwegs, um Waren über Hunderte Millionen Kilometer zu transportieren. Über ihre Gleise lässt die DB dagegen lediglich knapp 2700 Züge fahren, die Güterwagen ziehen. (Stand: 2019) Zu den Kunden von Schenker gehören die Autokonzerne Volkswagen und Daimler. Volkswagen baut Lkw für die DB. Die Autohersteller gehören zu den wichtigsten Grosskunden der DB bei Güterzügen.
Ich möchte betonen, dass ich kein links-grün-ideologischer Autohasser bin, aber ich wittere hier eine Verschwörung.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in den USA eine ganz ähnliche Verschwörung. Die USA hatten seit dem 19. Jahrhundert das grösste Schienennetz der Welt und das Land war bekannt für seine Eisenbahnen. Ab den 1920er Jahren wurde in den USA innerhalb von paar Jahrzehnten ein Grossteil der Gleise abgebaut und der Personenverkehr dadurch auf einen Zehntel reduziert. In 45 Städten verschwanden die oberirdischen elektrischen Nahverkehrsmittel. Dies ist zu einem erheblichen Teil auf eine Verschwörung von Grosskonzernen zurückzuführen. Die drei führenden US-amerikanischen Autokonzerne General Motors, Ford und Chrysler hatten die Verlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Strasse mit krimineller Energie umgesetzt, wodurch die US-Bürger fast vollständig abhängig vom Automobil wurden. Dabei kooperierten die Autokonzerne mit Strassenbaufirmen. Viele Züge wurde durch Busse von General Motors ersetzt (General Motors wurde damals von der Du Pont Familie kontrolliert). Auch der Autoreifenhersteller Firestone und der Ölkonzern Standard Oil, der Benzin für Fahrzeuge produzierte, sollen Teil des Komplotts gewesen sein. Standard Oil wurde von der berühmten Rockefeller Familie kontrolliert und der Autoreifenhersteller Firestone wurde von der Firestone Familie gegründet, die in die Ford Familie heiratete (kontrolliert bis heute den gleichnamigen Autokonzern).
Auch die drei führenden deutschen Autokonzerne Volkswagen, Daimler und BMW haben in den letzten Jahren mit dem Abgasskandal gezeigt, dass ihre Entscheidungsträger kriminelle Energie an den Tag legen, wenn dies dem Unternehmen nützt. Beim Abgasskandal hat mich nicht verwundert, dass sie betrogen hatten, sondern dass sie wirklich glaubten, sie kämen damit durch und der Betrug würde nicht entdeckt werden. Dies zeigt, dass diese Leute ziemlich abgehoben sind und sich unantastbar fühlen aufgrund des hohen Status, den die Autoindustrie in Deutschland geniesst. Der Abgasskandal ist aber nicht das grösste Verbrechen in der Geschichte der deutschen Autoindustrie. Die Autokonzerne Volkswagen, Daimler, BMW, Robert Bosch und Continental hatten an der Kriegsproduktion der Nazis mitgewirkt und diese fünf Firmen beschäftigten während des Zweiten Weltkrieges zusammen über 100 000 Zwangsarbeiter. Volkswagen wurde von Hitler höchstpersönlich gegründet und bekam bewusst einen „völkischen“ Namen, was der Marke aber nicht geschadet hat.
Autokonzern-Manager bei der DB
Im Vorstand und Aufsichtsrat sowie im Management der DB waren eine ganze Reihe an Managern aus der deutschen Automobilindustrie. Hier eine Auflistung:
Der Milliardär Heinz Dürr leitete von 1991 bis 1997 die DB. Zuvor war er im Vorstand von Daimler. Er kontrolliert die Dürr AG, ein Familienunternehmen, das seit 1896 besteht. Die Dürr AG ist ein grosser Maschinen- und Anlagenbauer, zu dessen Kunden Automobilhersteller- und zulieferer gehören. Heinz Dürr leitete auch zehn Jahre lang den Elektrokonzern AEG, der von Daimler übernommen wurde. Heinz Dürr gilt als einer der Begründer des Projekts Stuttgart 21, das teuerste deutsche Bauprojekt. Der Bau geriet wegen seiner explodierenden Kosten und Pannen in Verruf.
Der Multimillionär Hartmut Mehdorn leitete von 1999 bis 2009 die DB. Zuvor war er im Vorstand des Luft- und Raumfahrtkonzerns DASA, der zum Autokonzern Daimler gehörte. Hartmut Mehdorn leitete die Air Berlin und war bei weiteren mit der Luftfahrtindustrie verbundenen Unternehmen. Er war für den Bau des Flughafens Berlin Brandenburg mitverantwortlich. Der Bau wurde wie Stuttgart 21 in der Öffentlichkeit zum Sinnbild eines ausser Kontrolle geratenen staatlichen Grossprojektes.
Der Millionär Rüdiger Grube leitete von 2009 bis 2017 die DB. Zuvor gehörte er zur Führung von Daimler und DASA. Er machte den vorherigen DB-Chef Hartmut Mehdorn zu seinem Trauzeugen. Demnach wird sie vermutlich ein freundschaftliches Verhältnis verbinden. Rüdiger Grube leitet das Investmentbanking der US-amerikanischen Lazard Bank in Deutschland.
Daniela Gerd tom Markotten ist seit 2021 im Vorstand der DB. Davor hatte sie mehr als 15 Jahre für Daimler gearbeitet.
Roland Bosch war von Dezember 2017 bis Dezember 2019 Vorsitzender der „Deutschen Bahn Cargo AG“, eine wichtige Tochterfirma der DB. Er hatte zuvor über 10 Jahre lang für Daimler gearbeitet.
Der Milliardär Jürgen Grossmann war im Aufsichtsrat der DB. Zur selben Zeit war er im Aufsichtsrat von Volkswagen. Volkswagen ist der grösste Autohersteller der Welt und war 2021 nach Umsatz grösste deutsche Unternehmen. Jürgen Grossmann war bei vielen grossen Unternehmen und ist derzeit im Vorstand der Atlantik-Brücke sowie Mitglied des American Council on Germany und Ehrenvorsitzender der Deutsch-Britischen Gesellschaft.
Heike Hanagarth war von Ende 2013 bis 2015 im Vorstand der DB. Zuvor war sie bei BMW gewesen. BMW ist einer der grössten Autohersteller der Welt und eines der grössten deutschen Unternehmen.
Sabina Jeschke war von 2017 bis 2021 im Vorstand der DB. Anschliessend wurde sie Mitglied des Aufsichtsrats von Vitesco Technologies, dem sie bis heute angehört. Vitesco Technologies ist einer der grössten deutschen Automobilzulieferer. Über den Aufsichtsrat könnte Sabina den Milliardär Georg Schaeffler kennen, einer der reichsten Deutschen. Die Schaeffler Familie kontrolliert die Schaeffler-Gruppe, ebenfalls ein grosser Automobilzulieferer, und die Continental AG, einer der grössten Automobilzulieferer der Welt.
Daniela Mattheus ist zurzeit im Aufsichtsrat der DB und ist gleichzeitig im Aufsichtsrat der „Autobahn GmbH des Bundes“. Die Autobahn GmbH ist seit 2021 für Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung und Finanzierung der Autobahnen in Deutschland zuständig. Für dieses Jahrzehnt sind 30 Milliarden Euro für den Aus- und Neubau der Autobahnen in Deutschland vorgesehen (nach Angaben vom November 2020). Die Autobahn GmbH stand und steht wegen verschiedener Dinge in der Kritik. Sie wurde vom Verkehrsminister Andreas Scheuer mitgegründet, der als ein Lakai der deutschen Automobilindustrie gilt.
Der Politiker Ronald Pofalla war von 2015 bis April 2022 Vorstand der DB, ab 2017 zuständig für Infrastruktur. Er gehörte zur Führung der CDU und hatte in dieser Funktion viel Kontakt zu Interessensvertretern der deutschen Automobilindustrie.
Diethelm Sack war von 1991 bis 2010 im Vorstand der DB. Zuvor war er fünfzehn Jahre lang in einer führenden Position beim Automobilunternehmen VDO.
Johannes Fricke-Boettcher ist seit 2020 strategischer Projektmanager bei der DB. Zuvor hatte er fünfzehn Jahre lang für Daimler-Firmen gearbeitet, auch als Manager. Er gehörte ursprünglich zur internationalen Nachwuchsgruppe der DaimlerChrysler AG.
Oliver Fischer ist seit drei Monaten Leiter der Abteilung Personal- und Managemententwicklung bei der DB. Davor arbeitete er sechs Jahre für Daimler.
Stefan Holst ist seit 2020 Senior-Projektleiter für Konzernorganisation bei der DB. Zuvor war er über zehn Jahre bei Daimler.
Noch weitere Manager von Daimler waren bei der DB.
Es gibt aber natürlich auch wirtschaftliche Akteure, die den Ausbau der Bahn begrüssen würden. Mehrere ehemalige und derzeitige Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der DB hatten zuvor beim Grosskonzern Siemens gearbeitet. Die DB ist ein wichtiger Kunde von Siemens. Siemens baut Züge, Infrastruktur und Technik für die DB. Der ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser machte Werbung für die Grüne Partei und die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Womöglich will das Siemens-Netzwerk, eines der mächtigsten Netzwerke der deutschen Wirtschaftselite, die Grünen fördern, damit diese den Ausbau der Bahn vorantreiben. Im Aufsichtsrat der DB sind derzeit zwei Grünen-Politiker. Siemens besitzt zu einem grossen Teil den Energiekonzern Siemens Energy, der wiederum Siemens Gamesa kontrolliert, einer der weltweit grössten Produzenten von Ökostrom. Daher könnte Siemens, im Gegensatz zu anderen Grosskonzernen, von einer Grünen Politik profitieren.
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Anmerkung: Ich geh aktiv gegen Urheberrechtsverletzungen vor.