Haus Asaf Jah

Bis Mitte des 20. Jahrhunderts bestand Indien aus mehreren hundert Monarchien. Die Asaf Jah Familie galt als die reichste und mächtigste Herrscherfamilie in Indien. Die Dynastie herrschte mehr als 200 Jahre über Hyderabad, einer der grössten indischen Fürstenstaaten. Indien gehörte von 1857 bis 1947 zum britischen Kolonialreich und war die wichtigste Kolonie des britischen Empire. Die Asaf Jah Familie zählte zu den wichtigsten Verbündeten der Briten in Ostasien.

Asaf Jah I. (1671-1748) war der Gründer und erste Nizam (Herscher) von Hyderabad. Zuvor hatte er als hochrangiger Gouverneur im indischen Mogulreich gedient. Bereits sein Vater und seine beiden Grossväter standen im Dienste mehrerer indischer Grossmoguln. Die Familie der Grossmoguln herrschte vom 16. bis Mitte des 19. Jahrhunderts über ihr Grossreich und behauptete, dass sie vom mongolischen Herrscher Dschingis Khan (starb 1227) abstammt, einer der mächtigsten und reichsten Herrscher aller Zeiten. Die Mehrheit der Bevölkerung des Mogulreiches waren Hindus, aber die Familie der Grossmoguln gehörte dem Islam an. Auch die Asaf Jah-Dynastie ist eine muslimische Familie und herrschte in Hyderabad über ein Volk, das mehrheitlich hinduistisch war. Der Fürstenstaat Hyderabad wurde seit seiner Gründung durch die Asaf Jah Familie von einer kleinen muslimischen Oberschicht regiert. Seit dem Mittelalter waren muslimische Eroberer nach Indien gekommen, die in den folgenden Jahrhunderten Teile des östlichen Asiens und ihre Kontrolle brachten. In Indien bildeten die Nachfahren der Eroberer eine muslimische Aristokratie, zu der auch die Asaf Jah Familie gehörte.

Der Legende nach stammt die Asaf Jah Familie von persischen Aristokraten aus der Suhrawardi Familie ab, die wiederum von Abu Bakr abstammen soll. Abu Bakr war ein Schwiegervater des Propheten Mohammed, der im 7. Jahrhundert den Islam gründete. Nach Mohammeds Tod wurde Abu Bakr der erste Kalif (rechtmässiger Nachfolger Mohammeds). Eine weitere Abstammungslegende besagt, dass die Asaf Jah Familie Nachkommen des Sufi-Führers Baha-ud-Din Naqschband (Bahauddin Naqshbandi) sind. Naqschband lebte im 14. Jahrhundert und wurde im heutigen Usbekistan geboren. Er gründete einen einflussreichen Sufi-Orden. Da Naqschband als ein Nachkomme des Propheten Mohammed galt, zählt auch die Asaf Jah zu den angeblichen Nachkommen des Islamgründers. Asaf Jah I. war seit 1724 der erste Herrscher von Hyderabad. Er verlieh sich selbst den Titel des Asaf Jah, der bis heute vom Familienoberhaupt getragen wird. Der Titel ist nach Asaf (Asaph) benannt, welcher der Legende zufolge ein Höfling des israelischen Königs Salomo war. (Quelle: 1 und 2) König Salomo soll vor 3000 Jahren gelebt haben und wird in der Bibel sowie im Tanach und im Koran erwähnt. Zu seiner Zeit wurde der salomonische Tempel in Jerusalem errichtet. Auch Asaf und seine Nachkommen, die Asafiten, werden im Tanach und im Alten Testament erwähnt. Der Überlieferung nach waren sie Sänger im ersten sowie im zweiten Tempel und übernahmen eine führende Rolle im Tempelkult (Quelle).

Die Asaf Jah-Dynastie unterhielt seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Kontakt zur britischen Kolonialelite. In dieser Zeit geriet Indien immer mehr unter den Einfluss der East India Company. Die britische Handelskompanie bestand vom Jahr 1600 bis 1874 und war das vermutlich mächtigste Unternehmen der Menschheitsgeschichte. Auf ihrem Höhepunkt machte sie die Hälfte des Welthandels aus und besass eine Privatarmee, die doppelt so gross wie die britische Armee war. Die Kompanie herrschte von Ende des 18. Jahrhunderts bis 1858 über Indien, darunter auch über den Fürstenstaat Hyderabad. Da die Asaf Jah Familie mit der britischen Kolonialelite kooperierte, durfte sie weiterhin über ihren Fürstenstaat herrschen. 1858 wurde Indien zu einer britischen Kronkolonie und stand somit direkt unter der Kontrolle des britischen Hochadels. Seit 1876 stellte der britische Monarch zugleich den Kaiser von Indien. Ein Vizekönig regierte für die britische Königsfamilie über Indien und herrschte damit über ein Fünftel der damaligen Menschheit. Die Vizekönige kamen aus führenden britischen Adelsfamilien, darunter aus den Familien Bruce, Baring, Hope, Mountbatten, FitzMaurice und Isaacs. Die Asaf Jah Familie hatte engen Kontakt zu den Vizekönigen. Ihr Fürstenstaat Hyderabad war der grösste Staat in Britisch-Indien.

Osman Ali Khan

Asaf Jah VII. (1886-1967), bekannt unter dem Namen Osman Ali Khan, war der letzte Nizam von Hyderabad und herrschte von 1911 bis 1948. Er ist das berühmteste Mitglied der Familie und galt als einer der wichtigsten muslimischen Führer der damaligen Zeit. In seiner Zeit als Herrscher galt er als der reichste Mann der Welt und er wird zu den reichsten Personen aller Zeiten gezählt. Neben sehr viel Land besass er auch viele Edelsteine, Gold und weitere Schätze, darunter den Jacob Diamond, einer der grössten Diamanten der Welt, der von Osman Ali Khan als Briefbeschwerer verwendet wurde. Bereits im 18. Jahrhundert war die Asaf Jah Familie führend im Diamanthandel gewesen. Osman Ali Khan zählte seine Diamanten nach Kilogramm, seine Perlen nach Hektar und seine Goldbarren nach Tonnen, so wird es zumindest erzählt.

Osman Ali Khan war, wie bereits sein Vater, von Briten ausgebildet worden. Er war der einzige Monarch in Britisch-Indien, der den Titel „Erhabene Hoheit“ tragen durfte, weil er während des Ersten Weltkriegs 25 Millionen Pfund in die britische Staatskasse eingezahlt hatte (ein grosser Betrag für damalige Verhältnisse). Bereits zuvor hatte er zwei Orden von der britischen Königsfamilie erhalten. 1947 schenkte er der britischen Queen Elisabeth II. Schmuck als Hochzeitgeschenk.

Osman Ali Khan war Freimaurer und stiftete einen der ältesten Freimaurertempel in Indien, der neun Freimaurerlogen beherbergt. Zu dieser Zeit waren auch die Chefs der Regierung, des Militärs und der Polizei von Hyderabad Mitglied dieser Logen. (Quellen: 1, 2, 3, 4) Sie hatten Kontakt zu britischen Freimaurern, die zur Kolonialelite in Indien gehörten (mehrere der Vizekönige von Indien waren Freimaurer oder mit solchen verwandt). Die Freimaurerei war von Briten nach Indien gebracht worden, anfangs von Angestellten der East India Company. Mitglieder aus mehreren indischen Fürstenfamilien traten den Freimaurern bei. Heutige Mitglieder der britischen Königsfamilie, darunter König Charles, haben persönlichen Kontakt zu indischen Aristokraten. Die britische Königsfamilie ist übrigens die hochrangigste Freimaurerfamilie in England und auch Königsfamilien aus Europa, Afrika, Naher Osten und Asien waren oder sind noch immer bei den Freimaurern vertreten.

Osman Ali Khan traf den saudischen König und den persischen Herrscher Raza Shah Pahlavi.

Osman Ali Khan gründete 1941 die State Bank of Hyderabad. Die Bank gehört seit 2017 zur State Bank of India, die derzeit die grösste indische Bank ist und sich in Besitz des Staates befindet.

Mit der Unterstützung der Briten konnten die indisch-muslimischen Aristokraten 1947 den heutigen Staat Pakistan gründen, ein muslimischer Staat, während die hinduistischen Aristokratenfamilien im selben Jahr bei der Gründung des heutigen Staates Indien mitwirkten. Da Hyderabad nicht an Pakistan grenzte und die Bevölkerung mehrheitlich hinduistisch war, wurde der Fürstenstaat Teil von Indien. Die Teilung Indiens in die Staaten Pakistan und Indien beendete zugleich die britische Kolonialherrschaft im Land. Die britische Elite hat aber bis heute viele Freunde und Verbündete in der indischen und pakistanischen Elite. Indien und Pakistan gehören zu den heutigen Commonwealth-Staaten, die politisch eng mit Grossbritannien verbunden sind. Eigentlich wollte Osman Ali Khan nicht, dass Hyderabad Teil von Indien wird. Er hätte lieber ein unabhängiges Königreich innerhalb des britischen Commonwealth gegründet. Jedoch wurde er 1948 vom indischen Militär abgesetzt. Er durfte aber weiterhin in Hyderabad leben.

Osmans Nachkommen

Prinz Azam Jah (1907-1970) heiratete die türkische Prinzessin Durru Shehvar. Ihr Vater Abdülmecid II. war das Oberhaupt der ehemaligen Herrscherfamilie des Osmanischen Reiches und trug den Titel des Kalifen (rechtmässiger Nachfolger Mohammeds). Wie am Anfang dieses Beitrages erwähnt wurde, soll die Asaf Jah Familie vom ersten Kalifen Abu Bakr abstammen. (Quelle) Azams Bruder Moazzam Jah heiratete ebenfalls in die osmanische Herrscherfamilie. (Quelle)

Prinz Mukarram Jah (1933-2023), der mütterlicherseits aus der osmanischen Herrscherfamilie kam, starb vor kurzem. Er war das langjährige Oberhaupt der Asaf Jah Familie. Mütterlicherseits erbte er den Titel des Kalifen. Er lebte in Australien und kaufte dort viel Land. Sein australischer Landsitz war eine Zeit lang so gross wie Belgien. Später lebte er in der Türkei. Er hatte einen Abschluss an der „Royal Military Academy Sandhurst“ in Grossbritannien gemacht. (Quelle) Diese ist die wohl elitärste Militärakademie der Welt. Neben vielen britischen Adligen waren viele amtierende und nicht amtierende Königsfamilien der Welt an der Akademie vertreten. Hier eine nicht vollständige Liste der bemerkenswerten Absolventen. Mukarram Jah war auch auf der Harrow School und der Cambridge University in England gewesen, wo ebenfalls viele Aristokraten ausgebildet werden. In Harrow war Mukarram ein Klassenkamerad des irakischen Königs Faisal und des jordanischen Königs Hussein. Die beiden Könige waren Cousins und kamen aus der Haschimiten-Dynastie (sollen ebenfalls vom Islamgründer Mohammed abstammen). Mukarram Jah verkehrte auch später viel in London. Er heiratete in zweiter Ehe eine Australierin. Da er in grossen Reichtum geboren wurde, habe er als Junge den Unterschied zwischen einem Diamanten und einem Stück Glas nicht erkennen können, wie er später erzählt hat. (Quelle)

Mukarram Jah hatte ein sehr gutes Verhältnis zu Jawaharlal Nehru, welcher der erste Premierminister von Indien war. Nehru wollte, dass Mukarram Indien als Botschafter in muslimischen Ländern vertritt, was aber nicht umgesetzt wurde. (Quelle)

Laut royalark.net war Mukarram in den 60er Jahren Direktor der Central Bank of India, eine indische Grossbank. (Quelle) Sie ist aber nicht die Zentralbank, auch wenn ihr Name so klingt.

Nach Mukarrams Tod zollten ihm mehrere Politiker aus Telangana bei einem Treffen Tribut. (Quelle) Der indische Bundesstaat Telangana gehörte früher zum Fürstentum Hyderabad.

Seit Mukarram starb, ist sein Sohn Azmet Jah (*1960) das Oberhaupt der Familie und trägt den Titel Asaf Jah IX. Seine frühe Schulbildung machte er in London und danach studierte er in den USA. Er fühlt sich mit Indien verbunden. Er ist professioneller Kameramann und hat mit Steven Spielberg und Lord Richard Attenborough zusammengearbeitet. (Quelle) Nach Angaben von royalark.net ist seine Frau mit Ali Zulfikar Pascha (starb 1904) verwandt, der Aussenminister von Ägypten war. (Quelle)

Mehrere Mitglieder der Asaf Jah Familie leben in Grossbritannien.

Zur Liste der mächtigsten Familien der Welt

Anmerkung: Ich geh aktiv gegen Urheberrechtsverletzungen vor.

%d Bloggern gefällt das: